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16.06.2020

08:27

Robotik-Start-up

„Roboter für alle“: Microsoft und Siemens steigen bei Wandelbots ein

Von: Axel Höpner

Die Dresdner Firma hat eine Technologie entwickelt, mit der Roboter einfach programmiert werden können. Nun gelang die bislang größte Finanzierungsrunde.

Ein Angestellter programmiert einen Roboter mit dem TracePen von Wandelbots. Wandelbots

Roboter-Programmierung

Ein Angestellter programmiert einen Roboter mit dem TracePen von Wandelbots.

München Die Robotik-Branche hofft auf einen Schub für Automatisierung und Roboter durch die Corona-Pandemie. Doch noch zögern viele Unternehmen mit dem Einsatz, auch weil die Programmierung der maschinellen Helfer oft kompliziert ist. Das will das Dresdner Start-up Wandelbots ändern - und hat nun weitere namhafte Investoren gewonnen.

Kern der Technologie von Wandelbots ist der sogenannte TracePen. Mit dem digitalen Stift sollen auch Laien Robotern schnell und einfach beispielhaft vormachen, welche Aufgaben sie zu erledigen haben. Eine Software wandelt die Bewegungen in Programmiercodes um und lernt ständig dazu.

„Wir wollen den Roboter für alle möglich machen“, sagte Wandelbots-Gründer und Vorstandschef Christian Piechnick dem Handelsblatt. Die Methode sei 70 Mal schneller als mit herkömmlichen Programmiermethoden. Ziel sei es, eine Art Standard-Betriebssystem für Roboter zu schaffen - und „aus Dresden heraus einen Weltmarktführer der Robotik“ zu bauen.

Zur Finanzierung der Markteinführung der Lehrplattform sammelte Wandelbots jetzt 30 Millionen Euro frisches Kapital ein. Angeführt wurde die Runde von der Venture-Capital-Firma 83North, die auch beim Softwareanbieter Celonis schon mit im Lead war. Als Co-Investoren sind neu Microsofts Investitionsfonds M12 und die Siemens-Start-up-Einheit Next47 mit an Bord sowie die bisherigen Investoren Paua Ventures, EQT Ventures und Atlantic Labs, darüber hinaus auch Haniel und Alexander Rinke (CEO Celonis).

Die Robotikbranche lebt noch immer vor allem vom Verkauf schwerer Industrieroboter zum Beispiel an die Autoindustrie. Doch hoffen die Hersteller seit Jahren auf den Durchbruch auch von kleineren, kollaborierenden Robotern. Diese Cobots müssen nicht hinter den Schutzzaun, sondern können direkt neben dem menschlichen Kollegen ihren Dienst tun. Die Roboterarme werden zum Beispiel in der Elektronikindustrie eingesetzt, um Mitarbeitern Teile zu reichen oder Akkus eines Mobiltelefons in eine Prüfstation zu setzen.

Anteil der Cobots ist noch klein

Zuletzt erzielten die Hersteller von Industrierobotern einen Jahresumsatz von 16,5 Milliarden Dollar. Der Anteil der kollaborativen Roboter am Robotikmarkt lag laut dem globalen Branchenverband IFR im Jahr 2018 erst bei drei Prozent. „Wir sehen aber, dass dieser Anteil weiter steigt, mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten“, sagte IFR-Generalsekretärin Susanne Bieller dem Handelsblatt.

Doch damit der Durchbruch auf breiter Front gelingt, müssen die Roboter noch einfacher bedienbar werden. „Im Idealfall müsste ein Cobot ein Werkzeug wie ein Akkuschrauber sein, das jeder auch ohne Einweisung bedienen kann“, sagte Robotik-Ingenieurin Titanilla Komenda von Fraunhofer Austria.

Wandelbots-Gründer Piechnick glaubt, dass er diese Anforderung nun erfüllen kann. Mit dem TracePen ließen sich schwere Industrieroboter genauso programmieren wie Cobots. Dafür sei keinerlei Programmierkenntnis erforderlich.

