Die Texte der künstlichen Intelligenz ChatGPT lassen Nutzer staunen, Microsoft investiert Milliarden. Der neue Chatbot von OpenAI zeigt, was KI kann – und was nicht.
ChatGPT
Noch ist die künstliche Intelligenz von OpenAI für registrierte Nutzer umsonst.
Bild: Bloomberg
Düsseldorf Die Bilanz von Chatprogrammen auf Basis Künstlicher Intelligenz (KI) war bisher mau. Den Chatbot Tay nahm dessen Entwickler Microsoft 2016 nur 24 Stunden nach Veröffentlichung vom Netz. Galactica des Facebook-Konzerns Meta hielt im vergangenen November immerhin drei Tage durch. Die Sprachmodelle liefen mit rassistischen oder sinnlosen Aussagen schnell aus dem Ruder.
Doch mit ChatGPT des US-Start-ups OpenAI verhält es sich anders. Seit dem 30. November ist es zugänglich und überrascht mit Texten und Dialogen, die vom Menschen sein könnten.
Noch gibt es auch hier Probleme wie falsche oder fehlerhafte Informationen oder schablonenhafte Antworten. Aber die Fortschritte sind klar erkennbar. Microsoft weitet nun seine Zusammenarbeit mit OpenAI aus und investiert laut Medienberichten in den kommenden Jahren rund zehn Milliarden Dollar. Was macht ChatGPT so viel besser? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
2015 startete OpenAI als Stiftung in San Francisco. Namhafte Tech-Unternehmer wie Elon Musk, Peter Thiel, Reid Hoffman oder Sam Altman gaben insgesamt eine Milliarde Dollar, um ein Ziel zu verwirklichen: Eine Künstliche Intelligenz zu entwickeln, die „der gesamten Menschheit nutzt“, wie es in der Satzung heißt.
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Elon Musk schied schon 2018 aus, weil der von ihm geführte Autobauer Tesla selbst eine KI entwickelte. Ein Jahr später kam es zur Zäsur: Der Stiftung ging das Geld ging aus, denn Rechenkapazitäten und die entsprechenden Fachleute sind teuer. Auch war es nicht einfach, Experten zur Stiftung zu holen – schließlich winken bei Google oder Meta hohe Gehälter und Aktienoptionen.
Daher wurde eine gewinnorientierte Tochter gegründet, die von Gründer Altman geführt wird. Alle Mitarbeiter der Stiftung erhielten Anteile, Microsoft investierte eine Milliarde Dollar, auch Risikokapitalgeber wie Khosla Venture oder die Stiftung von LinkedIn-Gründer Hoffman kamen an Bord.
Heute ist OpenAI mit einer Bewertung von 29 Milliarden Dollar eines der wertvollsten Start-ups der USA. Die Beteiligungen sind kompliziert geregelt, um der Stiftungsstruktur gerecht zu werden. Laut verschiedenen US-Tech-Medien hält Microsoft 49 Prozent an der Firma, die anderen Investoren kommen zusammen ebenfalls auf 49 Prozent. Die Stiftung besitzt die restlichen zwei Prozent.
Der Name steht für „Chat Generative Pre-trained Transformer“, den OpenAI Ende November veröffentlichte. Der Chatbot basiert auf einem Maschinenlernmodell, das menschliche Eingaben versteht und auf natürlich klingende Weise beantwortet. Der Chatbot kann Gedichte schreiben, Texte zusammenfassen oder sogar programmieren.
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Zugrunde liegt ChatGPT das Sprachmodell GPT, das mit riesigen Mengen von Daten trainiert wurde. Es ist ein sogenanntes Large Language Models (LLM), das in der Version GPT 3.5 über 175 Milliarden Parameter und 800 Gigabyte an Speicherkapazität besitzt.
OpenAI brachte das neue Sprachmodell Mitte März 2023 auf den Markt. Technische Details wie Anzahl der Parameter wurden nicht veröffentlich. Laut dem Start-up ist GPT-4 der Vorgängerversion in vielen Bereichen überlegen. So soll es um 40 Prozent besser Fakten wiedergeben als GPT-3.5 und um 82 Prozent weniger wahrscheinlich auf unerlaubte Anfragen antworten.
GPT-4 kann neben Texte auch Bilder oder Audio als Inputquelle verwerten, es ist ein „Multimodal Large Language Model“ (MLLM). So erkennt GPT-4 beispielsweise eine Serviette auf einem Foto. Steht darauf geschrieben, dass es eine eine bestimmte Website codieren soll, kann die KI auch das erledigen. „Allerdings kann ich nicht immer garantieren, dass GPT-4 akkuraten oder funktionierenden Code herstellt“, kommentiert die KI.
Zudem analysiert und schreibt GPT-4 mit rund 24.000 Wörtern viermal so lange Texte. Dazu kommen Neuheiten wie eine „Systembotschaft“. Mit ihr können Nutzer der KI eine genaue Nutzung oder einen Nutzungsstil vorschreiben. Damit könnte die KI etwa als Tutor eingesetzt werden, die mit bestimmten Vorgaben wie Lernzielen oder Förderbereichen auf einen bestimmten Studenten zurecht geschnitten ist.
Das Modell arbeitet nach dem Prinzip des bestärkenden Lernens. Dabei entwickelt das Programm in mehreren Stufen selbstständig eine Strategie, die mit „Belohnungen“ gesteuert wird. Das kann positives oder negatives Feedback sein, das in den ersten Stufen von Menschen überwacht und gegeben wurde. Auf der höchsten Stufe optimiert sich das Programm mit der sogenannten „Proximal Policy Optimization“ (PPO) selbst.
