Eine 1,70 Meter große, humanoide Maschine soll beim Bau von Elektroautos helfen. Schon 2022 will Elon Musk einen Prototyp präsentieren.
Tesla Roboter
So präsentierte Tesla seinen möglichen Roboter beim KI-Tag.
Bild: Tesla
San Francisco Fast eineinhalb Stunden ist Teslas KI-Tag ein trockenes Event für die Fachwelt. Dann zappelt plötzlich ein als Roboter verkleideter Mensch zu Elektrobeats über die Bühne, daneben der Tesla-Chef Elon Musk, der sich über die schräge Einlage freut. „Der Tesla-Bot wird real werden“, sagt Musk, während der einem olympischen Fechter ähnelnde Schauspieler in weißem Anzug und schwarzem Helm die Bühne verlässt. Nächstes Jahr will Tesla einen Prototyp des Androiden zeigen.
„Tesla ist vermutlich das weltgrößte Robotikunternehmen der Welt“, sagt Musk, schließlich seien Teslas mit dem Fahrerassistenzsystem Autopilot bereits „halb fühlende Roboter auf Rädern“. Die Kameras, Chips und KI-Software, die heute schon in Teslas Autos stecken, würden auch den gut 1,70 Meter großen Roboter mit einem Bildschirm statt einem Gesicht steuern können.
Der Tesla-Bot soll rund 20 Kilogramm tragen können, acht Stundenkilometer schnell laufen und eines Tages Arbeitern in Teslas Fabriken „langweilige, repetitive Aufgaben“ abnehmen können. „Freundlich“ sollen sie auch sein, sagt Musk.
Ein paar Sätze lang sinniert er dann noch über die Zukunft, in der niemand mehr physisch arbeiten müsse und jeder ein bedingungsloses Grundeinkommen beziehe, während der Tesla-Bot Roboterautos zusammenbaut.
Die Showeinlage ist der inzwischen übliche Knalleffekt am Ende eines von Teslas Thementagen. Nach dem Autonomie-Tag 2019 und dem Batterie-Tag 2020 ist der KI-Tag 2021 das dritte Event, an dem der wertvollste Autobauer der Welt einen Blick unter seine Motorhaube gibt. So will Musk Fachleute anwerben und Investoren von Teslas fortgesetzter Technologieführerschaft überzeugen, die den gewaltigen Bewertungsvorsprung vor größeren, profitableren Konkurrenten wie Toyota oder Volkswagen rechtfertigen soll.
Der KI-Tag ist die technologisch komplexeste der bisherigen Tesla-Veranstaltungen. Statt dem Showman Musk präsentieren vor allem sein KI-Chef Andrej Karpathy und andere Mitglieder, die an Teslas Fahrerassistenz-Software oder dem neuen Supercomputer Dojo arbeiten.
Karpathy spricht über Teslas Fortschritte dabei, die Autopiloten zu einem tatsächlich autonomen Fahrsystem weiterzuentwickeln – oder konkreter: über räumliche, rekurrente neuronale Netze oder Vektorenräume, in denen Teslas KI seine Voraussagen etwa über die Position eines Seitenstreifens oder der Bewegung eines entgegenkommenden Autos nun trifft.
Der gebürtige Slowake Karpathy ist ein begabter KI-Erklärer. Als der heute 34-Jährige in Berkeley seinen Informatik-Doktor machte, wurde eine seiner Video-Vorlesungen über Bilderkennung zum weltweiten Hit. Doch wo Tesla auf dem Weg zum tatsächlich autonomen Auto wirklich steht, ist schwer aus dem Vortrag herauszulesen. Warum Teslas mit Autopilot aber immer noch so regelmäßig in stehende Polizeiautos oder umgefallene Lkws rasen, was Aufsichtsbehörden und die Politik unruhig stimmt, erklärt Karpathy nicht.
Nichtsdestotrotz spricht einer von Musks Entwicklern über Fortschritte des Autopiloten im hektischen Stadtverkehr: Er zeigt ein Video einer auf beiden Seiten zugeparkten Straße in einem Wohngebiet. Als dem Tesla ein Auto entgegenkommt, erkennt der Autopilot, dass nur das Gegenüber in einer Parklücke Platz machen kann, um den Tesla vorbeizulassen. Ohne zu zögern, nimmt der Tesla die Gelegenheit wahr und passiert das andere Auto sicher. Die Simulation einer Vogelperspektive auf die Situation zeigt, wie der Autopilot frühzeitig seinen Pfad zwischen geparkten und fahrenden Autos plant.
Solche Demonstrationen haben andere Firmen aber auch schon geliefert. Die Volkswagen-Beteiligung Argo etwa demonstrierte so eine „Straßen-Verhandlung“ vergangenen Oktober in einem Video. Auch das automatisierte 4D-Labeling, bei dem neuronale Netze Gegenstände im Zeitverlauf identifizieren, ist Industriestandard. Ob Tesla dem vollautonomen Auto wirklich näher ist als die Konkurrenz, ist mindestens zweifelhaft.
Musks Bravado bremst das nicht aus: „Man könnte uns als Marktführer bei Künstlicher Intelligenz nennen, die in der realen Welt angewendet wird“, sagt er zu Beginn. Doch selbstfahrende Autos auf öffentlichen Straßen setzt bislang nur das Schwesterunternehmen Waymo ein. Tesla bezeichnet sein 10.000 Dollar teures Fahrerassistenz-Softwarepaket zwar als „Full Self Driving“ (FSD), obwohl die Autos nicht autonom fahren können.
Um seinem Ziel näher zu kommen, hat Tesla einen eigenen KI-Chip entwickelt, von denen 3000 in Teslas Supercomputer Dojo stecken sollen. Jeder dieser D1-Chips habe 362 Teraflops Rechenpower, sagte Hardware-Direktor Ganesh Venkataramanan. Dojo sei der schnellste KI-Trainingscomputer der Welt, wenn er im kommenden Jahr ans Netz gehe.
Für das kommende Jahr hat Tesla den Käufern von FSD versprochen, dass ihre Autos auch Stadtverkehr meistern können sollen – eigentlich war das Update schon 2019 geplant. Doch Verzögerungen sind üblich bei Tesla, das gesteht sogar Musk ein.
So muss man auch die großen Ankündigungen von Teslas Thementagen mit Vorsicht genießen: Von den Ankündigungen des Batterietags im vergangenen Jahr ist noch nicht viel im Produktportfolio angekommen. Einen 25.000 Dollar billigen Tesla, wie damals versprochen, gibt es noch lange nicht. Selbst das neue als 4680 bezeichnete Batteriezellen-Format mit trockener Elektrode hat es noch nicht in die Massenproduktion geschafft – Modelle wie der Cybertruck oder der Elektrolastwagen Semi verzögern sich auch deswegen.
Bis ein Tesla-Bot durch die Gigafactory in Berlin tanzt, kann es also noch etwas dauern.
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