Unternehmen schieben angesichts der Krise Großanschaffungen auf. Dell bietet dafür ein Mietmodell – was aber teils auf Skepsis stößt.
Computernutzer
Die Konsumenten sind gut ausgestattet mit modernen Rechnern. Nun kürzen auch die Firmen ihre IT-Budgets.
Bild: Imago/Westend61
München Die Rezession naht und immer mehr Unternehmen verzichten darauf, neue Firmenrechner anzuschaffen. Stattdessen mieten sich die Unternehmen zunehmend moderne PCs und Notebooks. „Viele unserer Kunden schauen sich derartige Modelle gerade an“, sagte Tom Sweet, Finanzvorstand des US-Computerproduzenten Dell, dem Handelsblatt.
Hohe einmalige Ausgaben könnten sich die Betriebe damit sparen, erklärte der Manager. Und: „Die Firmen müssen nur das bezahlen, was sie wirklich brauchen“, betonte Sweet. Das sei in unsicheren Zeiten wie diesen besonders wichtig.
Es ist kein Zufall, dass der amerikanische PC-Hersteller den Kunden derzeit mit Finanzierungs- und Mietangeboten entgegenkommt. Der durch die Heimarbeit in der Pandemie ausgelöste Anschaffungs-Boom bei Computern ist vorbei. Die Lager sind voll und die Preise fallen.
Im dritten Quartal haben die Hersteller Marktforschern zufolge knapp ein Fünftel weniger Geräte ausgeliefert als im Vorjahr. Seit sich die Bürorechner Mitte der 1990er-Jahre als Hauptarbeitsmittel durchgesetzt haben, sei es noch nie so stark bergab gegangen, so die Experten von Gartner. Den Spezialisten zufolge brach der Absatz bei Dell um gut 21 Prozent ein und damit noch etwas stärker als im gesamten Markt.
Viele Verbraucher hätten sich in den vergangenen zwei Jahren neues Equipment zugelegt und daher jetzt keinen Bedarf mehr. Auch Firmen agierten zunehmend zögerlich, so Gartner: „Auf der Unternehmensseite führten geopolitische und wirtschaftliche Unsicherheiten zu selektiveren IT-Ausgaben, und PCs standen nicht ganz oben auf der Prioritätenliste.“
Privatleute hatten bereits im Frühjahr ihre Ausgaben für Elektronik angesichts steigender Lebenshaltungskosten zurückgeschraubt. Dass nun nicht nur die Konsumenten, sondern auch die Betriebe sparen, ist dagegen neu – und kritisch für Dell.
Das zeigen die jüngsten Zahlen des Konzerns. Der nach Lenovo und HP drittgrößte Computerbauer der Welt profitierte zuletzt noch davon, dass sich Unternehmen mit PCs und Notebooks eingedeckt haben. So ist das Firmenkundengeschäft im zweiten Quartal des Geschäftsjahrs, es endete am 29. Juli, um 15 Prozent auf 12,1 Milliarden Dollar gewachsen. Der Umsatz mit Privatleuten ging hingegen um neun Prozent auf 3,3 Milliarden zurück.
Auch Server und Speicherlösungen für Unternehmen waren bis in die jüngste Zeit stark gefragt, die Sparte legte im zweiten Quartal um zwölf Prozent auf 9,5 Milliarden Dollar zu.
Insgesamt ist der Umsatz um neun Prozent auf 26,4 Milliarden Dollar geklettert – ein neuer Rekord für das zweite Quartal. Der Gewinn fiel im Vergleich zum Vorjahr indes um 20 Prozent auf 506 Millionen Dollar.
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Die Zeit neuer Umsatzrekorde dürfte damit fürs Erste vorbei sein. Die IT-Budgets der Firmen würden inzwischen zulasten der PCs und Notebooks umgeschichtet oder gleich zusammengestrichen, warnen die Marktforscher von Canalys.
Zudem verlängerten die IT-Verantwortlichen beispielsweise die Zyklen, in denen die Rechner erneuert werden. Darüber hinaus sei damit zu rechnen, dass die Firmen weniger Leute einstellen und damit ihr Bedarf an zusätzlichem Equipment sinkt. Die höheren Zinsen würden auch die Finanzierung der Hardware verteuern.
Die sich teils noch anbahnende Krise ist für Sweet nicht die erste bei Dell. Der Betriebswirt steht bereits seit einem Vierteljahrhundert in Diensten des Unternehmens mit Sitz in Austin. Der 62-Jährige gehört damit zu den treuesten Weggefährten von Firmengründer und Vorstandschef Michael Dell.
Im Zahlenwerk des Konzerns kennt sich Sweet daher aus wie kein Zweiter. Gleichwohl, der Manager hört auch den Kunden genau zu. Die laufende Woche verbringt der frühere Wirtschaftsprüfer von PWC in Europa, um ein Gespür für die Bedürfnisse der hiesigen Firmen und Konsumenten zu bekommen. Auch in München machte Sweet bei einer firmeneigenen Kundenkonferenz Halt.
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Um neue Kunden werben kann Sweet auch mit dem Erfolg, dass viele Betriebe bereits auf Computer-Abonnements umgestellt haben. Im zweiten Quartal verbuchte Dell sogenannte wiederkehrende Einnahmen von 5,2 Milliarden Dollar, acht Prozent mehr als im Vorjahr.
Mit Dienstleistungen in der Cloud, also aus Rechenzentren heraus, nahm die texanische Firma mehr als eine Milliarde Dollar ein. Die Zahl der Aufträge sei in diesem Bereich um 78 Prozent gestiegen, unterstrich Sweet.
Der Mittelstand hierzulande tue sich allerdings mitunter noch schwer mit Mietangeboten, betonte Deutschland-Chef Tim van Wasen. Vielfach sei es den Verantwortlichen wichtig, die IT-Ausstattung zu besitzen.
So schlimm der Rückgang momentan auch ist, Dell-Manager Sweet ist zuversichtlich, dass es langfristig aufwärts geht: „Technologie ist der Schüssel für die Geschäftsmodelle unserer Kunden, sie brauchen uns.“ Darin unterscheide sich der momentane Abschwung von der letzten großen Wirtschaftskrise der Jahre 2008/09.
Analysten stimmen dem zu. Trotz des derzeit widrigen Umfelds seien Rechner für die neue Art des flexiblen und mobilen Arbeitens und die digitale Transformation der Betriebe wichtig, so die Experten von Canalys. Ältere Geräte müssten ersetzt werden, und daher werde sich der Markt bis zur zweiten Jahreshälfte 2023 wieder erholen.
Ein Grund, sich neue Rechner zuzulegen, seien allein schon die hohen Energiekosten, meint Deutschlandchef van Wasen. Denn moderne Geräte verbrauchten wesentlich weniger Strom. Van Wasen: „Das ist für uns eine Chance.“
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