Beide Konzerne legen ihre britischen Töchter zusammen. Gemeinsam setzen Telefónica und Liberty Global den Marktführer BT kräftig unter Druck.
Telefónica-Tochter O2
Die Spanier, die bereits seit längerem nach einer Lösung für ihr britisches Geschäft suchen, können die Einnahmen auch wegen der Unsicherheit in der Coronakrise gut gebrauchen.
Bild: Bloomberg
London, Madrid Mitten in der Coronakrise schmieden der spanische Telekomkonzern Telefónica und der amerikanische Kabelanbieter Liberty Global eine Milliardenallianz: Sie legen in Großbritannien ihre Töchter zusammen und schaffen damit einen neuen Marktführer im Wert von 31 Milliarden Pfund (35,5 Milliarden Euro). „Wir bauen die Telekomlandschaft in Großbritannien um“, sagte Telefónica-Chef José María Álvarez-Pallete.
Die Unternehmen ergänzen sich ideal – die Liberty-Tochter Virgin Media besitzt ein Kabelnetz auf der Insel, die Telefónica-Tochter O2 ist der größte Mobilfunkanbieter. Mit dem Zusammenschluss springen beide auf einen Trend auf: die Bündelung von Diensten wie Internet, TV und Mobilfunk. Das Kalkül dahinter sind höhere Umsätze pro Kunde sowie weniger Kündigungen. Denn je mehr Services ein Kunde nutzt, desto komplizierter wird ein Wechsel zur Konkurrenz.
Liberty-Gründer John Malone baut in Europa seit Jahren Konzerne auf, die Telekomdienste aus einer Hand anbieten. In Deutschland etwa verkaufte er deshalb den Kabelanbieter Unitymedia an Vodafone. Telefónica hat bereits 2016 versucht, ihr britisches Geschäft zu verkaufen, um den eigenen Schuldenberg abzubauen. Wettbewerber Hutchison wollte damals 10,3 Milliarden Pfund auf den Tisch legen, doch die EU-Kommission untersagte den Deal, weil er den Wettbewerb beeinträchtigt hätte.
Branchenanalyst Kester Mann von der Beratungsgesellschaft CCS Insight geht davon aus, dass die Aufsichtsbehörden nun keine Einwände haben werden, weil die Geschäftsbereiche der beiden Anbieter sich nicht überlappen, sondern ergänzen.
In dem Deal wird O2 mit 12,7 Milliarden Pfund bewertet, das entspricht dem 7,8-Fachen des operativen Gewinns und liegt damit über dem Preis, den Hutchison 2016 zahlen wollte. Virgin Media wird auf 18,7 Milliarden Pfund taxiert.
„Der Deal schafft großen Wert durch Synergien“, betonte Telefónica-Chef Pallete, der die Vereinbarung zeitgleich mit eher mauen Quartalszahlen präsentierte. Die Synergien sollen insgesamt 6,2 Milliarden Pfund betragen. Liberty-Chef Mike Fries erklärte in einem Video, die Bündelung werde der britischen Regierung helfen, ihre Breitbandziele zu erreichen.
Den Spaniern ermöglicht der Zusammenschluss, ihre Nettoschulden von 38 Milliarden Euro zu reduzieren, die seit Jahren auf der Aktie lasten. Da O2 schuldenfrei in das Joint Venture geht und Virgin Media 11,3 Milliarden Pfund Verbindlichkeiten besitzt, erhält Telefónica eine Barzahlung von 2,5 Milliarden Pfund als Ausgleich.
Zudem nimmt das Gemeinschaftsunternehmen, an dem beide Aktionäre gleiche Anteile halten, neue Schulden auf und zahlt einen Teil als Dividende aus. Pallete will damit die Telefónica-Schulden insgesamt um 5,5 bis 5,8 Milliarden Pfund senken. Die Aktien beider Konzerne waren in den vergangenen Tagen deutlich gestiegen, als die Pläne erstmals bekannt wurden.
Während sich viele freuen dürften, dass sich der Markt für Übernahmen und Fusionen wieder etwas belebt, dürfte sich die Freude bei der Konkurrenz in Grenzen halten – vor allem bei BT. Der ehemalige Staatskonzern gilt unter Analysten als der größte Leidtragende durch die Fusion. Schließlich entstehe durch das neue Unternehmen ein „vollwertiger Gegner für BT“, erklärt Analystin Fiona Cincotta von der Londoner Firma City Index.
BT war bislang der einzige Anbieter in Großbritannien, der bereits Bündel aus Festnetz und Mobilfunk geschnürt hat. Am Donnerstag verkündete BT-Chef Philip Jansen, dass es dieses Jahr keine Dividende geben wird. Für viele Investoren eine böse Überraschung, schließlich gehörte BT bislang zu den großzügigsten Unternehmen am Londoner Aktienmarkt.
Mit dem Zusammenschluss der Konkurrenz habe das nichts zu tun, beteuerte BT-Chef Jansen. Aber der Deal sei „ein weiteres Thema, das ihm Kopfschmerzen bereiten dürfte“, meint Analyst Neil Wilson von Markets.com.
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