Die Topmanagerin von Microsoft hat Eigenschaften, die SAP sehr gut gebrauchen kann: technische Expertise und zugleich einen souveränen Auftritt.
IT-Managerin Julia White
Die Amerikanerin wechselt von Microsoft zu SAP und soll dort das Marketing neu ausrichten.
Bild: Getty Images for Microsoft
Düsseldorf Es ist selten, dass sich Präsentationen neuer Produktivitätslösungen im Internet viral verbreiten. Genau das gelang jedoch Julia White im Jahr 2014: Satya Nadella ließ sie bei einem seiner ersten öffentlichen Auftritte als Microsoft-Chef vorführen, wie das Programmpaket Office auf dem iPad lief.
Dabei überzeugte die Produktmanagerin White mit ihrem dynamischen Auftritt ebenso wie mit ihrer lässigen Lederjacke. Die Technikszene bejubelte sie auf Twitter, das Portal „Business Insider“ pries sie als „erste wirklich coole Führungskraft bei Microsoft seit Jahren“.
Technische Expertise und ein erfrischender Auftritt: Diese Eigenschaften wird die 47-jährige Amerikanerin künftig im Auftrag von SAP einsetzen. Der deutsche Konzern hat am Freitag angekündigt, dass sie das neue Ressort „Marketing and Solutions“ übernehmen wird, zunächst mit einem Dreijahresvertrag.
Nach dem Abschied von Bill McDermott vor zwei Jahren, der sich in seiner Rolle als Vorstandschef auch als oberster Markenbotschafter begriff, siedelt der Konzern das Marketing nun offiziell im Vorstand an. Die Ernennung von Julia White sei Teil der Neuausrichtung von SAP, betonte Konzernchef Christian Klein in einem Gespräch mit dem Handelsblatt: Es handle sich „um einen sehr wichtigen Puzzlestein in der neuen Strategie“.
Seine neue Kollegin soll den Kunden das Portfolio besser näherbringen, vor allem Lösungen fürs Cloud-Computing – und deren Bedürfnisse stärker in die Produktentwicklung einbringen. Sie übernimmt damit eine Schlüsselrolle. Dass sie die Richtige dafür ist, davon sind in der Branche viele überzeugt.
White ist eine echte „Microsoftee“, sie verbrachte einen großen Teil ihres Berufslebens dort. Ihre Karriere begann sie 1996 zwar im Silicon Valley, bei Intuit, nach einem Master an der Harvard Business School wechselte sie jedoch zum Windows-Konzern, der zwei Flugstunden entfernt in Seattle seine Zentrale hatte. Es sei ihr darum gegangen, großen Einfluss zu haben, sagte sie später einmal.
Den Einfluss bekam sie auch, ob als Produktmanagerin für das Programmpaket Office, das sie gemeinsam mit Konzernchef Nadella präsentierte, oder wie zuletzt als Verantwortliche für das Produktmarketing der Cloud-Plattform Azure – diese Infrastruktur nutzen zahlreiche Kunden für die digitale Transformation, für Microsoft steht es inzwischen im Zentrum der Strategie, mindestens genauso wie Windows.
Dass White auf Wunsch von Christian Klein nun zu SAP kommt, verwundert nicht. „Wenn man sich wohlfühlt, stimmt etwas nicht – dann strengt man sich nicht genug an“, ließ sie sich vor einigen Jahren in einem Blog von Microsoft zitieren. Nun verlässt die Amerikanerin ihre eigene Komfortzone, und zwar mit einem großen Karriereschritt in den Vorstand des wertvollsten europäischen Technologiekonzerns.
Die Aufgabe ist reizvoll. Ähnlich wie Microsoft vor einigen Jahren befindet sich SAP in einer Transformation. Der deutsche Softwarehersteller ist in der Geschäftswelt nicht wegzudenken, doch die Umstellung auf das Cloud-Computing ist auch nach etlichen großen Übernahmen und diversen internen Programmen noch nicht abgeschlossen. Gleichzeitig steht im Marketing eine neue Ausrichtung an: Statt der Marke SAP sollen die Produkte im Mittelpunkt stehen.
„Julia White ist eine große Bereicherung für SAP“, sagt Holger Müller, Analyst bei Constellation Research und Experte für Unternehmenssoftware. Die Managerin sei in der Lage, komplexe Themen anschaulich darzustellen und habe exzellente Präsentationsfähigkeiten. Auch über detaillierte technische Kenntnisse und ein gutes Netzwerk verfügt sie, ist in der Branche zu hören. Für die neue Aufgabe sind das wichtige Qualifikationen.
Bill McDermott habe das Marketing sehr stark selbst geprägt, sagt Analyst Holger Müller. Christian Klein brauche daher einen starken „Chief Marketing Officer“, um das Thema wieder auf die Agenda zu setzen – „und Julia White ist sehr gut“.
Zugleich stärkt SAP mit der Berufung wieder die Präsenz in den USA. Seit dem Abschied von Co-Chefin Jennifer Morgan im vergangenen Jahr ist die Führung sehr deutsch und sehr männlich: Kein Vorstandsmitglied stammt aus dem wichtigsten Einzelmarkt des Dax-Konzerns. Außerdem wird der neue Vertriebschef Scott Russell, der bislang die Region Asien-Pazifik-Japan verantwortet, verstärkt in Nordamerika aktiv werden.
Mit der Berufung stehen bei SAP indes erneut Veränderungen an, zumal es im Vertrieb mit dem Abschied von Adaire Fox-Martin auch einen Wechsel gibt. Dabei soll es vorerst aber bleiben, betonte Vorstandschef Christian Klein: „Ein Unternehmen wie SAP mit über 100.000 Mitarbeitern hat mit sieben Vorstandsmitgliedern eine gute Größe.“
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