Ist Huawei eine Gefahr für den Westen? Gründer und Chef Ren Zhengfei weist die US-Vorwürfe zurück, fordert Steuersenkungen in China – und warnt vor einem neuen kalten Krieg.
Huawei-Chef Ren Zhengfei
Ren Zhengfei im Exklusivinterview mit Handelsblatt-Chefredakteur Sven Afhüppe und „Wirtschaftswoche“-Chefredakteur Beat Balzli.
Bild: Egill Bjarki für Handelsblatt
Shenzhen Seit Monaten diskutieren Spitzenpolitiker in aller Welt über den Einsatz chinesischer Telekommunikationstechnik – und deren Risiken. Nun meldet sich erstmals Huawei-Gründer Ren Zhengfei zu Wort und macht den USA schwere Vorwürfe. „Leider sehen die USA die 5G-Technik als eine strategische Waffe. Für sie ist es eine Art Atombombe“, sagte Ren Zhengfei in einem Interview mit dem Handelsblatt und der „Wirtschaftswoche“.
Ren warnte sogar vor einem „neuen kalten Krieg“. Gerade der „amerikanische Handelskrieg“ führe dazu, dass die Welt sich radikalisiere und weniger ausgeglichen sei. Wenn der Westen einen solchen Konflikt nicht wolle, „muss er offen bleiben und den Aufstieg anderer Länder hinnehmen“, sagte der Chef des chinesischen Telekommunikationsunternehmens.
Gleichzeitig äußerte der chinesische Konzernchef aber auch Bewunderung für die Politik des US-Präsidenten. „Trump ist großartig, weil er in einem so kurzen Zeitraum eine Senkung der Steuersätze durchgesetzt hat – und das in einem demokratischen Land.“ Er hoffe, dass auch China seine hohen Steuersätze erheblich senken werde.
Huawei steht für Zukunft. Doch wie eng ist die Verbindung zur Kommunistischen Partei? Wie sicher sind die Daten? Der Konzern ist inzwischen zum Politikum geworden.
In Bezug auf die Spionagevorwürfe bot Ren ein „No-Spy-Agreement“ mit der Bundesregierung Deutschland an, um Berlins Sicherheitsbedenken zu beschwichtigen. Derzeit läuft auch in Deutschland eine Auktion von 5G-Frequenzen. Die EU hatte sich kürzlich grundsätzlich offen für den Einsatz chinesischer Technologie beim Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes gezeigt.
Vor allem die USA hatten die Europäer zuletzt dazu aufgerufen, Huawei nicht zu beteiligen. Sie werfen dem Unternehmen vor, über seine Telekomprodukte spionieren oder Netzwerke sabotieren zu können. Beweise dafür liegen aber bislang nicht vor. Huawei hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Herr Ren, Sie haben kürzlich Donald Trump wegen seiner Wirtschaftspolitik als einen großen Präsidenten gepriesen. Müsste er nicht Ihr größter Feind sein?
Unternehmen weltweit werden mit zu hohen Abgaben belastet. Wenn diese Belastung nicht verringert wird, haben Unternehmen keine Luft zum Atmen. Präsident Donald Trump ist großartig, weil er in einem so kurzen Zeitraum eine Senkung der Steuersätze durchgesetzt hat – und das in einem demokratischen Land.
Also hat Trump sogar Vorbildfunktion für die Welt?
Nun, sein Ziel sollte es auch sein, ausländische Investitionen anzuziehen. Wenn er andere Länder und ausländische Unternehmen weiter einschüchtert, werden sie weniger in den USA investieren. Seine Steuersenkungspolitik wäre dann viel weniger effektiv. Tatsächlich hoffe ich auch, dass China seine hohen Steuersätze erheblich senken wird.
Warum gerade jetzt?
Die hohen Steuersätze haben damals, als die Arbeitnehmerkosten niedrig waren, Sinn gemacht. Aber inzwischen sind die gestiegen. Wenn die Steuern daher nicht sinken, würde dies meiner Meinung nach der Entwicklung des Landes schaden.
Trump will auch Huawei einschüchtern. Die USA versuchen, ihre Alliierten, unter anderem Deutschland, davon zu überzeugen, keine Technik mehr von Ihnen einzusetzen oder zumindest die Sicherheitskontrollen massiv zu verschärfen. Hat sich der Boykott schon auf Ihr Geschäft ausgewirkt?
