Roboter könnten für Tesla bedeutender werden als Elektroautos, verspricht Elon Musk. Nun enthüllte er zwei Versionen eines Prototyps, der billiger sein soll als ein Auto.
Screenshot vom Tesla AI Event, Prototyp von „Optimus“
Die Mitarbeiter mussten das verkleidete Modell auf die Bühne schieben.
Bild: Tesla AI Event
New York Noch bewegt er sich recht wackelig: Die Maschine mit unverkleideten mechanischen Gelenken und Kabeln macht einige Schritte auf der Bühne und winkt dem Publikum zu. Dann verschwindet sie rasch wieder. Elon Musk ist dennoch begeistert.
„Das ist tatsächlich das erste Mal, dass er frei läuft“, sagt der Chef des Elektroautobauers Tesla bei der Vorstellung seines neuen humanoiden Roboters. „Unser Ziel ist es, einen nützlichen, menschenähnlichen Roboter zu bauen, und das so schnell wie möglich.“
Zwei Versionen des „Optimus“ genannten Prototyps hat Musk am Freitagabend (Ortszeit) in den USA vorgestellt: ein vorsichtig laufendes Exemplar, das den Entwicklungsstand vom Februar abbilde, und ein verkleidetes Exemplar, das von Technikern auf die Bühne geschoben werden musste, aber laut Musk näher am finalen Aussehen des „Optimus“ ist.
Präsentiert wurden die Roboter im Rahmen des Tesla-„AI Day.“ Auf dieser Konferenz zeigt Tesla jährlich die Fortschritte im Bereich Künstlicher Intelligenz (KI, Englisch AI). Für Musk ist der Tag ein Marketing-Instrument: Beim letzten „AI Day“ vor einem Jahr hatte er die Entwicklung des Roboters angekündigt und damit Beobachter wie Konkurrenten überrascht.
Der Unterschied des Roboters zu bekannteren Konkurrenten von Boston Dynamics, Honda und anderen liege zum einen in der Rechenkraft, erklärte Musk nun: Durch den Rückgriff auf die Entwicklungsleistungen von Tesla im Autopilotbereich sei der Roboter intelligenter. Zum anderen sei er günstiger.
Screenshot vom Tesla AI Day
Das nicht verkleidete Modell winkte dem Publikum zu Beginn der Veranstaltung zu.
Bild: Tesla AI Event
„Optimus ist ein sehr vielseitig einsetzbarer Roboter, der in hohen Stückzahlen produziert werden wird.“ Schon bald könnten Millionen Roboter produziert werden. Und der Preis dürfte deutlich unter dem eines Tesla-Autos liegen: womöglich „bei 20.000 Dollar“, versprach Musk. An dieser Stelle brandete Applaus im handverlesenen Publikum auf.
Musk setzt große Hoffnungen auf den neuen Roboter. „Er wird Millionen Menschen helfen“, kündigte er an. „Optimus“ könne manche Aufgaben doppelt so schnell ausführen wie ein Mensch. „Wir wissen nicht mal, wo das Limit genau ist.“
Angesichts der Zukunft, in der humanoide Roboter eine große Rolle spielten, „müssen wir aufpassen, dass sie der Menschheit nutzen“, sagte Musk. Bei Tesla strebe er danach, das Richtige zu tun. Roboter könnten „für eine Zukunft mit Überfluss, eine Zukunft ohne Armut“ sorgen.
In der Vergangenheit hatte der Milliardär prognostiziert, dass das Roboterprojekt mit der Zeit bedeutender als Teslas Autoproduktion werden könnte. Bei der „Optimus“-Ankündigung vor einem Jahr hatte Tesla noch einen Menschen in ein Roboter-Kostüm gesteckt, was damals für einigen Spott sorgte.
Am Freitagabend stellte Tesla nun erste technische Spezifikationen vor. Demnach wird der Roboter mit einem Gewicht von 73 Kilogramm geplant. Im Sitzen liege der Energieverbrauch bei 100 Watt, im Laufen bei 500 Watt. Das technische „Hirn“ soll nicht im Kopf, sondern im Oberkörper stecken. Und bei der Versorgung mit den nötigen Teilen helfe die Lieferkettenkompetenz von Tesla, sagte eine Entwicklerin.
