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14.12.2021

14:53

IT-Konzern

Neuer Investor: Software AG holt Silver Lake an Bord – Aktie stürzt ab

Von: Christof Kerkmann

Der deutsche IT-Konzern will Kapital und Know-how des Technologieinvestors nutzen, etwa für Übernahmen. Karl-Heinz Streibich räumt dafür den Aufsichtsratsvorsitz.

Mit dem „Projekt Helix“ richtet der Vorstandschef die Software AG neu aus. Softwareag

Sanjay Brahmawar

Mit dem „Projekt Helix“ richtet der Vorstandschef die Software AG neu aus.

Düsseldorf Die Software AG will die strategische Neuausrichtung mit einem externen Partner beschleunigen: Der US-Technologieinvestor Silver Lake steigt mit 344 Millionen Euro bei dem deutschen IT-Konzern ein. Ziel sei, die „Chancen in einem schnell wachsenden Markt noch besser zu nutzen“, erklärte Software-AG-Chef Sanjay Brahmawar am Dienstag – auch durch Übernahmen.

Der Investor erhält zwei Sitze im Aufsichtsrat. Chefkontrolleur Karl-Heinz Streibich, der das Unternehmen von 2003 bis 2018 als Vorstandsvorsitzender geprägt hat, legt sein Mandat zum 31. Januar nieder. Ihn soll Silver-Lake-Manager Christian Lucas ersetzen. Ralf Dieter, Vorstandschef der Dürr AG, macht Platz für den früheren Red-Hat-Chef Jim Whitehurst.

Die Aktionäre nahmen die Ankündigung mit Enttäuschung auf. Der Kurs der Software AG stürzte am Dienstag um bis zu 11,6 Prozent auf 34,16 Euro ab und verzeichnete damit die größten Verluste im MDax. Seit Ende November war die Aktie nach Verkaufsgerüchten deutlich gestiegen – die Hoffnung auf eine Prämie durch einen kurzfristigen Deal habe sich nun zerschlagen, urteilt Knut Woller, Analyst der Baader Bank.

Das Geschäft der Software AG stagniert trotz der Digitalisierung der Wirtschaft seit Jahren. An der Börse ist der Konzern im Vergleich zu anderen Softwareherstellern mit 2,5 Milliarden Euro niedrig bewertet. Vorstandschef Sanjay Brahmawar hat daher unter dem Namen „Projekt Helix“ eine neue Strategie entwickelt, durch die der Umsatz bis 2023 auf eine Milliarde Euro steigen soll – im vergangenen Jahr betrug er 834 Millionen Euro. Die operative Marge soll sich von zuletzt 21,2 Prozent auf 25 bis 30 Prozent verbessern.

Brahmawar will dazu das Zukunftsgeschäft in der Sparte „Digital Business Platform“ ausbauen, etwa mit Technologien für die Analyse von Geschäftsprozessen und die Auswertung großer Datenmengen und die Integration verschiedener Programme in einer Organisation. Die Datenbanksparte „Adabas & Natural“ ist hochprofitabel, schrumpft aber in Zeiten des Cloud-Computings langfristig.

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Bei der Neuausrichtung verändert sich im Darmstädter Konzern viel, technisch, geschäftlich und auch kulturell. So vermarktet der Softwarehersteller seine Produkte nun primär in Abonnements über die Cloud, wie es in der Technologiebranche heute Standard ist. Zudem bemüht sich das Management um einen tiefgreifenden Kulturwandel in der 50 Jahre alten Organisation.

„Bestätigung für die Strategie“

Die Partnerschaft mit Silver Lake sieht Software-AG-Chef Brahmawar als „deutliche Bestätigung“ für die Strategie, das Team und das Wachstumspotenzial des Konzerns. Der Finanzinvestor zähle zu den „Besten der Besten, wenn es darum geht, dass Wachstumsunternehmen ihr Potenzial erreichen sollen“, sagte er. Er werde eine aktive Rolle einnehmen und das Managementteam unterstützen.

Die Software-AG-Stiftung von Gründer Peter Schnell, die 31 Prozent der Aktien hält, unterstützt die Partnerschaft. „Wir freuen uns, dass das Team bei der weiteren Transformation des Unternehmens hin zu nachhaltigem, profitablem Wachstum mitwirken wird“, erklärte Schnell. Er stehe weiterhin „voll hinter der Strategie und der Vision des Managementteams“.

Silver Lake ist im Technologiesektor ein bekannter Name. Die Investmentgesellschaft verwaltet Vermögenswerte in Höhe von 90 Milliarden Dollar, im Portfolio sind Start-ups wie der Lieferdienst Getir, das Fintech Klarna und der Mobilitätsdienstleister Flix Mobility, aber auch börsennotierte Konzerne wie Airbnb, Twitter und Splunk.

Der Aufsichtsratschef der Software AG legt sein Mandat nieder. dpa

Karl-Heinz Streibich (Archiv)

Der Aufsichtsratschef der Software AG legt sein Mandat nieder.

Bei der Software AG erwirbt Silver Lake eine Wandelschuldverschreibung, die mit zwei Prozent verzinst ist und Anfang 2027 fällig wird. Die Investmentgesellschaft kann die Summe zu einem Preis von 46,54 Euro in Aktien umwandeln, ein Aufschlag von 20 Prozent auf den Schlusskurs vom Freitag. Das entspricht rund zehn Prozent des Gesamtkapitals. Zuvor hatte das Management mehrere strategische Optionen geprüft, darunter einen Verkauf, und dafür eine Investmentbank beauftragt.

Die Software AG will das neue Kapital in das weitere Wachstum investieren, nicht zuletzt durch Übernahmen. In diesem Jahr habe das Management „die Pipeline aufgebaut“, sagte Brahmawar – „2022 wird ein Jahr für Übernahmen sein“. Dabei sucht der Konzern schnell wachsende Cloud-Anbieter, die bereits über ein funktionierendes Geschäftsmodell verfügen.

Mehr Sichtbarkeit in Nordamerika

Bei der Partnerschaft gehe es nicht nur ums Kapital, betonte Brahmawar. Silver Lake verfüge über große Expertise in der Technologiebranche. Der Name des Partners verschaffe dem Softwarekonzern auch mehr Sichtbarkeit, besonders in Nordamerika – also dem Markt, der für die künftige Entwicklung besonders wichtig ist. Zudem habe der Investor Erfahrungen mit der Übernahme von Softwareanbietern.

In ihren ersten Reaktionen bewerteten die Analysten die Ankündigung positiv. Die Partnerschaft mit Silver Lake sei ein „stillschweigendes Eingeständnis, Geschäftsmöglichkeiten verpasst zu haben“, schrieb Andreas Wolf von der Investmentbank Warburg. Wenn eine Rückkehr auf den Wachstumskurs gelinge – auch mit Zukäufen –, werde sich das positiv auf den Aktienkurs auswirken.

Allerdings werden die Aktionäre vermutlich einige Geduld haben müssen. Damit die Software AG ihren Börsenwert steigern könne, müsse sie das Wachstum beschleunigen, und zwar auch durch Neugeschäft, erklärte Knut Woller von der Baader Bank. Der Beweis, dass das gelinge, müsse erst noch erbracht werden.

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