Nein. Unser Umsatz wuchs im ersten Quartal 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 30,6 Prozent und der Gewinn um 35,4 Prozent. Ich möchte deshalb jenen US-Politikern danken, die andere dazu aufgerufen haben, uns auf der ganzen Welt zu blockieren.
Warum?
Was die USA getan haben, hilft ihnen nicht, ihre Ziele zu erreichen. Es führt zum Gegenteil. Die derzeitige Debatte bringt viele zum Nachdenken: Die USA haben doch vor niemandem Angst. Aber warum haben sie jetzt Angst vor dem „kleinen Kaninchen“ Huawei? Wir müssen also wirklich gute Produkte herstellen.
Die USA macht also Werbung für Huawei... Warum, meinen Sie, gehen die USA so gegen Sie vor?
Leider sehen die USA die 5G-Technik als eine strategische Waffe. Für sie ist es eine Art Atombombe. Dem ist aber nicht so. Meiner Meinung nach gleicht unsere Technik eher einem Wasserhahn, aus dem die Datenpakete in den Umlauf, also ins Netzwerk, gebracht werden. Bloß ist der 5G-Wasserhahn größer und weiter als der 4G-Wasserhahn.
Aus Ihrem Munde klingt 5G-Technik harmlos...
Wären die Amerikaner nicht so darauf fixiert, wäre die Entwicklung nicht so beschleunigt worden. Um ganz ehrlich zu sein: Bevor die Amerikaner anfingen, so ein Getöse um die 5G-Technik zu machen, hatte ich Sorge um ihre Zukunft. Ich finde nämlich eigentlich, dass unsere Forscher zu schnell waren und es bei vielen kommerziellen Anwendungen noch gar keinen Bedarf gibt.
Glauben Sie denn, dass die Aktion der USA gegen Huawei politisch motiviert ist, weil die Amerikaner um ihre technologische Vorherrschaft fürchten.
Ja, die USA wollen nicht überholt werden. Auch wenn die Branche, in der wir tätig sind, nicht so wichtig ist, wollen die USA nicht, dass wir US-Unternehmen übertreffen. Wir sollen unterdrückt werden.
Ist Huawei vielleicht das prominenteste Opfer im Handelskrieg zwischen den USA und China?
Das würde ich nicht sagen. Schließlich hatten wir auf dem US-Markt schon immer so gut wie keinen Umsatz gemacht. Der einzige Effekt, den wir möglicherweise sehen, betrifft andere westliche Länder, die gute Beziehungen zu den USA pflegen.
Es gibt aber auch einen Schaden für die Reputation, oder? Nach der Warnung der US-Regierung hat das Vertrauen in die Huawei-Technologie weltweit nachgelassen.
Unsere Kunden, auch aus dem Westen, haben in unserer 30-jährigen Firmengeschichte viel Vertrauen in uns aufgebaut. Dieses Vertrauen wird nicht verschwinden, nur weil einige Leute mit Einfluss jetzt etwas sagen. Während die ganze Welt diesem Thema Beachtung schenkt, sollten wir uns die Frage stellen, was Huawei schon alles zur Gesellschaft beigetragen hat.
Und zwar?
Erstens hat Huawei weltweit rund 90.000 Patente zugesprochen bekommen. Das sind alles neue Patente, die viel zur Netzwerktechnik beitragen. Zweitens hat Huawei nicht nur drei Milliarden Menschen auf der ganzen Welt miteinander verbunden, sondern auch neue Verbindungen von allen möglichen Wirtschaftszweigen wie der Finanzbranche ermöglicht. Wenn Huawei verschwindet, wäre das eine Bedrohung für die ganze Welt.
Donald Trump befürchtet, dass mit China gerade eine neue Supermacht heranwächst, die den USA den Platz als Weltmacht Nummer eins streitig macht. Geht es hier vielleicht um mehr als „nur“ einen Handelskonflikt. Droht uns ein neuer kalter Krieg?
Ich habe ähnliche Bedenken. Der US-amerikanische Handelskrieg führt dazu, dass sich die Welt radikalisiert und weniger ausgeglichen ist. Einige westliche Länder ergreifen in bestimmten Angelegenheiten gerne Partei. Wenn China und Russland auch Stellung beziehen würden, könnte es tatsächlich zu einem erneuten kalten Krieg kommen.
Wie kann das verhindert werden?