Allerdings kann das Modell nur so gut sein wie die Daten. Sind dort beispielsweise rassistische Vorurteile enthalten, gibt das Programm sie auch wieder. Um das zu vermeiden, setzten die Entwickler von OpenAI auf einen „Moderationsfilter“, der sich bislang nicht schlecht schlägt.
Jeder kann ChatGPT nach Anmeldung auf chat.openai.com gratis nutzen. Microsoft hat darüber hinaus angekündigt, ChatGPT in die Suchmaschine Bing integrieren zu wollen. Auch die Office-Anwendungen will der Konzern um KI-gestützte Assistenten, basierend auf GPT-4, erweitern.
Die Basisvariante von ChatGPT ist kostenfrei. Aufgrund des großen Interesses geht die Website allerdings öfters in die Knie. Daher soll die KI eine kostenpflichtige Version unter dem Namen ChatGPT Plus bekommen. Sie soll Kunden für 20 Dollar im Monat einen Zugang garantieren und schnellere Reaktionszeiten liefern, erklärte OpenAI.
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Zudem sollen dort neue Funktionen früher als in der Basisvariante verfügbar sein. Der Dienst soll zunächst in den USA an den Start gehen, aber künftig auch auf andere Länder ausgeweitet werden. Der kostenlose Basiszugang werde fortgeführt.
Wer es in das Programm schafft, kann mit ChatGPT Texte erstellen, die sich eloquent und strukturiert lesen und von einem Journalisten oder einer Schriftstellerin sein könnten. Es kann Sätze mit bis zu 1500 Wörtern verstehen.
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Der Chatbot ist so gut, dass er an der US-Eliteuniversität Wharton das MBA-Examen bestehen würde – und zwar mit der Note „Zwei minus“, wie Professor Christian Terwiesch kürzlich in einer Studie schrieb. Die Erklärungen seien „exzellent“ gewesen.
ChatGPT kann auch übersetzen und beherrscht mehrere Sprachen. Allerdings hapert es im Deutschen mit der Zeichensetzung und Grammatik, auch fallen die Sätze teilweise lang und verschachtelt aus.
Das Potenzial gilt dennoch als enorm. ChatGPT könnte perspektivisch den Arbeitsalltag in vielen Branchen verändern. Microsoft will das KI-Tool in seine Suchmaschine Bing integrieren, die damit ganz neu funktionieren würde. Nutzer können dann Suchanfragen wie an einen Menschen stellen und statt einer Aufzählung von Links ganze Antworten erhalten.
Großen Wert legen die Entwickler darauf, keine falschen, irreführenden oder schädlichen Antworten zu geben. Allerdings gibt es zahlreiche Beispiele, in denen Nutzer genau das gelang. In der App „Historical Figures“, die ChatGPT nutzt, können Nutzer sich mit Jesus oder den Beatles unterhalten – seit Neustem allerdings auch mit Adolf Hitler und anderen Diktatoren.
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Im Vergleich zu anderen Chatbots ist ChatGPT aber viel besser darin, Stereotype zu vermeiden. Was immer fehlt, sind Quellenangaben, auch gibt das Programm keine Wahrscheinlichkeiten zu seinen Aussagen ab.
Grundsätzlich ist immer Vorsicht angebracht: ChatGPT gibt mit großer Eloquenz und Autorität nicht selten falsche Antworten. Es fällt auf Fangfragen herein, obskure Themen sind besonders ein Problem. Auch aktuelle Fragen sind tabu, weil das Programm nur mit Daten bis Ende 2021 trainiert worden ist. Fragen wie zur Fußballweltmeisterschaft 2022 beantwortet das Programm zwar, sie sind aber Spekulation.
API steht für „Application Programming Interface“ und ist eine Programmierschnittstelle. Mit der könnten Entwickler Anwendungen von OpenAI in ihre App integrieren, ohne sich wie zuvor aufwendig beim Unternehmen bewerben zu müssen.
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Früher war OpenAI sehr zurückhaltend damit, fürchtete sich vor fehlerhaften Informationskampagnen, Spam oder Betrügereien. Doch 2021 änderte die Firma seine Haltung, baute es nach eigener Aussage genügend Sicherheitsmechanismen wie „Inhaltsfilter“ ein und gab API frei. Wer aber gegen Auflagen verstößt wie dem Verbot von sexuellen Inhalten, der fliegt raus.
Es gibt eine ganze Reihe von Angeboten, alle mit Stärken und Schwächen. OpenAI bietet beispielsweise Dall-E an, das auf Befehl Bilder aus Textbeschreibungen erstellt. Das Programm basiert auf dem KI-System GPT und ist seit Neustem nicht mehr umsonst – es soll um die 40 Euro pro Monat kosten.
Eine Alternative ist Bloom, das als einziges Programm mit 176 Milliarden Parametern auf mehr Daten als GPT trainiert wurde. Es beherrscht 46 Sprachen und 13 Programmiersprachen. Die Open-Source-Software ist frei zugänglich und besonders wertvoll in seltenen Sprachen wie Swahili. Es kann Texte zusammenfassen oder übersetzen und wurde mit Daten bis Juli 2022 trainiert. Allerdings muss man die Cloud-Leistung mit 40 Dollar die Stunde bezahlen.
Angesichts des Wirbels um ChatGPT mehren sich die Gerüchte, dass Google bald nachzieht. Der Internetkonzern arbeitet schon länger an dem sogenannten „Language Model for Dialogue Applications“ (Lamda). Dieses kommt bereits in der App „AI Test Kitchen“ zum Einsatz, die nur auf Android-Smartphones läuft und in einem kleinen Umfang ausgegeben wird.
Erstpublikation: 24.01.2023, 17:02 Uhr (zuletzt aktualisiert: 20.03.2023, 15:00 Uhr).
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