Viele junge Unternehmen sind in der Pandemie stark gewachsen und haben schnell Personal aufgebaut. Inzwischen stehen bei vielen Entlassungen an. Ein Überblick.
Berlin Die Nachrichten kommen mittlerweile im Wochentakt: Ähnlich wie in den USA entlassen auch zahlreiche deutsche Start-ups und Technologiefirmen Mitarbeiter. Angesichts der andauernden Wirtschaftsschwäche, Zinswende und schwierigen Finanzierungssituation müssen vor allem Unternehmen, die Verluste schreiben, schnellstmöglich ihre Kosten reduzieren.
Ein Ende sei wegen der multiplen Krisen von gestörten Lieferketten über hohe Energiepreise und Inflation bis zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine noch nicht absehbar, sagt Daniel Breitinger vom Branchenverband Bitkom.
Weltweit wurden im Technologiesektor dem Dienst Layoffs.fyi zufolge im Dezember und Januar mehr Leute entlassen als seit Beginn der Coronapandemie. Der Bitkom-Verband geht davon aus, dass die meisten von der Kündigungswelle Betroffenen in Deutschland schnell einen neuen Job finden. Für jüngere Start-ups könne dies Chance sein, Fachkräfte zu gewinnen, die sonst nicht verfügbar gewesen wären.
Die Entlassungen in Deutschland im Jahr 2023 betreffen viele prominente Start-ups und Technologieunternehmen. Wir haben für Sie die wichtigsten Fälle mit Zahlen und Hintergrund zum Personalabbau zusammengestellt.
Der Online-Coaching-Anbieter Coachhub, der während der Coronapandemie kräftig eingestellt hatte, trennte sich kürzlich von zehn Prozent seiner Belegschaft und damit rund 80 Mitarbeitern. Firmenchef Matti Niebelschütz begründete den Schritt damit, sich an die makroökonomischen Umstände anpassen zu müssen. Nur so könne die Zukunft von Coachhub gesichert werden.
Die Nachricht kam überraschend. Im Gegensatz zu vielen anderen Start-ups konnte Coachhub noch im Sommer 200 Millionen Dollar bei Investoren einsammeln.
Beim E-Scooter-Anbieter Tier Mobility sowie den Töchtern Spin und Nextbike gab es inzwischen die zweite Entlassungswelle. Im Sommer 2022 hatte das Unternehmen, das sich in einem stark umkämpften Markt bewegt, bereits 180 Mitarbeitern gekündigt. Anfang des Jahres mussten nun weitere 100 Beschäftigte das Berliner Start-up verlassen.
Tier Mobility, das mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde Dollar zu den sogenannten Einhörnern in Deutschland gehört, will unbedingt noch in diesem Jahr profitabel werden. Nur dann ist das Unternehmen unabhängiger vom Geld der Wagniskapitalgeber, die sich gerade mit frischen Finanzierungsrunden zurückhalten und stärker als noch in der Coronapandemie auf die Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle achten.
Der international tätige Essenslieferdienst Delivery Hero kündigte Ende Januar 156 Beschäftigten in seiner Berliner Zentrale. Es gehe darum, sich schlanker aufzustellen und effizienter zu werden, begründete das Unternehmen, das zwischenzeitlich auch im Leitindex Dax vertreten war, die Entscheidung. Ähnlich wie viele Start-ups schreibt Delivery Hero bisher rote Zahlen. Das soll sich allerdings im laufenden Jahr ändern.
Um dieses Ziel zu erreichen, seien die Entlassungen nötig, hieß es. Zudem müsse Delivery Hero bald in der Lage sein, sich selbst zu finanzieren, teilte das Unternehmen mit, das weltweit mehr als 50.000 Beschäftigte zählt.
Der Walldorfer Softwarehersteller streicht im Rahmen einer Restrukturierung 3000 der aktuell 112.000 Stellen, 200 davon in Deutschland. SAP soll sich künftig auf das Kerngeschäft konzentrieren, wie Firmenchef Christian Klein am 27. Januar auf der Bilanzpressekonferenz erklärte.
Wie der größere Konkurrent SAP setzt auch die Software AG auf Entlassungen. Rund 200 Mitarbeiter und damit vier Prozent der Belegschaft müssen das Unternehmen verlassen. Das verkündete das Darmstädter Unternehmen Ende Januar. Dadurch sollen sich die Kosten im laufenden Jahr um bis zu 35 Millionen Euro reduzieren. Das ist nötig, weil Kunden wegen des schwierigen Konjunkturumfelds aktuell Kaufentscheidungen hinauszögern.
In dieser Grafik finden Sie ein Überblick über die Entlassungen seit Ende November.
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