Wenn der Westen den neuen kalten Krieg nicht will, muss er offen bleiben und den Aufstieg anderer Länder hinnehmen. Wir sollten uns wieder auf wirtschaftliche Entwicklung konzentrieren und Frieden schaffen. Wenn zum Beispiel Europa noch mehr Handel mit anderen Ländern betreiben würde, könnte das Handelsvolumen um eine weitere Billion Euro wachsen. Es würde weniger Konflikte geben. Außerdem hätten die europäischen Länder dann auch mehr Einnahmen, die ihnen bei der Lösung einiger interner Probleme helfen könnten.
(von rechts) Sha Hua, Sven Afhüppe, Ren Zhengfei, Beat Balzli, Jörn Petring
Der Gründer des chinesischen Telekommunikationskonzerns Huawei, Ren Zhengfei, befürchtet einen „neuen Kalten Krieg“.
Bild: Egill Bjarki für Handelsblatt
Aber die amerikanische Regierung sowie die EU werfen ja China vor, selbst nicht offen genug zu sein. Viele Sektoren sind ausländischen Investoren verschlossen.
China öffnet sich bereits jeden Tag mehr. Laut dem neuen Gesetz zur Regelung von ausländischen Investitionen, das auf dem Volkskongress diesen März verabschiedet wurde, können deutsche Auto- und Maschinenbauer nun ihre vollkommen eigenständigen Firmen hier gründen. Sie können hier also ihren Absatzmarkt erweitern und ihre Kosten senken. Letztlich bringt das doch auch mehr Wohlstand für Deutschland.
Ein neuer kalter Krieg wäre für die Weltwirtschaft, also auch für Unternehmen wie Huawei, Daimler, Siemens und andere, sehr schlecht. Fürchten Sie eine neue Ära des Protektionismus auf der ganzen Welt?
Ich glaube nicht, dass dieser neue Protektionismus lange anhalten wird. Große westliche Unternehmen, nicht wir, sind am meisten besorgt über den Protektionismus. Wenn westliche Firmen ihre Waren nicht mehr an die 1,3 Milliarden Menschen in China bringen können, werden ihre Ergebnisse und Aktienkurse darunter leiden, und ihre Märkte werden hart getroffen.
Auch Forschung und Innovation könnten in Mitleidenschaft gezogen werden ...
Ja, denn viele kleine Firmen haben wegbereitende Erfindungen und Produkte. Sollten die USA ihnen nicht erlauben, diese an China zu verkaufen, müssen sie entweder hierhin oder zum Beispiel nach Deutschland auswandern. Denn kein Unternehmen kann überleben, wenn es seine Produkte nicht verkaufen kann.
Zu einem kalten Krieg gehören auch Geheimdienstoperationen. Im chinesischen Recht gibt es eine Regelung, die besagt, dass Unternehmen Hilfe leisten müssen, wenn es um die nationale Sicherheit geht. Wie gehen Sie damit um?
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hat Staatsrat Yang Jiechi deutlich gemacht, dass sich chinesische Firmen immer an die Gesetze und Vorschriften des Landes halten müssen, in dem sie tätig sind. China hat kein Gesetz, das Unternehmen verpflichtet, „Hintertüren“ zu installieren oder ausländische Informationen auszuspähen. Premier Li Keqiang hat das grade auch auf der Jahrestagung des Volkskongresses noch einmal wiederholt. Hat die chinesische Regierung ihre Haltung damit nicht deutlich genug gemacht?
Die USA werfen Huawei vor, es würde mit seiner Technologie der chinesischen Regierung bei der Spionage helfen. Wurden Sie jemals von der chinesischen Regierung um einen besonderen Gefallen gebeten?
Noch nie. Wir haben uns sehr bemüht zu zeigen, wer wir wirklich sind, aber die US-Regierung glaubt uns nicht. Jetzt müssen sie Fakten und Beweise liefern, um ihre Anschuldigungen gegen Huawei zu stützen.
Sie haben also noch nie „Hintertüren“ in Ihre Technik eingebaut?
Wenn Huawei in irgendeinem Land jemals bösartig gehandelt hätte, wenn wir etwa eine Hintertür in unsere Ausrüstung eingebaut hätten, würden wir unsere Märkte in über 170 Ländern riskieren. Alle unsere Mitarbeiter könnten ihren Job verlieren. Das wäre schlimmer als der Tod für mich. Wie könnte ich also zustimmen, irgendwelche Hintertüren einzubauen?
Erzählt die US-Regierung etwa nur Märchen?
Ja sicher, es sind nur Märchen.