Giang Nguyen, Christoph Biering, Sebastian Werner und Christian Piechnick (stehend von links) sowie Georg Püschel, Maria Piechnick und Jan Falkenberg hatten an der TU Dresden studiert, bevor sie Wandelbots gründeten. Wandelbots

Das Wandelbots-Gründerteam

Giang Nguyen, Christoph Biering, Sebastian Werner und Christian Piechnick (stehend von links) sowie Georg Püschel, Maria Piechnick und Jan Falkenberg hatten an der TU Dresden studiert, bevor sie Wandelbots gründeten.

Bei Pilotkunden wie Volkswagen ist die Software bereits im Einsatz. Schon in einem Jahr will Wandelbots zweistellige Millionenumsätze erzielen. Durch Corona erhielt das Geschäft einen Schub. Viele Unternehmen überlegen zum Beispiel, Produktion wieder zurück nach Europa zu holen. Dafür sind flexible Automatisierungslösungen notwendig.

„Wir haben einen massiven Zuwachs bei der Nachfrage“, sagt Piechnick. Etwa jeder fünfte neue Kunde habe bislang noch gar keinen Roboter eingesetzt und wolle es nun mit der Wandelbots-Technologie erstmals probieren. Neue Kunden will Wandelbots bei einer digitalen Live-Präsentation gewinnen.

Das Unternehmen ist 2018 von sechs Abgängern der TU Dresden gegründet worden. Es hat bereits unter anderem einen Newcomer-Preis bei den German Startup Awards gewonnen. Gestartet war Wandelbots mit sogenannten Wearables. Die Entwickler entwarfen eine Jacke, mit der der Nutzer dem Roboter die Bewegungen vormachen konnte.

Diese Technologie konnte sich bislang noch nicht durchsetzen. Vielleicht sei die Zeit für intelligente Kleidung noch nicht reif, sagte Piechnick. Der digitale Stift ähnle Werkzeugen, mit denen die Arbeiter in den Fabrikhallen regelmäßig zu tun hätten, zum Beispiel einem Akkuschrauber.

Mit Technologie Standards setzen

Zum namhaften Investorenkreis gesellt sich nun auch Next47. Die Start-up-Einheit von Siemens war in die Kritik geraten, weil sie anfangs nicht in Deutschland investierte. Auch wenn Siemens selbst keine eigenen Roboter im großen Stil anbietet, hat das Thema Robotik für den Münchener Technologiekonzern in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Die Münchener sind insbesondere in der Steuerung aktiv.

CEO Piechnick ist überzeugt davon, dass Wandelbots von der Expertise der neuen Partner 83North, Siemens und Microsoft profitieren kann. „Alle spielen bei der Digitalisierung der Fabriken eine wichtige Rolle.“

Angeführt wurde die jüngste Finanzierungsrunde von 83North. „Während wir in eine neue Ära der Robotik und Automation eintreten, revolutioniert Wandelbots diese Industrie und spielt eine führende Rolle bei der Neugestaltung der Fertigung“, sagte 83North-General-Partner Gil Goren. Der Investor glaube an das Dresdner Team.

Doch arbeiten derzeit viele Unternehmen daran, die Programmierung von Robotern zu vereinfachen, zumeist mithilfe von intuitiv bedienbarer Software. So ist zum Beispiel die drag and bot GmbH vor drei Jahren als Spin-off des Fraunhofer-Instituts für Produktion und Automatisierung (IPA) gegründet worden. Ziel sei es, die Bedienung von Robotern so einfach wie die Bedienung eines Smartphones zu machen, sagte Gründer Martin Naumann einmal.

Das Betriebssystem für die Roboter basiert auf verschiedenen Bausteinen, die sich einfach via Drag-and-Drop-Prinzip zusammensetzen lassen. Alle gängigen Roboterhersteller wie zum Beispiel Yaskawa und Kuka werden inzwischen von der Software des Stuttgarter Unternehmens unterstützt.

Doch bei Wandelbots sind sie überzeugt, dass sie eine Chance haben, den Standard zu setzen. „Wir sind mit der Technologie derzeit auf der Welt allein“, sagt Piechnick.

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