Innerhalb weniger Tage hat der Softwarekonzern etliche Spitzenmanager verloren. Auch Gründer Benioff gerät in die Kritik. An der Börse hat Rivale SAP bereits aufgeschlossen.
Marc Benioff
Der Firmengründer übernimmt wieder allein die Führung von Salesforce.
Bild: ddp/Kris Tripplaar/Sipa USA
San Francisco Der SAP-Rivale Salesforce steckt in einer der schwersten Führungskrisen seit Gründung des Unternehmens vor mehr als zwei Jahrzehnten. Gründer und Co-Chef Marc Benioff muss den Abgang zahlreicher hochrangiger Führungskräfte verkraften. Die Aktie des Cloud-Anbieters rangiert auf dem tiefsten Stand seit Beginn der Coronapandemie.
„Es ist wie ein Schlag in die Magengrube“, sagte Benioff im Interview mit dem Fernsehsender CNBC. „Bei der Führung der Firma suche ich nach den besten Leuten der Welt, um sie ins Unternehmen zu holen.“ Jeder Abgang sei dann ein schwerer Rückschlag.
Anfang dieser Woche gab der Chef des Kommunikationsdienstes Slack, Stewart Butterfield, seinen Abgang bekannt. Er wolle sich stärker um seine Familie kümmern, sagte er. Salesforce hatte Slack im Juli 2021 für fast 28 Milliarden Dollar übernommen. Es war der teuerste Zukauf in der Firmengeschichte.
Auch der Chef des Analysedienstes Tableau, Mark Nelson, verlässt den Konzern. Sein Dienst war 2019 von Salesforce für fast 16 Milliarden Dollar aufgekauft worden. Für Nelson wurde zunächst kein Nachfolger benannt, weil sein Team stärker im Produktportfolio des Unternehmens aufgehen soll.
Bereits in der vergangenen Woche hatte Co-CEO Bret Taylor seinen Rückzug verkündet. Der 42-Jährige hatte Salesforce operativ zusammen mit Benioff geleitet. Ende Januar will Taylor aus der Firma aussteigen. „Ich habe beschlossen, zu meinen unternehmerischen Wurzeln zurückzukehren“, teilte der Manager mit. „Taylor war wie ein Bruder für mich“, sagte Benioff dazu.
Marc Benioff (links) und Bret Taylor bei einer Entwicklerkonferenz im September
Die Doppelspitze bei Salesforce ist Geschichte.
Bild: Bloomberg
Taylor hatte zuvor das Start-up Quip gegründet, das Software für die Zusammenarbeit an Dokumenten herstellte. Salesforce kaufte das Unternehmen 2016, Taylor stieg schnell zum Chief Operating Officer und im November letzten Jahres zum Co-Chef auf.
Die Führungskrise führt auch zu einer Kräfteverschiebung auf dem globalen Markt für Unternehmenssoftware. Der Cloud-Pionier Salesforce hatte sich bei der Börsenbewertung während der Coronapandemie von seinem deutschen Konkurrenten SAP abgekoppelt. Im vergangenen November war Salesforce an der Börse mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 303 Milliarden Dollar doppelt so viel wert wie der Dax-Konzern.
Das Verhältnis hat sich komplett gewandelt. Die SAP-Aktie hat zuletzt stark zugelegt, während Salesforce an der Börse abgestraft wurde. Mittlerweile rangieren die Aktien auf einem ähnlichen Niveau. Allein seit Mitte Oktober hat die SAP-Aktie um rund 25 Prozent zugelegt, während die Salesforce-Aktie rund neun Prozent verlor.
Auch beim Umsatz liegen beide Unternehmen wieder gleichauf. Noch im zweiten Quartal hatte Benioff stolz verkündet, SAP abgehängt zu haben, und gesagt: „Salesforce ist der größte Anbieter für Unternehmenssoftware der Welt.“
Bei der Vorstellung der Zahlen für das dritte Quartal lagen SAP und Salesforce beide bei einem Umsatz von rund 7,8 Milliarden Dollar. SAP-Chef Christian Klein konnte jedoch einen deutlich positiveren Ausblick auf das weitere Geschäft geben als Benioff. Seitdem legte der deutsche Konzern an der Börse stark zu, während Salesforce absackte.
SAP-Chef Christian Klein
Der Dax-Konzern hat zu Salesforce aufgeschlossen.
Bild: IMAGO/photothek
Benioff gerät auch persönlich in die Kritik. Er führt die Firma seit der Gründung im Jahr 1999. Bislang konnte er keinen Nachfolger aufbauen. Vor zwei Jahren zerbrach bereits eine Doppelspitze mit Keith Block. Der Manager verließ den Chefposten nach nur 18 Monaten wieder. Der Abgang Tylors sei nun ein Beleg, „dass die Doppelspitze nicht funktioniert“, kritisierte Analyst Brent Thill von der Investmentbank Jefferies.
Für Analyst Keith Weiss von der US-Investmentbank Morgan Stanley muss Benioff nun zeigen, dass er das Unternehmen umsteuern kann. Zuletzt sei Salesforce durch große Zukäufe wie Slack gewachsen. Jetzt müsse Benioff das Unternehmen stärker auf Effizienz trimmen.
Am Donnerstag stufte Wolfe Research die Salesforce-Aktie von „kaufen“ auf „halten“ herab. Die Analysten schrieben, dass das Unternehmen nach Ausführungsfehlern, Abgängen großer Namen und einem sich verlangsamenden Umsatzwachstum in ein „neues und schwieriges Kapitel“ eintrete.
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