Aber es ist doch ein Fakt, dass Ihre Mitarbeiter Technologie gestohlen haben. Huawei musste 2014 eine Millionenstrafe an T-Mobile, das Tochterunternehmen der Deutschen Telekom, zahlen, weil zwei Ihrer Ingenieure dort den Arm eines Testroboters mitgehen ließen.
So wie wir den Schutz unserer eigenen Rechte an geistigem Eigentum ernst nehmen, respektieren wir uneingeschränkt die Rechte an geistigem Eigentum anderer.
Industriespionage gibt es nicht?
Es gab vereinzelte Fälle, in denen einzelne Mitarbeiter die Unternehmensrichtlinien nicht eingehalten haben. Huawei hat schließlich über 180.000 Mitarbeiter. Solche, die Fehler machen, werden diszipliniert. Unser Erfolg ist vor allem unserem Fokus auf eigene Forschung geschuldet. Wir sind unseren Mitbewerbern voraus. Deshalb sind die USA jetzt hinter uns her.
Vertrauen Sie US-amerikanischen Technologieunternehmen wie Google, Amazon und Facebook, wenn es um Datenschutz geht?
100-prozentige Sicherheit ist in allen Technologien fast unmöglich. Wenn wir versuchen würden, ein Informationsnetz aufzubauen, das vor absolut allen Risiken schützt, wären die Kosten enorm. Unsere Netzwerke sollen uns nur vor feindlichen Konkurrenten und böswilligen Angriffen schützen. Wir als Huawei haben keine feindlichen Konkurrenten unter den westlichen Unternehmen, also schützen wir uns nicht vor westlichen Unternehmen. Wir schützen uns auch nicht vor der US-Regierung, der deutschen Regierung, der chinesischen Regierung oder einer anderen Regierung. Sie werden keine Informationen über uns an unsere Wettbewerber weiterleiten.
Nie zuvor haben die USA Handelsstrafen so offensiv eingesetzt wie heute. Der Druck zeigt Wirkung: Auch Europa lässt sich auf Handelsgespräche ein.
Bei dem mangelnden Vertrauen in die Huawei-Technologie geht es vielleicht auch um erhebliche kulturelle Unterschiede. Der Datenschutz ist ein zentrales Prinzip für die Menschen in Europa. In China ist das viel weniger ausgeprägt. Verstehen Sie also die Sorgen der europäischen Bürger und Politiker?
Mit Sicherheit. Huawei hält sich strikt an die Datenschutz-Grundverordnung in Europa. Aber bitte vergessen Sie nicht: Huawei ist nur ein Netzwerkausrüster. Die Netzwerkbetreiber und Internet-Service-Provider sind die Eigentümer des Netzes. Wir bauen den Wasserhahn, für den Wasserstrom sind andere zuständig.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich dagegen ausgesprochen, Huawei in Deutschland auszusperren. Gab es Gespräche zwischen Huawei oder Peking mit der deutschen Seite?
Ich denke, Angela Merkel ist großartig. Ich weiß nicht, was die chinesische Regierung denkt. Sie spricht mit mir nicht darüber. Letzten Monat haben wir uns mit dem deutschen Innenministerium unterhalten und gesagt, dass wir bereit wären, ein No-Spy-Agreement mit der deutschen Regierung zu unterzeichnen und zu versprechen, dass Huawei keine Hintertüren in die Netzwerke einbauen wird. Ich würde auch die chinesische Regierung dazu drängen, ein No-Spy-Agreement mit Deutschland zu unterzeichnen, in dem sich Peking zusätzlich dazu verpflichten könnte, sich an die EU-Datenschutz-Grundverordnung halten zu wollen.
Was ist denn Ihrer Meinung nach eine gute Lösung für Deutschland?
Die europäischen Länder möchten sicherlich nicht, dass ihre Daten nach China übermittelt werden. Sie wollen definitiv auch nicht, dass ihre Daten in die USA übertragen werden. Deutschland hat vorgeschlagen, Netzwerke mit Geräten von mehreren Anbietern aus verschiedenen Ländern aufzubauen. Wir unterstützen diesen Vorschlag.
Trotzdem trauen Ihnen längst nicht alle. Denn China ist keine Demokratie und Marktwirtschaft wie Deutschland. Es gibt viele Staatsunternehmen. Wie nah ist Huawei der Regierung?
Ich weiß nicht, was die chinesische Regierung denkt. Sie sagt mir nichts. Huawei ist ein Privatunternehmen, befolgt die Gesetze in China und zahlt Steuern an die chinesische Regierung.
