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30.11.2021

13:08

Lehner-Nachfolge

Deutsche Telekom will neuen Aufsichtsratschef noch vor Weihnachten benennen

Von: Peter Brors, Martin Murphy, Stephan Scheuer

Der Dax-Konzern will schon bald Klarheit über die brisante Personalie schaffen. Eine Tatsache zum neuen Aufsichtsratschef steht bereits fest.

Der frühere Henkel-Chef ist seit 2008 Aufsichtsratschef der Deutschen Telekom. Bloomberg

Ulrich Lehner

Der frühere Henkel-Chef ist seit 2008 Aufsichtsratschef der Deutschen Telekom.

Berlin, Düsseldorf Der Aufsichtsrat der Deutschen Telekom will nach Handelsblatt-Informationen noch vor Jahresende einen Nachfolger für den scheidenden Vorsitzenden Ulrich Lehner benennen. In der Woche vor Weihnachten wolle Lehner dem Gremium den Kandidaten für den Posten vorstellen, wie es in informierten Kreisen hieß. Vollzogen werden soll der Wechsel mit Ende der Hauptversammlung am 7. April kommenden Jahres. Die Telekom äußert sich nicht dazu.

In der Vorweihnachtszeit wird damit eine der wichtigsten Personalien geklärt, die in der deutschen Wirtschaft anstehen. Der Bonner Dax-Konzern ist führend in Europa und verfügt über seine Mobilfunktochter T-Mobile US über eine starke Stellung in Nordamerika.

Diesen transatlantischen Spitzenplatz hat sich die Telekom unter der Leitung von Timotheus Höttges erarbeitet. Seine Aufgabe sieht der ehrgeizige Vorstandschef noch nicht als erfüllt an. Er will nun die Schulden senken, um in einem späteren Schritt in Europa und dann womöglich in den USA weitere Wettbewerber zu übernehmen.

Der Manager will die Telekom neu gestalten – was den Aufsichtsrat vor eine besondere Herausforderung stellt. Ein Konzern im Wandel verlangt eine engmaschigere Kontrolle.

Den Namen des zukünftigen Aufsichtsratsvorsitzenden hält der Kreis um Lehner geheim. „Klar ist aber, dass es eine externe Lösung geben wird“, hieß es aus dem Gremium. Im erweiterten Kreis befand sich nach Handelsblatt-Informationen zwischenzeitlich unter anderem Stefan Oschmann, der bis zum Frühjahr den Pharmakonzern Merck geleitet hat.

Fehlende Alternative

Der war als Alternative zu Harald Krüger genannt worden. Der frühere BMW-Chef war ursprünglich als Lehner-Nachfolger auserkoren worden, allerdings hatte Krüger vor einem Jahr seine Zusage für das Amt zurückgezogen. Die Absage kam zwar überraschend. Einige Mitglieder des Aufsichtsrats nahmen aber mit Verwunderung zur Kenntnis, dass Lehner für den Fall nicht vorgesorgt hatte. Es fehlte eine Alternative. „Der Ärger darüber war groß“, hieß es im Umfeld des Kontrollgremiums.

Die neben Krüger ebenfalls von Lehner favorisierten Michael Kaschke, Ex-Chef von Carl Zeiss, und der ehemalige Software-AG-Chef Karl-Heinz Streibich sitzen zwar in dem Gremium, sind inzwischen aber zu alt für die Position an der Aufsichtsratsspitze.

Einigen Vertretern stößt auf, dass Lehner das Verfahren an sich gezogen hat. Dem bereits seit 2008 amtierenden Aufsichtsvorsitzenden falle nicht die Aufgabe zu, seine Nachfolge selbst zu regeln, sagten Beteiligte.

Eigentlich hätte sich der Bund um diese Personalie kümmern müssen. Der deutsche Staat ist der größte Einzelaktionär des Telekommunikationskonzerns, hält sich allerdings zurück. Dies scheint auch für die neue Regierungskoalition von SPD, Grünen und FDP zu gelten.

Der 75-jährige Lehner zählt unter den deutschen Aufsichtsräten zu den erfahrensten Köpfen. Der frühere Henkel-Chef hat neben der Telekom die Aufsichtsräte von Thyssen-Krupp und Novartis geleitet, steht dazu den Unternehmerfamilien Porsche und Henkel mit Rat zur Seite.

Klassischer Aufsichtsrat

Lehner ist reich an Erfahrung, aber er interpretiert seine Funktion als Aufseher eher klassisch. Demzufolge kontrolliert er mehr, als das er sich in das operative Geschäft einmischt. Das überlässt er dem Vorstand.

Einige Aufseher wünschen sich jedoch eine stärker Rolle des Gremiums. Ihnen fehlt ein Gegengewicht zu dem vom Erfolg mit Selbstbewusstsein aufgeladenen Telekom-Chef Höttges. Der Manager hatte sich sogar nach Angaben aus Konzernkreisen selbst in den Auswahlprozess eingemischt.

Er wünsche sich eine Person, die technologische Expertise mitbringe, hatte Höttges dem Vernehmen nach vor einigen Kontrolleuren erklärt. Krüger hätte als früherer BMW-Chef diese Anforderung erfüllt. Auf Oschmann trifft dies eher nicht zu, liegt seine Stärke im Fachgebiet Pharma.

Die Einmischung von Höttges stört einige Aufsichtsräte. Ein Vorstandsvorsitzender dürfe sich nicht seinen Aufseher aussuchen dürfen, sagen diese. „Das ist Sache der Aktionäre und des Aufsichtsrats selbst.“ Nur mit einer kritischen Distanz zum Vorstand könne eine wirksame Kontrolle funktionieren. Ob die künftig gewährleistet ist, wird sich vor Weihnachten klären.

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