Gewaltige Subventionen locken die Halbleiterhersteller in die USA. Europa diskutiert noch über die Förderung und fällt derweil erneut zurück.
Micron-Werk im US-Bundesstaat Virginia
Der Chipkonzern will in den USA insgesamt 40 Milliarden Dollar investieren.
Bild: AP
München Die Aufholjagd der USA in der Halbleiterproduktion gewinnt an Fahrt: Micron werde bis Ende des Jahrzehnts Werke für 40 Milliarden Dollar in den Vereinigten Staaten errichten, teilte der US-Hersteller am Dienstag mit. In mehreren Schritten würden hochmoderne Speicherchipfabriken entstehen.
Der Konzern rechnet dabei fest mit Subventionen aus dem größten Hilfspaket, das die Chipindustrie je in Amerika bekommen hat. US-Präsident Joe Biden ebnete am Dienstag den Weg für den sogenannten „Chips and Science Act“, mit dem der Branche 52 Milliarden Dollar zufließen sollen. Zudem dürfen die Hersteller mit Steuererleichterungen rechnen, wenn sie in den USA expandieren.
Es ist nicht die einzige Investition, die Biden als Erfolg verbuchen kann. Bereits am Montag teilte der amerikanische Auftragsfertiger Globalfoundries mit, dass er sein Werk im US-Bundesstaat New York erweitert. Dies sei Teil einer Vereinbarung mit dem kalifornischen Handychip-Spezialisten Qualcomm, der noch mehr als bisher bei Globalfoundries produzieren möchte.
Die USA sind Europa damit einen Schritt voraus. Die EU berät seit Monaten über ihren eignen „Chips Act“, vor Jahresende ist allerdings nicht mit einer Entscheidung zu rechnen. Durch das Gesetz will die EU-Kommission staatliche Unterstützung von gut 40 Milliarden Euro ermöglichen.
Der Chips Act der USA sei „ein wichtiger Schritt, um Amerikas Führungsposition in der Halbleiterindustrie zu festigen“, sagte Micron-Chef Sanjay Mehrotra. Das Gesetz ermögliche es seinem Unternehmen, die inländische Speicherchip-Produktion in den kommenden zehn Jahren von weniger als zwei Prozent auf bis zu zehn Prozent des Weltmarktes zu steigern. Damit würden die USA zur „Heimat der fortschrittlichsten Speicherchipherstellung sowie Forschung und Entwicklung der Welt“.
Micron nimmt zwar nicht mehr Geld in die Hand als geplant. So hat der Konzern vergangenes Jahr angekündigt, über ein Jahrzehnt hinweg 150 Milliarden Dollar für Werke und die Forschung auszugeben. Aber statt nach Asien fließt das Geld in die USA. Bislang produziert Micron vor allem in Japan, Taiwan und Singapur. Durch den Neubau würden 40.000 Jobs in den USA entstehen, so Micron – davon 5000 unmittelbar in der Fabrik.
Investitionen in europäische Werke hatte der Micron-Chef zuletzt im Gespräch mit dem Handelsblatt ausgeschlossen. Zusätzliche Fabriken würden in Asien und Amerika entstehen, wo der Konzern bereits vertreten sei. Denn es sei wichtig, Größenvorteile zu nutzen, um so kosteneffizient wie möglich zu produzieren.
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Angesichts der Lieferengpässe der vergangenen beiden Jahre haben sich sowohl Amerika als auch Europa vorgenommen, unabhängiger von Asien zu werden. Das gelingt den USA bislang besser. So errichten die größten Chiphersteller der Welt, Samsung und Intel, fortschrittliche Fabriken in dem Land. Auch TSMC, der global führende Auftragsfertiger aus Taiwan, investiert dort.
Die größte in Europa geplante Investition sind zwei Werke von Intel in Magdeburg. Sie sollen 17 Milliarden Euro kosten. Darüber hinaus planen Globalfoundries und STMicroelectronics eine gemeinsame Fabrik in Frankreich. TSMC zögert derweil mit einer Zusage. Und der Münchener Chiphersteller Infineon hat im Frühjahr entschieden, in Malaysia zu bauen.
Bei den Speicherchips sieht alles danach aus, als werde Europa auch künftig abhängig von Lieferanten aus Übersee sein. Micron ist die Nummer drei der Produzenten. Führend in dem Geschäft sind Samsung und SK Hynix aus Südkorea. 2009 ging mit Qimonda der letzte deutsche Anbieter pleite.
„Wir sind der einzige Produzent von Arbeitsspeichern und Datenspeichern in der westlichen Hemisphäre“, sagte Mehrotra dem Handelsblatt. Von der US-Regierung forderte der Manager in der Vergangenheit mehrfach Subventionen, um in Amerika investieren zu können. Denn die Kosten in den USA seien um bis zu 45 Prozent höher als in Asien.
Nun bekommt der Konzernherr die Zuschüsse, kann sich mit der Grundsteinlegung aber Zeit lassen. Denn das Geschäft läuft nicht so recht. Der Konzern werde das untere Ende der eigene Prognose im laufenden Quartal womöglich verfehlen, teilte Micron am Dienstag mit. Das vierte Quartal des Geschäftsjahrs dauert bis Ende August. Im nächsten Quartal würden Umsatz und Marge deutlich sinken.
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