Bret Taylor will wieder unternehmerisch tätig sein. Die Personalie wirft aber einmal mehr die Frage auf, wie gut Marc Benioff die Macht beim Cloudkonzern teilen kann.
Marc Benioff (links) und Bret Taylor
Das Spitzenduo von Salesforce, das noch im September auf der Bühne herumalberte, ist Geschichte.
Bild: Bloomberg
Düsseldorf Bei Salesforce steht wieder einmal ein Umbruch an: Co-Chef Bret Taylor, der erst seit gut einem Jahr neben Gründer Marc Benioff an der Spitze des US-Cloud-Dienstleisters steht, tritt zu Ende Januar überraschend zurück.
Er sei dankbar für „sechs fantastische Jahre“ im Unternehmen, wolle nun aber „zu seinen unternehmerischen Wurzeln zurückkehren“, erklärte der 42-Jährige in einer Mitteilung.
Für Salesforce ist der Abgang ein großer Verlust. „Wir sind immer noch unter Schock und extrem traurig über den Verlust von Bret“, sagte Benioff in einer Analystenkonferenz. Taylor galt als Produktvisionär und potenzieller Nachfolger des 58-jährigen Gründers.
Denn dieser hat viele andere Interessen: In der Vergangenheit hat Benioff politische und philanthropische Ambitionen erkennen lassen. Zudem ist er seit 2018 gemeinsam mit seiner Frau Eigentümer des Magazins „Time“.
Der Aktienkurs sank nach der Ankündigung am Mittwoch nachbörslich um mehr als sechs Prozent, wobei neben der überraschenden Personalie auch der enttäuschende Ausblick für das Jahresende dazu beigetragen haben dürfte: Der SAP-Konkurrent absolvierte das dritte Quartal zwar besser als erwartet, stellte aber für das vierte ein Umsatzplus von lediglich zehn Prozent in Aussicht – deutlich weniger, als es die Aktionäre aus den vergangenen Jahren gewohnt sind.
Hinweise auf den bevorstehenden Abschied hatte das Spitzenduo nicht erkennen lassen. Noch im September alberten Benioff und Taylor bei der Kundenkonferenz Dreamforce gemeinsam auf der Bühne herum – und setzten sich Hasenohren auf, die dem Maskottchen eines Produkts nachempfunden waren.
Es handele sich um „eine Partnerschaft in der wahrsten Form“, schwärmte Taylor gegenüber Medienvertretern. Vertrauen sei der wichtigste Wert.
Einige Wochen später ist das hinfällig. Öffentlichen Ärger lässt keiner der Beteiligten erkennen: Taylor werde immer dazugehören, erklärte Benioff. Trotzdem wirft die Personalie einmal mehr die Frage auf, wie gut der charismatische Gründer die Macht über sein Unternehmen teilen kann.
Marc Benioff
Der charismatische Gründer steht nun wieder alleine an der Konzernspitze.
Bild: Bloomberg/Getty Images
Bereits 2020 ging eine Doppelspitze zu Bruch, als der damalige Co-Chef Keith Block – ein Veteran der Softwarebranche – nach 18 Monaten ohne Angabe von Gründen zurücktrat. Erst vor einigen Wochen kündigte auch Strategiechef Gavin Patterson seinen Abschied an.
Mit Taylor verliert Salesforce zudem große Technologieexpertise. Der Softwareentwickler war an mehreren Projekten beteiligt, die im Silicon Valley Legendenstatus haben: Nach dem Studium in Stanford erfand er bei Google den Kartendienst Maps mit. Dann gründete er mit Freunden das soziale Netzwerk Friendfeed, das später von Facebook übernommen wurde – inklusive des „Gefällt mir“-Knopfs.
Mit Quip wiederum entwickelte Taylor eine Textverarbeitung, die für Kollaboration und den Einsatz auf mobilen Geräten ausgelegt war – in einer Zeit, als Smartphones gerade vor dem Durchbruch standen. 750 Millionen Dollar gab Salesforce für das Start-up aus.
Das Produkt hatte unter dem Dach des Konzerns nicht den erwarteten Erfolg. Der Manager aber bewährte sich und stieg in die Führung auf.
Sein zumindest finanziell bisher größtes Projekt ging Taylor vor rund zwei Jahren an, als Salesforce ankündigte, den Kommunikationsdienst Slack für 28 Milliarden Dollar zu übernehmen – es war eine der teuersten Übernahmen in der Geschichte der Softwarebranche überhaupt. Der Manager war maßgeblich an den Verhandlungen beteiligt.
Bret Taylor
Der Co-Chef gibt den Posten Ende Januar auf.
Bild: IMAGO/IP3press
Dabei ging es Taylor nicht allein darum, ein neues Produkt ins Portfolio zu nehmen. „Viele der Veränderungen, die die Pandemie mit sich gebracht hat, werden dauerhaft sein – wir haben gelernt, digital zu arbeiten“, sagte er im Gespräch mit dem Handelsblatt vor knapp einem Jahr.
Salesforce will dank Slack die Technik für eine „digitale Firmenzentrale“ liefern, in der Mitarbeiter von verschiedenen Standorten bequem zusammenarbeiten können. „Dies ist eine großartige Gelegenheit für Wachstum – das war ein wichtiger Teil unserer Gespräche mit unseren Aktionären, als wir den Deal abgeschlossen haben“, betonte Taylor damals. Diese Vision muss Benioff nun allein weiterentwickeln.
Mehr Zeit für neue Projekte wird Taylor auf jeden Fall haben: Bis vor einigen Wochen war er parallel zu seinem Job bei Salesforce auch Verwaltungsratschef von Twitter. Diesen Job ist er auch los, seit Elon Musk den Onlinedienst übernommen hat.
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