Der Dax-Konzern treibt Verkaufspläne in den Niederlanden voran. Nach dem Erfolg in den USA nimmt der Netzbetreiber Europa in den Fokus.
Dominique Leroy
Die neue Europachefin der Telekom setzt erste Akzente.
Bild: Deutsche Telekom
Düsseldorf Der Start von Dominique Leroy bei der Deutschen Telekom war kompliziert. Eigentlich standen für die neue Europachefin im November und Dezember zahlreiche Besuche in den Landesgesellschaften an. Die Corona-Pandemie machte das unmöglich. Und so schaltete sich Leroy per Video zu den Tochterfirmen etwa nach Kroatien, Ungarn oder Griechenland.
Zwei Monate nach dem Start der 56-Jährigen zeichnen sich erste Veränderungen in Europa ab. Die Telekom erwägt einen Teil- oder Komplettverkauf ihrer niederländischen Tochter T-Mobile, wie das Handelsblatt erfuhr. Treiber des Projektes ist Telekom-Vorstand Thorsten Langheim - er ist seit Jahren der Mann im Konzern für die großen Deals. Er und sein Team haben während der vergangenen Jahre das Geschäft in den Niederlanden auf Wachstum getrimmt.
Noch ist nicht klar, ob die Telekom ihre gesamte Tochtergesellschaft oder Teile veräußern will. Es wird auch erwogen, zunächst Teile der Infrastruktur an die Börse zu bringen, um so Einnahmen zu generieren und gleichzeitig die Kontrolle über die vielversprechende Tochtergesellschaft zu behalten. Ein Telekom-Sprecher wollte sich auf Anfrage dazu nicht äußern.
Die Niederlande waren lange Zeit ein Problem, seit die Telekom vor zwei Jahrzehnten in den Markt eingestiegen war. Vor zehn Jahren litt der Konzern unter massiven Qualitätsproblemen und musste seinen Kunden auf Druck der Regulierer sogar Entschädigungen für die schlechte Netzqualität zahlen. 2015 versuchte die Telekom, das Geschäft zu verkaufen, war jedoch mit den Angeboten der Investoren von bis zu 1,6 Milliarden Euro nicht zufrieden.
Stattdessen übernahm der Konzern 2016 das Festnetzgeschäft vom Konkurrenten Vodafone. Nach Zustimmung der Wettbewerbsbehörden durfte die Telekom im Januar 2019 dann auch den Rivalen Tele2 für 190 Millionen Euro übernehmen.
Seitdem hat die Firma ihr Netz konsequent weiter ausgebaut. Bei einem europaweiten Netztest wurde T-Mobile in den Niederlanden kürzlich vom Dienstleister Umlaut als führend in Europa ausgezeichnet – deutlich besser als das Telekom-Netz in Deutschland.
Zudem lässt Leroy die Telekom in den Niederlanden mit Kampfpreisen auftreten, um Kunden zu gewinnen. Derzeit bietet der Konzern dort einen Tarif mit unlimitiertem Zugang zum 5G-Netz für 35 Euro im Monat an.
Zum Vergleich: In Deutschland verlangt die Telekom für einen ähnlichen Tarif 84,95 Euro im Monat. Sollte die Telekom ihre niederländische Tochter komplett veräußern wollen, könnte sie bis zu fünf Milliarden Euro erzielen, berichtete die niederländische Zeitung „Het Financieele Dagblad“ (Bericht auf Niederländisch).
Telekom-CEO Timotheus Höttges hatte Leroy im November in den Konzern geholt, um das Europageschäft neu zu justieren. Leroys Vorgänger Srini Gopalan hatte die Arbeit in den Landesgesellschaften nach einer schwierigen Phase stabilisiert, er steuert heute den Heimatmarkt Deutschland.
Leroy sucht nach neuen Akzenten, die die Telekom in Europa setzen kann. In den USA ist der Konzern seit der Fusion mit dem Rivalen Sprint zum zweitgrößten Netzbetreiber des Landes aufgestiegen. Mehr als die Hälfte des Umsatzes steuert die US-Tochter mittlerweile zur Firmenbilanz bei. Leroys Aufgabe ist es, ein Gegengewicht in Europa zu suchen. Ein Teilverkauf in den Niederlanden könnte ihr dafür finanziellen Spielraum geben.
Leroy hat sich einen guten Ruf in der Telekommunikationsbranche erarbeitet. Sie arbeitete nach dem Studium in Wirtschaftsingenieurswesen unter anderem bei Unilever und wechselte 2011 als Chefin für das Privatkundengeschäft zum belgischen Netzbetreiber Proximus. Drei Jahre später wurde sie zum CEO befördert.
Mit den Niederlanden verbindet Leroy eine besondere Geschichte. Eigentlich war im Anschluss an ihren Job bei Proximus bereits ein Wechsel als CEO mit dem niederländischen Netzbetreiber KPN ausgemacht. Kurz vor dem Wechsel verkaufte sie Aktien im Wert von 285.000 Euro von ihrer alten Firmen.
Es folgten Vorwürfe des Insiderhandels und ein Ermittlungsverfahren. KPN zog das Stellenangebot zurück. Im Juli verständigte sich Leroy mit der Staatsanwaltschaft auf eine Zahlung von rund 100.000 Euro zur Einstellung des Verfahrens. Wenig später erhielt sie die Zusage für den Vorstandsposten bei der Telekom.
Für den Dax-Konzern Telekom wird sie eine neue Vision in Europa entwickeln müssen. „Fusionen müssen leichter möglich werden“, forderte Konzernchef Höttges mehrfach. Die Frage ist jedoch, wer ein geeigneter Kandidat für eine Übernahme sein könnte. Dazu wird Leroy Ideen liefern müssen. Konkrete Pläne für eine langfristige Vision für Europa habe die Managerin bislang noch nicht vorgelegt, sagte ein Insider dem Handelsblatt.
Die Managerin wird zudem auch noch bestehende Probleme in Europa lösen müssen. Rumänien ist seit Jahren ein problematischer Markt für die Telekom. Einen Teil des Geschäfts will die Telekom an den französischen Netzbetreiber Orange verkaufen. Aber der Deal ist nicht einfach, denn auch der rumänische Staat hält Anteile am lokalen Netzbetreiber. Hier wird sich Leroy einschalten müssen.
Änderung: Die Rolle von Leroy und Langheim im Zusammenhang mit den Verkaufsplänen wurde präzisiert.
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