Der Optimus-Roboter im Handout
So soll der humanoide Roboter von Tesla später einmal aussehen.
Bild: via REUTERS
Der Blick von Experten auf die Vorstellung fiel gemischt aus. Eine der großen Fragen im Zusammenhang mit dem humanoiden Tesla-Roboter liege in der nach seinem eigentlichen Zweck, sagte Chris Atkeson, Professor für Robotik an der Carnegie Mellon University, dem „Wall Street Journal“.
Wenn das Hauptziel von Tesla die Verbesserung der Produktion sei, wäre ein vierbeiniger Roboter wahrscheinlich einfacher zu bauen als ein humanoider Roboter, so Atkeson. Zusätzliche Beine erleichterten schlicht, das Gleichgewicht zu halten.
Im Internet kritisierten einige Beobachter die ungelenken Bewegungen des Optimus. Die bekannteren humanoiden Roboter der Firma Boston Dynamics können bereits rennen, tanzen und springen. Allerdings fehlt ihnen ein sinnvolles Einsatzfeld. Die Firma war zwischenzeitlich ein Teil von Google und gehört inzwischen dem südkoreanischen Hyundai-Konzern.
Tesla zeigte in eingespielten Videos, wie der „Optimus“ einen Karton trägt, Blumen mit einer Gießkanne bewässert und ein Metallbauteil in Teslas Autofabrik bewegt. Man blicke auf „bescheidene Anfänge“, so ein Entwickler.
Musk betonte den Vorteil, dass der Roboter für die Erkennung seiner Umgebung auf Technologie des Autopilot genannten Fahrassistenzsystems von Tesla zurückgreifen könne. Der Konzernchef nutzte das Event auch, um die Technologie hinter dem Autopiloten und den eigenen Ansätzen zum maschinellen Lernen zu erklären – und um gut ausgebildete neue Mitarbeiter anzuwerben.
>> Lesen Sie hier: Wie startklar wird der Tesla-Bot heute sein?
Ein besonderer Fokus lag bei der Vorstellung darauf, wie gut die Tesla-Autos ihre Umgebung mithilfe ihrer acht Kameras erkennen und verstehen können. Musk zeigte sich überzeugt, dass Tesla das autonome Fahren allein mit Kameras bewältigen kann, ohne die teureren Lasersensoren, auf die praktisch alle anderen Entwickler selbstfahrender Autos setzen.
Aktuell fahren 160.000 Tesla-Kunden in den USA mit einer Testversion der Assistenzsoftware, die die Autos autonom steuern soll, statt nur Spur und Abstand zu halten. Laut US-Aufsehern entspricht der Tesla-Autopilot einem Level-2-System, bei dem der Fahrer immer in der Verantwortung für das Fahrzeug bleibt.
Elon Musk
Der Tesla-Chef versucht potenzielle neue Märkte früh zu erkennen, um damit später Milliarden zu verdienen.
Bild: AP
Mercedes-Benz hat bereits ein Level-3-System entwickelt, bei dem das Haftungsrisiko auf den Hersteller übergeht. Der US-Straßenverkehrsaufsicht NHTSA ist Teslas überoptimistische Vermarktung des Systems schon länger ein Dorn im Auge, insbesondere angesichts einer Häufung von damit verbundenen Unfällen, teils mit Todesfolge.
Musk sagte, dass Tesla zum Jahresende zumindest technisch zur Einführung der Autopilot-Software auch in anderen Ländern bereit sein dürfte. Allerdings könnten örtliche Regulierungsvorgaben den Start außerhalb der USA verzögern.
Der Milliardär ist bekannt für ambitionierte Ankündigungen und Zeitpläne, mit denen die Realität dann nicht Schritt hält. Im Vergleich zu anderen Autoherstellern mit deutlich höherer Jahresproduktion ist Tesla mit einer Marktkapitalisierung von rund 830 Milliarden Dollar extrem hoch bewertet.
Umso wichtiger sind neue Visionen, um die Börsenfantasie zu beflügeln, sagen Analysten. Einen Startzeitpunkt für den Verkauf des „Optimus“-Roboters nannte Musk am Freitagabend nicht.
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