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17.02.2023

08:42

Lauterbach GmbH

Was ein bayerischer Mittelständler für die Chipindustrie leistet

Von: Joachim Hofer

PremiumLauterbach leistet mit seinen Fehlersuchsystemen einen entscheidenden Beitrag für die Halbleiterbranche. Große Namen kaufen bei der Firma ein – und sorgen für üppige Gewinne.

Die Systeme der Familienfirma spüren Fehler in der Software von neuen Bauelementen auf.

Debugger

Die Systeme der Familienfirma spüren Fehler in der Software von neuen Bauelementen auf.

Höhenkirchen Nirgendwo zeigt sich der Erfolg der Lauterbach GmbH eindrücklicher als in der Poststelle des Mittelständlers. Auf den Etiketten der Päckchen prangen die Namen der bekanntesten Chiphersteller der Welt. Die Sendungen gehen ins Silicon Valley, sind für Abnehmer in Dresden bestimmt oder in Taiwan oder Malaysia.

Lauterbach liefert sogenannte Debugger und leistet damit einen kleinen, aber entscheidenden Beitrag in der Chipindustrie: Die Systeme der Familienfirma aus dem Münchner Umland spüren Fehler in der Software von neuen Bauelementen auf. Die Kunden sparen dadurch viel Zeit und vor allem viel Geld. Denn es kommt horrend teuer, die Halbleiter zu verändern, wenn die Massenproduktion in den milliardenschweren Fabriken erst einmal läuft.

Von Intel über Nvidia bis Qualcomm kaufen die größten und bekanntesten Chipfirmen der Welt bei den Bayern ein, und zwar Prüfgeräte sowie die dazugehörige Software.

Chipindustrie: Europa verzwergt, Lauterbach gewinnt

Schon seit 1979 unterstützt Lauterbach die Halbleiterentwickler rund um den Globus. So gut wie jetzt lief das Geschäft aber noch nie. „Der enorme Variantenreichtum an Chips und die Komplexität kommen uns zugute“, sagt Geschäftsführer Norbert Weiß. Denn für jeden Halbleitertyp eines Herstellers braucht es auch ein extra dafür entwickeltes Werkzeug von Lauterbach.

Der Anteil Europas an der weltweiten Chipproduktion ist in den vergangenen Jahren auf weniger als zehn Prozent geschrumpft. Ganz anders hat sich Lauterbach entwickelt: Weiß schätzt den weltweiten Marktanteil auf inzwischen mehr als 40 Prozent – Tendenz steigend. Die Bayern sind damit eine der wenigen deutschen Erfolgsgeschichten in der strategisch wichtigen Halbleiterindustrie, neben börsennotierten Chip-Maschinenbauern wie Aixtron und Süss Microtec sowie dem Dax-Konzern Infineon.

Viel Lob von den Kunden

In der Öffentlichkeit ist Lauterbach kaum bekannt. In der Branche aber genießen die Bayern einen ausgezeichneten Ruf. Beispiel NXP: Der Konzern arbeite bereits seit rund 30 Jahren eng mit Lauterbach zusammen, und das über mehrere Produktgenerationen von Microcontrollern und Prozessoren hinweg, sagt Manuel Alves, Senior Vice President des niederländischen Chipproduzenten. Die Entwicklungswerkzeuge würden NXP dabei helfen, „höchste Ansprüche in puncto Sicherheit, Zuverlässigkeit und Leistung einzuhalten“, so der Manager.

Auch bei STMicroelectronics, Europas größtem Chiphersteller, schätzt man die Arbeit der Firma. Lauterbach unterstütze STMicroelectronics maßgeblich im Entwicklungsprozess der Halbleiter bis zur Massenproduktion, um diese in möglichst kurzer Zeit Endkunden zur Verfügung zu stellen, erklärt Carsten Demuth, Digital Products and System Marketing Manager des französisch-italienischen Halbleiterkonzerns. Das sei unter anderem wichtig, um Microcontroller für deutsche Autohersteller zu liefern.

