PremiumDie Übernahme durch Microsoft für 70 Milliarden US-Dollar ist für Activision-CEO Bobby Kotick ein Erfolg. Doch für seinen neuen Arbeitgeber ist der Manager auch ein Risiko.
Bobby Kotick
Wegen der vielen Skandale in seinem Unternehmen steht der Manager unter öffentlichem Druck.
Bild: imago/ZUMA Press
San Francisco Das Lebenswerk von Bobby Kotick hat am Dienstag ein überraschend großes Preisschild bekommen. Seit mehr als 30 Jahren führt Kotick den US-Spielehersteller Activision Blizzard und dessen Vorgängerunternehmen. Nun wird der Konzern, der für bekannte Videospielserien wie Warcraft, Diablo, Call of Duty oder Candy Crush verantwortlich ist, verkauft. Knapp 70 Milliarden US-Dollar lässt sich der Technologiekonzern Microsoft die Übernahme potenziell kosten.
Auch Kotick soll als CEO der neuen Tochter mit zu Microsoft wechseln, teilte das Unternehmen aus Redmond anlässlich der Bekanntgabe des Deals mit. Dem Wirtschaftssender CNBC sagte Kotick kurz darauf, die Partnerschaft zwischen Microsoft und Activision Blizzard gehe schon auf die Zeit der Entwicklung der ersten Xbox Anfang der 2000er-Jahre zurück. Nach dem Aufkommen des Metaverse-Hypes habe man sich entschieden: „Jetzt ist die richtige Zeit für diese Kombination.“
Für Microsoft ist der Deal mit Activision Blizzard vor allem eine Gelegenheit, das eigene Entertainment-Geschäft zu stärken, das sich nach Ansicht vieler Branchenvertreter in Zukunft immer stärker ins Metaverse verlagern wird – also jene virtuelle Erweiterung der Realität, in der Menschen in Zukunft gemeinsam Filme schauen, Spiele spielen, zusammenarbeiten und sich gegenseitig virtuell besuchen sollen.
„Gaming ist heute die dynamischste und aufregendste Kategorie im Entertainment-Bereich, und das über alle Plattformen hinweg“, erklärte Microsoft-Chef Satya Nadella entsprechend das Kalkül hinter dem Kauf. Die Spielebranche werde eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung des Metaverse spielen, so der Manager. Mit dem Kauf von Activision Blizzard, dem größten Spielehersteller der Welt, setzt sich Microsoft dabei nun an die Spitze.
Doch welche Rolle Kotick dabei noch spielen wird, ist ungewiss. An der Wall Street wird bereits spekuliert, dass der 59-Jährige das Unternehmen nach den 18 Monaten, innerhalb der der Deal abgeschlossen werden soll, verlassen könnte. Denn zuletzt geriet Kotick über zahlreiche Skandale in seinem Unternehmen unter Druck. So sollen sich Teile der Führungsriege des Machtmissbrauchs und der sexuellen Belästigung schuldig gemacht haben.
Das „Wall Street Journal“ enthüllte dabei Ende des vergangenen Jahres, dass Kotick über mehrere Jahre vom Fehlverhalten einiger seiner Mitarbeiter gewusst haben soll, ohne tätig zu werden. Das Wirtschaftsblatt zitierte dabei etwa aus einer E-Mail, in der Kotick über eine Vergewaltigung informiert wurde, und nicht reagiert habe. Beschuldigte Mitarbeiter seien zum Teil schlicht im Konzern verblieben – während den Opfern gekündigt worden sein soll.
Im Gespräch mit CNBC betonte Kotick nun erneut, dass er jedes Fehlverhalten seiner Mitarbeiter in dieser Hinsicht ernst nehme. Doch überschritt der Manager mit seinem Verhalten offenbar im Einzelfall auch selbst Grenzen. So soll er etwa 2006 einer Assistentin in einem Anruf mit dem Tod gedroht haben – wofür er sich nach eigenen Angaben allerdings bereits vor 16 Jahren entschuldigt haben will.
Rund 2000 der insgesamt 10.000 Mitarbeiter gingen aufgrund der Vorwürfe gar auf die Barrikaden – und unterzeichneten im November eine Petition, in der sie die Abberufung ihres CEOs forderten. Aus Sicht von Jefferies-Analyst Brent Thill liegt hier eine Hürde für den Zusammenschluss. So stellten die „unterschiedlichen Unternehmenskulturen“ von Microsoft und Activision Blizzard für den Konzern aus Redmond ein Risiko dar, heißt es in einer Studie vom Dienstag.
Dabei ist die Kultur des Spieleherstellers eng mit der Person von Kotick verbunden. 1990 erwarb der Studienabbrecher gemeinsam mit einem Partner rund 25 Prozent der Anteile am Softwarehersteller Mediagenic, den Kotick anschließend als CEO führte und in Activision umbenannte. Weniger als eine Million US-Dollar soll der Kauf den damaligen Jungunternehmer gekostet haben; die Kapitalspritze rettete das Unternehmen vor dem Bankrott.
2008 formte Kotick durch die Fusion mit dem Konkurrenten Vivendi Universal Games schließlich das heutige Unternehmen Activision Blizzard. Mit einem Jahresumsatz von mehr als acht Milliarden US-Dollar ist der Konzern heute der größte Spielehersteller der Welt – und Kotick einer der erfolgreichsten Manager der Branche, der den Wert des Unternehmens während seiner Amtszeit verhundertfacht hat.
Dabei eingerechnet ist allerdings auch der Kurssprung von mehr als 25 Prozent, den die Aktie nach Bekanntwerden der Pläne am Dienstag auf 82,31 US-Dollar gemacht hat. Microsoft zahlt mit seinem Kaufangebot von 95 US-Dollar je Anteil sogar noch einen ordentlichen Aufpreis – bleibt allerdings unter dem bisherigen Höchststand von mehr als 103 US-Dollar aus dem vergangenen Februar, bevor die Skandale den Kurs auf Talfahrt geschickt hatten.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×