Sie sind einer der bekanntesten Wirtschaftsführer in China. Normalerweise besteht eine enge Beziehung zwischen solchen Führungskräften und der Regierung. Wann wurden Sie zuletzt von Präsident Xi empfangen?
Das war 2015 in Großbritannien. Präsident Xi besuchte unsere britische Niederlassung, daher begleitete ich ihn bei diesem Besuch.
In einem Interview mit dem chinesischen Staatsfernsehen haben Sie erzählt, dass Sie neulich die Einladung Pekings abgelehnt haben, an der Jubiläumsfeier für 40 Jahre Reform und Öffnung teilzunehmen. Wie lehnt man so etwas ab?
Ich möchte mich vollkommen auf Huawei konzentrieren können. Man kann eine solche Einladung ohne Weiteres ablehnen, auch Peking wandelt sich und wird immer offener.
Sie sagen, Sie haben keine besondere Beziehung zur Regierung. Aber neulich hat Neuseeland einen Boykott gegen Huawei verhängt. Und kurz darauf hat dann sofort die chinesische Regierung großen Druck auf die Regierung dort ausgeübt. Also gibt es wirklich keine Verbindung?
Wir werden künftig keine 5G-Technik an Neuseeland und Australien verkaufen. Die chinesische Regierung hat unsere Absichten nicht verstanden, und ihre Bemühungen dürften vergeblich sein.
Ein anderes Beispiel: Vor einigen Wochen haben Sie eine Einladung zu einer Huawei-Veranstaltung an US-Journalisten verschickt. Die chinesische Botschaft in Washington hat dieselbe Einladung an die Journalisten gesendet. Auch hier soll es keine Verbindung gehen?
Wir haben ein Einladungsschreiben an die Medien veröffentlicht. Berichte, dass die Einladung über die Botschaft verteilt wurde, sind falsch.
Zu Beginn der US-Angriffe gegen Huawei wurde Ihre Tochter Meng Wanzhou in Kanada festgenommen. Ihr wird vorgeworfen, mit Bankgeschäften gegen Sanktionen gegen den Iran verstoßen zu haben. Wie kommentieren Sie diesen Fall?
Ich denke, die USA müssen Beweise vorlegen. Wenn sie keine ausreichenden Beweise vorlegen, habe ich Grund zu der Annahme, dass sie als politische Geisel gehalten wurde. Ich denke, was vor Gericht wirklich zählt, sind Fakten und Beweise.
Wie oft sprechen Sie mit Ihrer Tochter?
Wir rufen uns an, wann immer wir wollen. Die Amerikaner, die unsere Anrufe abhören, haben es wirklich schwer. Sie wissen ja nicht, wann wir miteinander telefonieren, und müssen deshalb allzeit bereit sein und viel warten.
Als Antwort auf den US-Boykott haben Sie die US-Regierung verklagt. Glauben Sie, dass Sie eine Chance haben, diesen Prozess zu gewinnen?
Wir glauben immer noch an die Gewaltenteilung in den USA, an die Unabhängigkeit des US-Justizsystems und an die Stärke des US-Rechtssystems. Wir glauben, dass wir gewinnen werden.
Und wenn nicht?
Wenn Huawei den Fall gewinnt, wird das beweisen, dass die USA ein großartiges Rechtssystem haben. Wenn Huawei den Fall verliert und die USA noch immer keine soliden Beweise für ihre Anklage gegen Huawei vorlegen, wird dies auch unsere Unschuld beweisen.
Tun Sie das jetzt also, um Ihr Image in den USA zu verbessern?
Die USA bekämpfen Huawei. Wir haben keine Pläne, dort einen großen Marktanteil zu erreichen. Wir haben keine andere Wahl, als uns vor Gericht zu verteidigen.
Huawei ist ein führendes Technologieunternehmen. Ihre Philosophie basiert darauf, bescheiden zu bleiben, leidenschaftlich zu sein, hart zu arbeiten und sich jeden Tag zu verbessern...
Moment. Es gibt viele, die jeden Tag hart schuften, und trotzdem können sie keinen Reichtum aufbauen. Ich würde sagen, dass unsere Philosophie ist, eine Richtung zu haben und Wert für den Kunden zu schaffen. Denn eigentlich hat der Kunde das Geld. Wenn wir es nur nehmen würden, aber nichts damit machten, wären wir Diebe. Aber Kunden geben einem gerne ihr Geld, wenn man damit mehr Wert schaffen kann. Das erst ist ein fairer Austausch.
