Als Großaktionär könnte Elon Musk den Kurznachrichtendienst neu ausrichten, eventuell den Vorstand auswechseln. Einen ersten Vorstoß wagt der Tesla-Chef bereits.
Elon Musk
Der Tech-Unternehmer drängt bei Twitter auf mehr Meinungsfreiheit.
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San Francisco, Düsseldorf Der neue Großaktionär Elon Musk wird bei Twitter wohl alles andere als ein stiller Teilhaber sein: Rund 24 Stunden, nachdem der Einstieg des Tesla-Chefs per Pflichtmitteilung an die Börse bekannt wurde, kündigte das Unternehmen an, den Milliardär in den Verwaltungsrat zu holen. Die Twitter-Aktie, die am Vortag mit einem Plus von mehr als 27 Prozent aus dem Handel gegangen war, legte am Dienstag zum Börsenstart erneut um mehr als sechs Prozent zu.
„Durch Gespräche mit Elon in den vergangenen Wochen ist uns klar geworden, dass er sich im Verwaltungsrat sehr wertvoll einbringen kann“, erklärte Twitter-Chef Parag Agrawal. „Er ist ein leidenschaftlicher Anhänger und ein intensiver Kritiker des Dienstes. Genau das brauchen wir bei Twitter und im Verwaltungsrat, um langfristig stärker zu sein.“
Als größter Einzelaktionär wird Musk künftig deutlichen Einfluss auf die Entwicklung des sozialen Netzwerkes nehmen, prognostizieren Analysten. „Elon Musk hat große Pläne“, sagte Daniel Ives, Managing Director bei der Vermögensverwaltung Wedbush Securities, dem Handelsblatt. „Musk wird die Führungsmannschaft bei Twitter umbauen wollen“, vermutet der Experte.
In einem Tweet kündigte Musk an: „Ich freue mich, mit Parag und dem Verwaltungsrat in den kommenden Monaten bedeutsame Verbesserungen an Twitter vorzunehmen.“ Der Tesla-Gründer könnte seinen Anteil von 9,2 Prozent an dem Unternehmen in den kommenden Wochen noch ausbauen. Allerdings darf er als Mitglied des Verwaltungsrats maximal 14,9 Prozent der Aktien halten.
Schon am späten Montagabend hatte sich Musk erstmals seit Bekanntwerden seines Einstiegs ins Tagesgeschäft von Twitter eingemischt. Er rief seine Follower auf, abzustimmen, ob auf der Plattform künftig eine Schaltfläche zum nachträglichen Ändern von Mitteilungen eingeführt werden solle. Von den gut drei Millionen Followern, die sich bis Dienstagnachmittag an der Umfrage beteiligt hatten, votierten fast drei Viertel für eine Editierfunktion. Entsprechende Forderungen gibt es seit Jahren, Twitter war jedoch nie darauf eingegangen
Twitter-Chef Agrawal reagierte ebenfalls darauf und schrieb am Dienstag, das Ergebnis der Abstimmung sei wichtig und die Entscheidung solle „wohlüberlegt“ getroffen werden – eine Anspielung auf eine ähnliche Formulierung, die Musk unlängst verwendet hatte.
Ein Schwerpunkt des Engagements von Musk bei Twitter dürfte die Auslegung der Regeln der Plattform sein, vermutet Ives. Der Milliardär könnte vor allem den amtierenden Twitter-CEO Agrawal herausfordern, den er im vergangenen Herbst in einer Fotomontage als Stalin gezeigt hatte. Agrawal hatte im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine angekündigt, die Regeln der Plattform streng anzuwenden, um Falschinformationen einzudämmen.
Musk hatte hingegen mehrfach kritisiert, die Plattform schränke die Möglichkeit der Meinungsäußerung zu stark ein. „Angesichts der Tatsache, dass Twitter de facto als öffentlicher Marktplatz dient, untergräbt die Nichteinhaltung der Grundsätze der Meinungsfreiheit die Demokratie grundlegend“, schrieb Musk kürzlich. Er selbst gehört mit mehr als 80 Millionen Followern zu den zehn reichweitenstärksten Personen auf der Plattform.
Anders als bei anderen Technologiekonzernen könnte Musk deutlich mehr Macht als Anteilseigner bei Twitter ausüben, argumentierte Analyst Benjamin Black von der Deutschen Bank. Einige Firmen, wie beispielsweise der Facebook-Konzern Meta, haben eine Zwei-Klassen-Aktienstruktur, bei der sich CEO Mark Zuckerberg langfristig die Stimmrechtsvollmacht gesichert hat. Twitter hat diese Sonderstruktur nicht.
Musk hatte bei dem Kauf der Aktien eine besondere Börsenregel für sich geltend gemacht. Er nutzt die Vorgaben für „passive Investoren“, um sich teilweise von Berichterstattungspflichten der Börsenaufsicht zu befreien. Um sich direkt bei Twitter einzuschalten, müsse er den Status seines Investments ändern, erklärt Black.
Die Bilanz von Twitter sah zuletzt durchwachsen aus. Zwar hatte die Firma ihre Nutzerschaft während der vergangenen Quartale auf zuletzt 217 Millionen täglich aktive Nutzer steigern können. Beim Umsatzwachstum hatte Twitter jedoch die Analystenerwartungen verfehlt.
Der Kurzmitteilungsdienst zählte zuletzt 217 Millionen monetarisierbare täglich aktive Nutzer (mDAU).
Bild: dpa
Im vierten Quartal 2022 war der Umsatz im Jahresvergleich um 21,6 Prozent auf 1,6 Milliarden Dollar gestiegen. Der Gewinn war im selben Zeitraum um 18 Prozent auf 182 Millionen Dollar gefallen. Ein Grund waren deutlich gestiegene Ausgaben für Personal, Infrastruktur und Werbung. Für das gesamte Jahr 2021 kam Twitter auf einen Umsatz von rund fünf Milliarden Dollar.
An der Börse stand Twitter nicht besonders gut da. Während andere Technologiefirmen während der Coronapandemie stark profitieren konnten, wurde Twitter mit dem 7,5-Fachen des erwarteten Umsatzes gehandelt. Die Bewertung des Rivalen Snapchat war doppelt so hoch.
Dennoch könnte sich das Marktumfeld gedreht haben. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat sich Twitter als eine der wichtigsten Medienplattformen etabliert. Professor Scott Galloway von der New York University sagte: „Twitter ist die entscheidende Plattform.“ Analysten, Augenzeugen vor Ort und Experten nutzen Twitter, um Informationen über den Verlauf des Krieges auszutauschen.
Auch Analyst Black machte eine ähnliche Beobachtung. „Die Entwicklung dürften wir in den kommenden Quartalszahlen sehen können“, vermutete Black. Am 28. April stellt das Unternehmen die Daten für das abgelaufene Quartal vor.
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