Microcontroller sind Minicomputer für spezielle Aufgaben, die an vielen Stellen in den Fahrzeugen verwendet werden. Diese Bauelemente sind seit Jahren knapp, die Lieferfristen entsprechend lang. Daher ist es für die Halbleiterkonzerne besonders wichtig, in der Entwicklung zügig voranzukommen.

Bei Infineon heißt es, die Debugger von Lauterbach seien „tagtäglich im Einsatz“, und das seit vielen Jahren. Vorbildlich sei vor allem der Kundenservice, teilt der größte deutsche Halbleiterhersteller auf Anfrage mit.

Das Geschäft mit den Test- und Analysewerkzeugen ist hochprofitabel. 2021 erzielte die Firma den Angaben im Bundesanzeiger zufolge einen Umsatz von 61,8 Millionen Euro und erwirtschaftete damit einen Gewinn von 27,9 Millionen Euro. Das ist eine Marge, von der selbst die führenden Chiphersteller nur träumen können. Vergangenes Jahr ist der Umsatz dem Unternehmen zufolge auf 65 Millionen Euro gestiegen.

In einem Reihenhaus im Münchner Speckgürtel hat Lothar Lauterbach die Firma vor 44 Jahren gegründet. Wenn heute die Manager von Bosch oder Infineon zu Besuch kommen, werden sie in Höhenkirchen in einer repräsentativen Zentrale empfangen, die vom obersten Stockwerk aus einen unverbauten Blick auf die Alpen bietet.

Inzwischen bestellen auch Autobauer bei Lauterbach

Das Gebäude sei aber kein reiner Prestigebau, sagt Stephan Lauterbach. Vielmehr diene es dazu, den hochspezialisierten und daher schwer umworbenen Chipexperten ein angenehmes Arbeitsumfeld zu bieten.

Der 58-jährige Elektroingenieur ist für den technischen Teil verantwortlich. Sein Bruder ist inzwischen nicht mehr aktiv in der Firma. „Meistens ging es bergauf, aber natürlich hatten wir auch mal eine Delle“, sagt der Unternehmer. „Aber es gab nie einen Personalabbau.“

Mehr als 130 Leute beschäftigt Lauterbach, unterhält zehn Büros weltweit. Über seine Produkte, über den Markt und die Kunden lässt er lieber andere reden. Sein Terrain sind die Schaltkreise und Codes.

Nur eins ist ihm wichtig: „Wir müssen schnell sein, wenn sich etwas ändert“, sagt Lauterbach und fügt an: „Es gilt, immer dranzubleiben.“

Dem Mittelständler kommt zugute, dass nicht nur die Chiphersteller selbst die Debugger ordern. Autobauer, die Anbieter von Medizintechnik oder Smartphone-Hersteller kombinieren immer häufiger verschiedene Bauelemente unterschiedlicher Hersteller auf einem integrierten Schaltkreis, Fachleute sprechen vom „System on a Chip“. Diese Designs verlässlich zu testen ist aufwendig und funktioniert nur mit den passenden Werkzeugen.

Der 58-jährige Elektroingenieur ist für den technischen Teil verantwortlich.

Stephan Lauterbach

Der 58-jährige Elektroingenieur ist für den technischen Teil verantwortlich.

Lauterbachs Werkzeuge beherrschen sogar die komplexesten Chips, wie sie in zukünftigen, autonom fahrenden Autos, Laptops oder High-End-Smartphones zum Einsatz kommen. Ein Alleinstellungsmerkmal, da die Konkurrenz hier oft passen muss. Größter Wettbewerber ist Green Hills aus den USA, in Deutschland sind es PLS und iSystem.

Vergangenes Jahr ist die Chipindustrie den Marktforschern von Gartner zufolge weltweit um ein Prozent gewachsen, dieses Jahr werden die Umsätze womöglich leicht schrumpfen. Experten gehen allerdings davon aus, dass die Erlöse der Branche bis 2030 von derzeit gut 600 Milliarden Dollar auf eine Billion steigen. Eigentümer Stephan Lauterbach ist deshalb auch nicht bange für die Zukunft. Die Firma solle eigenständig bleiben und eines Tages in eine Stiftung überführt werden, sagt der Unternehmer.

Erstpublikation am 16.02.23, um 04:10 Uhr.

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