Huawei schafft viel Wert für sich und investiert zehn bis 15 Prozent des Jahresumsatzes in Forschung und Entwicklung. Was ist die nächste große Innovation, die Huawei hervorbringen wird?
Ich denke, unsere zukünftigen Innovationen werden immer darauf ausgerichtet sein, Menschen auf der ganzen Welt miteinander zu vernetzen. Aber es ist auch wichtig, die Forscher machen zu lassen. Mit unserem neusten Smartphone, dem P30, kann man Objekte fotografieren, die einen Kilometer weit weg sind. Es hat sogar eine Nachtsichtfunktion. Nun kann man sich natürlich fragen, ob normale Nutzer so etwas wirklich brauchen. Aber davon träumen nun mal unsere Forscher. Und wir bei Huawei haben Verständnis dafür.
Wie wichtig wird Künstliche Intelligenz (KI) zukünftig für Huawei sein?
Sehr wichtig. Aber für Deutschland wird sie sogar noch wichtiger sein.
Warum?
Weil die Produktion in Deutschland bereits jetzt hochautomatisiert ist und durch Informationstechnologien unterstützt wird. Ich denke, Deutschland ist gut aufgestellt, um den Umbau zur Industrie 4.0 zu verwirklichen. Wenn Künstliche Intelligenz in Deutschland weit verbreitet ist, kann eine Person eine Arbeit ausführen, für die derzeit zehn Personen erforderlich sind. Wenn das Realität wird, wird die arbeitende Bevölkerung praktisch von 45 Millionen auf 450 Millionen steigen, was Deutschland zu einer noch größeren Industrienation machen wird.
Deutsche Unternehmen sollten also mehr in KI investieren?
Ja. Die Verwendung von KI bedeutet nicht unbedingt, dass KI in Deutschland hergestellt werden muss. Egal, woher die Technologie kommt, solange Technologie Wohlstand für Deutschland schaffen kann, sollten sich deutsche Unternehmen dafür einsetzen. Derzeit sind die USA bei KI am stärksten. Deutschland muss seinen Arbeitskräftemangel überwinden, wenn es mit seiner Industrie einen Sprung machen will.
Planen Sie neue Investitionen in Deutschland?
Ja, das machen wir. Wir haben viele Forschungszentren in Deutschland und eine Fabrik im bayerischen Weilheim eingerichtet, um Hochleistungsgeräte herzustellen. Schritt für Schritt werden wir unsere Produktionsanlagen für Spitzenprodukte nach Europa verlegen. Kürzlich haben wir in Cambridge 513 Hektar Land für die Herstellung optischer Chipsätze gekauft. Einige unserer Produktionsanlagen für 5G-Basisstationen werden sich möglicherweise in Europa befinden.
Wie wichtig ist Deutschland für Huawei?
Deutschland ist einer unserer bevorzugten Standorte. Neben unserer Investition in Deutschland stammen auch viele der hier in China eingesetzten Technologien und Geräte aus Deutschland. Unsere Software stammt hauptsächlich von Siemens und Bosch. Auch die Zusammenarbeit von Huawei mit dem Kamerahersteller Leica ist ein perfektes Beispiel für unsere Investition in Deutschland.
Dürfen wir Ihnen eine persönliche Frage stellen? Sie sind jetzt 74 Jahre alt. Wie lange planen Sie, Huawei zu betreiben?
Das hängt davon ab, wie schnell Google mit einem Medikament auf den Markt kommen kann, das den Menschen hilft, für immer zu leben.
Wir haben viel über den Handelskrieg, den kalten Krieg, die europäische Politik und die chinesische Politik gesprochen. Könnten Sie sich vorstellen, in den letzten Jahren Ihrer Karriere in die Politik zu wechseln?
Ich bin Geschäftsmann und werde immer Geschäftsmann bleiben. Ich werde nie etwas mit Politik zu tun haben.
Im Moment besitzen laut Huawei nur die eigenen Mitarbeiter Anteile am Unternehmen. Haben Sie vor, das Unternehmen eines Tages an die Börse zu bringen?
Nein, vorerst nicht. Vielleicht in 3000 Jahren. Wenn Sie also geduldig genug sind, können Sie unsere Aktien dann kaufen.
Vielen Dank für das Interview, Herr Ren.
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