Cloud, Big Data, IT-Sicherheit: Die Angebote von IT-Dienstleistern sind so gefragt wie nie. Finanzinvestoren wollen am Boom teilhaben – und formen mit viel Kapital schlagkräftige Plattformen.
Cloud, Big Data, IT-Sicherheit: Dienstleister sind gefragt
Finanzinvestoren konsolidieren den Markt der IT-Dienstleister.
Bild: dpa
Frankfurt, Düsseldorf Für viele IT-Dienstleister sind es goldene Zeiten: Anbieter, die Cloud-Dienste einführen, bei der Entwicklung einer Datenstrategie unterstützen oder die IT-Sicherheit stärken, haben volle Auftragsbücher. Trotz wirtschaftlicher Unsicherheit investieren Unternehmen in die Digitalisierung.
An diesem Boom wollen Finanzinvestoren teilhaben. Private-Equity-Gesellschaften kaufen seit einigen Jahren IT-Dienstleister verschiedener Art und Größe, um daraus größere Unternehmen zu schmieden. Sie hoffen darauf, Umsatz- und Gewinnwachstum der übernommenen IT-Dienstleister zu beschleunigen.
Zahlen des Beraterhauses Alantra für den deutschsprachigen Raum belegen diesen Trend: Seit 2015 übernahmen Finanzinvestoren rund 50 Plattformen für IT-Dienstleistungen, darunter Cloudflight, Valantic und Skaylink. Diese Firmen wiederum tätigten ihrerseits mehr als 220 Unternehmenszukäufe.
In der bislang zersplitterten Branche mit einigen Konzernen wie Capgemini, Atos oder T-Systems und einer Vielzahl an kleinen und mittelständischen Firmen läuft eine Konsolidierungswelle. Für Kunden bedeutet das oft bessere und umfassendere Dienstleistungen – aber manchmal auch höhere Preise.
Derzeit im Markt ist etwa Intive, das Beschleunigung bei der digitalen Transformation verspricht. Eigentümer Mid Europa Partners hat Finanzkreisen zufolge Goldman Sachs als Verkaufsberater gewählt. Bieter könnten die Firma, die auf ein Betriebsergebnis (Ebitda) von 30 bis 35 Millionen Euro kommt, mit 400 bis 500 Millionen Euro bewerten.
Zum Verkauf steht Finanzkreisen zufolge die Digitalagentur FFW des Investors Findos. Die Firma mit zwölf Millionen Euro Ebitda könnte bei einem Deal mit 150 bis 160 Millionen Euro bewertet werden. Jambit, im Besitz der Gründer, könnte mit seinen rund sieben Millionen Euro Ebitda auf eine Bewertung von 70 bis 80 Millionen Euro kommen, wenn die Firma demnächst den Besitzer wechselt. Die Firmen lehnten Stellungnahmen ab.
Alle drei Verkaufsprozesse laufen noch und haben trotz der unterschiedlichen Größe eines gemeinsam: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Käufer ein Private-Equity-Investor sein wird. Auf der Suche nach attraktiven Renditen sind Unternehmen begehrt, die sich mit Digitalisierung beschäftigen.
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Dabei werden zwei komplementäre Strategien verfolgt. Entweder wird das Unternehmen als Kern für einen neuen IT-Dienstleister genutzt, oder es handelt sich um eine sogenannte Add-on-Akquisition, die ein existierendes Unternehmen um Spezialisten ergänzt und neue Kundengruppen erschließt.
Dieses Vorgehen entspricht der Branchenlogik. „Ein IT-Dienstleister braucht heute eine gewisse Mindestgröße, um sich bei Ausschreibungen durchsetzen zu können“, sagt Mario Zillmann, Partner der Beratungsfirma Lünendonk. Bei immer mehr Aufträgen sei eine Kombination mehrerer Kompetenzen gefragt. So würden in Ausschreibungen immer stärker Beratungs- und Technologiethemen gleichermaßen angefragt.
Ein Beispiel: Wenn ein Unternehmen die neue Generation von SAP-Software einführt, ist neben dem technischen Know-how meist auch Unterstützung bei der Anpassung von Geschäftsprozessen gefragt. „Es gibt viele kleine und mittlere Unternehmen, die solche Anforderungen nicht aus eigener Kraft erfüllen können“, sagt Zillmann.
