Der Münchener Chiphersteller baut den Aufsichtsrat um. Der ehemalige VW-Chef Herbert Diess soll Chefaufseher werden. Für ihn ist es eine Rückkehr.
Herbert Diess
Der ehemalige VW-Chef kehrt zurück in den Aufsichtsrat von Infineon.
Bild: imago images/Jan Huebner
München, Berlin Wechsel an der Spitze des Aufsichtsrats von Infineon: Der ehemalige VW-Chef Herbert Diess, 64, soll neuer Chefkontrolleur des größten europäischen Chipherstellers werden. Das teilte der Dax-Konzern am Freitag mit. Amtsinhaber Wolfgang Eder, 70, werde zur Hauptversammlung am 16. Februar aus dem Gremium ausscheiden. Der Österreicher führt den Aufsichtsrat seit 2019.
Diess musste im vergangenen Sommer den Chefposten beim Autokonzern VW aufgeben. Den Münchner Halbleiterproduzenten kennt der Ingenieur bereits gut: Von 2015 bis 2020 war der Österreicher schon einmal im Aufsichtsrat.
„Es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, Veränderungen im Aufsichtsrat vorzunehmen“, sagte Eder. Die zehn Milliarden Euro schwere Akquisition des US-Rivalen Cypress sei gelungen. Zudem sei rund um Jochen Hanebeck ein neues Vorstandsteam angetreten. Hanebeck, 54, hatte den Vorstandsvorsitz im April vom langjährigen CEO Reinhard Ploss übernommen, der in den Ruhestand ging. Darüber hinaus zogen im Frühjahr Andreas Urschitz als Vertriebschef und Rutger Wijburg, verantwortlich für die Produktion, neu in den Vorstand ein.
Automanager Diess hält das Geschäft von Infineon für ausgesprochen zukunftsträchtig: Das Unternehmen trage dazu bei, die großen, globalen Aufgaben der Digitalisierung und Dekarbonisierung zu lösen. „Infineon auf diesem Weg zu begleiten ist für mich eine große Motivation“, sagte Diess.
Infineon-Chef Jochen Hanebeck
Der neue Vorstandsvorsitzende hat die Wachstumsziele hoch gesetzt.
Bild: dpa
Aus dem Aufsichtsrat ausscheiden wird neben Eder auch der 71-jährige Unternehmensberater Hans-Ulrich Holdenried. Der ehemalige Chef von Hewlett-Packard in Deutschland gehört dem Kontrollgremium seit 2010 an. Sein Nachfolger soll Klaus Helmrich, 64, werden, der bis 2021 bei Siemens den Bereich Digital Industries geleitet hat.
Infineon ist gut in Schuss. Zuletzt hatte Vorstandschef Hanebeck die Wachstumsziele angehoben. So verspricht der Konzernherr den Investoren nun ein jährliches Umsatzplus von im Schnitt mehr als zehn Prozent. Die operative Marge soll nun 25 Prozent betragen, sechs Prozentpunkte mehr als bisher.
Im vergangenen Geschäftsjahr, das am 30. September endete, ist der Umsatz um 29 Prozent auf 14,2 Milliarden Euro in die Höhe geschossen. Der Gewinn ist um gut 80 Prozent auf knapp 2,2 Milliarden Euro gestiegen.
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Der designierte Aufsichtsratschef Diess war bei Volkswagen im Sommer krachend gescheitert. Gründe für die Trennung im Juli gab es viele: Das China-Geschäft lief schleppend, die Halbleiterkrise traf VW stärker als andere Autohersteller, und die eigens für die Entwicklung neuer Software gegründete Tochter Cariad hinkt der Konkurrenz bis heute hinterher.
Darüber hinaus legte sich der Manager immer wieder mit den Arbeitnehmervertretern und dem Aufsichtsrat an. Es tobte ein jahrelanger Machtkampf.
Allerdings wird Diess bei Volkswagen zu Gute gehalten, dass er die strategische Weitsicht besessen hat, die Software-Einheit Cariad vor drei Jahren überhaupt gegründet zu haben. Andere Autohersteller sind noch viel später dran haben sich wenig um eine eigene Digitalisierungsstrategie gekümmert.
Für Diess war der US-Elektroautobauer Tesla stets ein großes Vorbild. Tesla-Chef Elon Musk hat das Auto schon sehr früh als ein Produkt erkannt, das künftig sehr stark von Software und IT geprägt sein wird. Als VW-Chef hat Diess versucht, diese Erfahrungen nach und nach auf den etablierten Autokonzern zu übertragen.
Diess hatte auch auf dem Radar, dass sich künftig sehr viel Geld mit digitalen Services verdienen lässt. Wenn, wie mit einem Smartphone, Software-Updates drahtlos „over the air“ zum Branchenstandard geworden sind, dann werden neue Umsätze in Milliardenhöhe für die Autobauer möglich.
Dem Manager gelang es jedoch bei VW nicht, die eigene Strategie auch umzusetzen. Sein Know-how dürfte Infineon gleichwohl zugute kommen, schließlich erwirtschaftet die Autosparte rund die Hälfte des Umsatzes. VW und Tesla gehören zu den Großkunden.
Bei den Investoren kam die Personalie Diess am Freitag nicht besonders gut an. Der Aktienkurs von Infineon lag in einem schwachen Markt fast ein Prozent im Minus bei rund 30 Euro. Im laufenden Jahr haben die Papiere etwa ein Viertel an Wert verloren.
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