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12.12.2022

06:00

Robotik

Fachkräftemangel und Energiekrise: Mittelständler zeigen verstärkt Interesse an Roboter-Lösungen

Von: Axel Höpner

Das Start-up Robco nutzt das gestiegene Interesse an seinem Robotik-Baukasten für die nächste Finanzierungsrunde. Angesichts der unsicheren Lage ist vor allem die Nachfrage nach Mietlösungen groß.

Das Start-up entwickelt modulare Roboter für kleinere Industriebetriebe, für die sich der Einsatz der Maschinen nur lohnt, wenn sie schnell für wechselnde Aufgaben umprogrammiert werden können. Robco

Robco-Gründer Constantin Dresel, Paul Maroldt und Roman Hölzl (v.l.)

Das Start-up entwickelt modulare Roboter für kleinere Industriebetriebe, für die sich der Einsatz der Maschinen nur lohnt, wenn sie schnell für wechselnde Aufgaben umprogrammiert werden können.

München Angesichts von Fachkräftemangel und gestiegenen Energiepreisen wächst im Mittelstand das Interesse an effizienten Robotiklösungen. „Seit dem Sommer spüren wir noch mal einen deutlichen Push“, sagt Roman Hölzl, CEO und Mitgründer von Robco. Die Nachfrage sei derzeit deutlich höher als die Kapazitäten.

Das Start-up hat einen Baukasten mit Robotermodulen entwickelt, die flexibel miteinander kombiniert werden können. Das gestiegene Interesse nutzt Robco jetzt für die nächste größere Finanzierungsrunde. Angeführt von Sequoia Capital stecken Investoren 13 Millionen Euro frisches Kapital in das Unternehmen.

Robco bezeichnet seine Lösung als eine Art „Legobaukasten für Industrieroboter“. Kern ist eine selbst entwickelte Software, an die Hardwaremodule angedockt werden können. So sollen Automatisierungslösungen innerhalb eines Tages in Betrieb genommen werden können. Beispielhaft sind die Palettierung oder einfache Pick-&-Place-Aufgaben, also Gegenstände anheben und neu positionieren.

Mietservice senkt die Einstiegshürde für Robotik-Investitionen

Nach Einschätzung des Deutschen Robotik Verbands (DRV) treibt im Mittelstand vor allem der anhaltende Fachkräftemangel die Nachfrage nach Automatisierung. Dieser Faktor spielt auch bei der Lösung von Problemen mit unterbrochenen Lieferketten in der Coronapandemie und in Zeiten des Ukrainekriegs hinein.

Kunden forderten von Lieferanten teilweise eine Verlagerung der Produktion nach Europa: „Hiervon kann und wird die Robotik und Automatisierung profitieren.“ Die Politik in Deutschland müsse die Entwicklung allerdings aktiv unterstützen, um Abwanderung zu verhindern und das sogenannte Reshoring zu unterstützen. In den USA zum Beispiel würden Investitionen in Robotik gezielt gefördert, bis zu eine Million Dollar können komplett abgeschrieben werden.

Nach Beobachtung des DRV scheuen viele Unternehmen im Mittelstand wegen der unsicheren Lage noch größere Investitionsentscheidungen. Bei Robco stoßen laut Hölzl auch deshalb „Robotic-as-a-Service“-Mietlösungen auf große Nachfrage. Die Firmen zahlen hier in der Regel einen niedrigen vierstelligen Betrag für schlüsselfertige Robotik-Baukästen.

Bislang dominieren in der Branche schwere Industrieroboter, die vor allem in den Produktionsstraßen der Autoindustrie seit Jahrzehnten zum Einsatz kommen. Wichtiger Abnehmer oft etwas kleinerer Maschinen ist inzwischen die Elektronikindustrie. Für Mittelständler waren die Maschinen bislang oft zu kostspielig und schwer zu programmieren.

Doch wächst inzwischen auch bei kleineren Betrieben der Druck, die Fertigung effizienter zu gestalten. Sie können auch nicht einfach Produktion ins Ausland verlagern, wo die Personalkosten günstiger sind.

Frank Thelen sieht Robco führend im Mittelstand

Die Automatisierung sei der einzige Weg für kleinere und mittlere Unternehmen, „sich langfristig zukunftsorientiert aufzustellen und auf den Arbeitskräftemangel und den Preiskampf größerer Produzenten zu reagieren“, sagt Frank Thelen. Sein Venture-Capital-Fonds Freigeist hatte die frühe Seed-Finanzierungsrunde bei Robco angeführt. Das Münchener Start-up habe „das Potenzial, zum führenden Anbieter für Automatisierungslösungen für den Mittelstand zu werden“.

Doch es gibt viel Konkurrenz. Konzerne wie ABB und Kuka bieten zunehmend günstigere kollaborierende Roboter an, die leichter zu bedienen sind. Daneben gibt es Spezialisten wie Coboworx, das Mittelständlern prozessfertige Roboterzellen anbietet. Die Programmierung etwa von Palettier-Aufgaben ist einfach per App möglich. Bei dem Unternehmen ist unter anderem die von Alexander Samwer finanzierte Beteiligungsgesellschaft Picus Capital investiert.
>> Lesen Sie auch: Robotik-Boom übertrifft die Erwartungen – China wird für die Hersteller immer wichtiger

Robco-Gründer Hölzl sieht sein Unternehmen gut positioniert. Der Markt für Systemlösungen sei noch sehr fragmentiert. „Wir haben den Anspruch, aus Europa heraus ein global agierendes Unternehmen zu schaffen, das die Marktnische dominiert.“

Aktuell erzielt das erst 2020 gestartete Robco laut Branchenschätzungen Umsätze im deutlich siebenstelligen Bereich mit stark steigender Tendenz. Das Unternehmen kombiniert die Softwarelösung mit eigener Hardware. Die Daten, die im Maschineneinsatz gewonnen werden, seien ein wichtiges Asset, sagt Hölzl. Vor allem deshalb sei es sinnvoll, Maschinen und Software aus einer Hand anzubieten.

Investor Sequoia sieht großes Potenzial bei Mittelständlern

Robco gelang die Finanzierungsrunde in einem schwierigen Umfeld. Angesichts von Zinswende, Ukrainekrieg und der weltweiten Konjunktursorgen sind Investoren deutlich zurückhaltender geworden.

Laut Berechnungen des Datendienstleisters Refinitiv für das Handelsblatt steckten Wagniskapitalgeber von Januar bis November rund acht Milliarden Euro in deutsche Start-ups. Im gesamten Vorjahr war die Summe fast doppelt so hoch.

Auch der neue Investor Sequoia sieht großes Potenzial. „Derzeit sind die aktuellen Lösungen einfach zu teuer, komplex und unflexibel“, sagte Partnerin Luciana Lixandru. Deshalb hätten weniger als zehn Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen eine Automatisierungslösung im Einsatz. Der Großteil des Marktpotenzials sei damit noch längst nicht ausgeschöpft.

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