Der Markt ist attraktiv. Firmen müssen ihre IT-Infrastruktur modernisieren, um die Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz und internetfähiger Produkte (Internet of Things) nutzen zu können. Auch für den digitalen Kundenkontakt, ob per Website oder App, braucht es moderne Technologie. Gleichzeitig sind Investitionen in IT-Sicherheit überlebenswichtig.
Die IT-Budgets steigen daher in vielen Organisationen. „Die Verlagerung der IT-Infrastruktur in die Cloud und die Themen digitaler Arbeitsplatz, Cybersecurity und Data-Analytics sind wesentliche Treiber für die Digitalisierung, besonders im Mittelstand“, sagt Mathias Heymann, Technologieexperte beim Beraterhaus Alantra.
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Die starke Fragmentierung der IT-Services-Landschaft in Deutschland bei gleichzeitig steigenden Kundenanforderungen treibe die Konsolidierung und den gezielten Aufbau von größeren Plattformen voran. Finanzinvestoren unterstützten den Prozess, was sich in steigenden Deal-Volumina und hohen Bewertungen spiegele.
Die Kräfte kleiner Anbieter reichen aber oft nicht mehr aus. „Die Anforderungen des Kunden im Hinblick auf IT-Dienstleister werden komplexer. Dies zeigt sich auch in gestiegenen Projektbudgets, die von kleinen Anbietern häufig nicht mehr bedient werden können“, sagt Christoph Bregulla von der Investmentbanking Boutique MCF. „Private Equity steht mit Kapital und Erfahrung bereit, größere Einheiten in einem nach wie vor fragmentierten Markt zu schaffen.“
Transaktionen der vergangenen Monate zeigen, dass Finanzinvestoren genau diese Strategie verfolgen. Der auf die Einführung und den Betrieb von Cloud-Diensten spezialisierte Münchener Dienstleister Skaylink – formiert mithilfe des Finanzinvestors Waterland – kaufte im November den kleinen dänischen Rivalen cVation.
„Alle Investoren gucken auf Software und Digitalisierungsdienstleister, weil diese trotz engerer Budgets auf Kundenseite noch wachsen, auch in der Krise“, sagt Carsten Rahlfs, Managing Partner bei Waterland. Viele Unternehmen seien beispielsweise dabei, das SAP-Programm S/4 Hana einzuführen. „Das verschafft einem Implementierungsanbieter über Jahre eine Sonderkonjunktur.“
Die Schweizer Partners Group wiederum erwarb im November den Münchener Digitalisierungsdienstleister Cloudflight zu einer Bewertung von rund 400 Millionen Euro und kündigte Initiativen an wie den Ausbau der technischen Fähigkeiten der Teams, die Expansion in neue Märkte und eine Professionalisierung interner Strukturen.
Beim Berliner Wettbewerber Init stieg im Januar die niederländische Private-Equity-Firma Rivean Capital ein, Finanzkreisen zufolge zu einer Bewertung von knapp 300 Millionen Euro. „Rivean bevorzuge Investments nicht in ‚fertige Firmen‘, sondern in solche, die sich professionalisieren lassen“, sagt Matthias Wilcken von der Investmentfirma.
„Um IT-Dienstleister weiterzuentwickeln, braucht es nicht nur Kapital, sondern Expertise und eine spezifische Kenntnis des lokalen Markts. Denn Kunden benötigen oft nicht das Standardprodukt für ihre IT-Themen, sondern maßgeschneiderte Lösungen.“
Wenn Private Equity mit seiner Buy-&-Build-Strategie bei IT-Dienstleistern fertig ist, ist der Weiterverkauf an einen Beratungs- oder Dienstleistungskonzern die naheliegendste Option, in manchen Fällen auch ein Börsengang. In den vergangenen zwei Jahren gab es mehrere solcher Exits: McKinsey kaufte S4G, IBM Neudesic, Accenture Infinity und Allgeier Evora.
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Ganz ohne Risiko ist die Strategie nicht. „Beim ‚Company Building‘ besteht die Herausforderung, eine einheitliche Unternehmenskultur zu schaffen und das Führungsteam auf ein Ziel einzuschwören“, sagt Lünendonk-Partner Zillmann. Nur dann sei es möglich, Kunden ganzheitlich zu beraten und ein attraktiver Arbeitgeber zu sein.
Nicht immer werde das gelingen, ist der Partner überzeugt. „Aber das werden wir erst später sehen – die Welle läuft ja erst seit ein paar Jahren und noch fehlen Erfahrungswerte.“
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