PremiumDie gebürtige Rumänin hat den ersten Deal als neue London-Chefin des Topinvestors gemacht: Es geht um Kleinunternehmer, ERP-Systeme – und ein Ehepaar aus Augsburg.
Luciana Lixandru
Bei Sequoia, dem Investor aus dem Silicon Valley, soll sie das neue Londoner Büro leiten.
Bild: ddp/intertopics/eyevine/London Evening Standard
Düsseldorf In der Start-up-Szene Europas kennt sie fast jeder: Luciana Lixandru, 36, Toptransfer in der Wagniskapital-Champions-League. Sie wechselte im vergangenen Jahr von Accel zu Sequoia, vom größten Facebook-Investor zum einzigen WhatsApp-Kapitalgeber. Bei Sequoia, dem Investor aus dem Silicon Valley, soll sie das neue Londoner Büro leiten. Und die besten Gründer Europas ausfindig machen, die Software für Unternehmen und Konsumenten entwickeln.
Dem Augsburger Unternehmerehepaar Benedikt und Claudia Sauter war Lixandru bis vor Kurzem allerdings ebenso wenig bekannt wie Sequoia selbst. Mit der Start-up-Szene hatten die Sauters nichts zu tun. Ihre Firma Xentral sollte einfach nur eine „innovative Firma“ sein, wie Benedikt Sauter sagt. Nun hat Sequoia mit dem Berliner Visionaries Club 20 Millionen US-Dollar in die Firma der Sauters investiert. Lixandrus erstes Investment als Europachefin macht Xentral erst zum echten Start-up und verknüpft es gleichzeitig mit riesigen Erwartungen.
„Es sieht so aus, als würden wir hier die ersten Tage einer ganz neuen Kategorie erleben“, sagt Lixandru – ERP-Software für kleine und schnell wachsende Firmen, mit der sich Ressourcen wie Personal, Kapital, Material planen lassen. Visionaries-Club-Gründungspartner Sebastian Pollok, der den Online-Erotikshop Amorelie aufgebaut hat, sagt: „Das ist das Produkt, das wir damals gebraucht hätten.“ So hätte Amorelie schneller wachsen können.
Dabei war Xentral eigentlich als Hardware-Unternehmen gestartet. Die Sauters entwickelten und vertrieben Platinen für das Internet der Dinge. Doch Auftragseingänge, Kundenanfragen und Lagermanagement ließen die Produktentwicklung bald in den Hintergrund treten. Benedikt Sauter suchte nach einer Software, die all das automatisiert. Vergeblich. Die kleinen ERP-Systeme SAP One und Oracle Netsuite und andere Angebote seien aufwendig zu implementieren. „Das hätte uns erst recht komplett lahmgelegt“, sagt Sauter. Also programmierte der Informatiker selbst eine modulare Software.
„Ben und Claudia haben nach Lösungen für ihr eigenes Problem gesucht“, sagt Lixandru fast schon schwärmend. Mit der Zeit erst hätten sie gemerkt: „Dieses Problem haben Millionen von kleinen und mittelständischen Unternehmen, die online etwas verkaufen wollen.“
Nachdem Benedikt Sauter 2013 einen Teil der Lösung im Netz präsentiert hatte, meldeten sich immer mehr Onlineshops. Da half es auch nichts, die monatliche Nutzungsgebühr zu verdreifachten. 2017 machten die Sauters ihre Hardware- zur Softwarefirma.
Die Investorin Lixandru erklärt, was Xentral so spannend für Sequoia macht: eine komplex zu entwickelnde Software, die einfach zu nutzen ist; die wachsende Zahl professioneller Onlinehändler weltweit, die ein echtes Problem zu lösen haben; Gründer, die sich auf ihr Produkt konzentrieren. Die Bewertung von Xentral dürfte nach Branchenschätzungen bei 100 Millionen Dollar liegen.
Was die Sauters lange nicht wussten: Ihre ersten Kunden waren Start-ups, die in der Fernsehshow „Höhle der Löwen“ Investor Frank Thelen überzeugt hatten und sich auf Ausstrahlung und Massenaufträge vorbereiteten. So kam auch Thelen zu den Sauters und überzeugte sie von einer Beteiligung. Er half der Firma, von 20 auf 70 Mitarbeiter und etwa 1000 Kunden zu wachsen. Dem Ehepaar war schnelles Wachstum zunächst nicht geheuer: „Wir wollten erst sicherstellen, dass bei unseren ersten Kunden alles funktioniert“, so Benedikt Sauter.
Doch jetzt soll mithilfe des Visionaries-Club-Netzwerks aus Gründern und Familienunternehmen das Wachstum auf dem deutschen Markt und mit Unterstützung von Sequoia die Internationalisierung gelingen. Xentral konnte sich zuletzt den Investor aus vielen Angeboten aussuchen: „Die Gespräche mit Luciana fühlten sich für uns einfach gut an.“
Das hat sowohl persönliche als auch strategische Gründe: Sequoia setzt nicht auf gerade Lebenswege, sondern im Gegenteil auf „Außenseiter“, „unabhängige Denker“ und „kreative Geister“.
Claudia Sauter, die Xentral intern managt, hat Kunst und Mathematik auf Lehramt studiert – ungewöhnlich für die Gründerszene. Benedikt Sauter hat zwar in Rekordzeit sein Informatikstudium abgeschlossen, brauchte vorher aber „15 Umwege“ zum Abitur. Bei Siemens hielt er es zwei Wochen aus, bis er merkte, dass er selbstständig arbeiten will.
Auch Luciana Lixandrus Weg in die Start-up-Welt war nicht vorgezeichnet. Als sie mit 18 aus ihrer rumänischen Heimatstadt zum Mathestudium in die USA ging, bedeutete Technologie für sie noch, „ein Telefon zu besitzen“, sagt sie und lacht. Zufälle hätten sie ins Technologieteam der Investmentbank Morgan Stanley geführt.
Um näher an den Gründern zu sein, ging sie vor neun Jahren in die Start-up-Finanzierung. Ein „Abenteuer“, das sie als leitende Investorin zur Zehn-Milliarden-Firma UiPath, zum Lieferdienst Deliveroo, der Eventplattform Hopin und dem IT-Sicherheitsanbieter Tessian führte – und schließlich zu Xentral.
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