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07.09.2022

04:00

Produktentwicklung

Wie ein Start-up für Airbus, BMW und Lego das Ingenieurwissen digitalisieren will

Von: Thomas Jahn

Elise will die Produktentwicklung in eine einzige Software übertragen. Unter den Kunden sind namhafte Unternehmen. Drei Investoren finanzieren das Vorhaben.

Daniel Siegel, Moritz Maier, Sebastian Moeller (v.l.n.r.) wollen Produktionsabläufe im Ingenieurwesen verkürzen. Ihre Elise-Software wurde dafür entwickelt.

Gründer-Trio

Daniel Siegel, Moritz Maier, Sebastian Moeller (v.l.n.r.) wollen Produktionsabläufe im Ingenieurwesen verkürzen. Ihre Elise-Software wurde dafür entwickelt.

Düsseldorf Das Bremer Start-up Elise hat sich einiges vorgenommen: Die Gründer wollen das Wissen von Ingenieuren sammeln und Teile der Produktentwicklung automatisieren. Vor allem die Zeit für das Entwerfen, Designen und Konstruieren soll verkürzt werden. Investoren schätzen das Vorhaben. 14,5 Millionen Euro sammelt das Start-up jetzt ein, wie das Handelsblatt aus Investorenkreisen erfuhr.

Das Geld kommt von US-Investor Spark. Ebenfalls mit dabei sind die Risikokapitaltochter von BMW, iVentures, und die Fonds UVC, Cherry Ventures und Venture Stars. Die Finanzierung gilt als Vertrauensbeweis in unsicheren Zeiten an den Märkten.

Moritz Maier, einer der drei Gründer von Elise, sagt: „Die Welt der Produktentwicklung ist verstaubt. Seit 30 Jahren hat sich wenig bewegt, es gibt zu viel Hin und Her, zu viele Silos, zu viele Softwareprogramme.“

Die Lösung von Elise heißt „Connected Engineering“. Sie bündelt den gesamten Erfahrungsschatz der Ingenieure. Das Projekt findet bei namhaften Unternehmen Anklang. Unter den 35 Kunden finden sich Konzerne wie Airbus, BMW, Lego oder Miele.

Benjamin Erhart, Partner von UVC und einer der frühen Investoren, sagt: „Elise stach heraus. Es will die DNA der Produktentwicklung verändern.“ Engineering Tools, die besser und schneller laufen, aber nur Teilaspekte des Entwicklungsprozesses verbessern, „werden uns die ganze Zeit angeboten“, erklärt der Investor.

Ingenieurwissen in einem Algorithmus

Bis ein Produkt in die Fertigung gelangt, verstreichen oft Monate. Erst wird es entwickelt, designt, konstruiert und dann getestet. Kommt es zu Lieferkettenproblemen oder neuen Kundenwünschen, designen Ingenieure das Produkt neu. Sie konferieren, um die Probleme zu lösen.

Laut Elise verbringt ein Ingenieur so 40 Prozent der Zeit damit, Daten einzupflegen oder zu verschieben.

Elise will das Prozesswissen von Ingenieuren zu einem Algorithmus machen. Stone/Getty Images

Ingenieure

Elise will das Prozesswissen von Ingenieuren zu einem Algorithmus machen.

Das Problem ist, dass die Mitarbeiter in den Entwicklungsstufen getrennt voneinander arbeiten. Ob in der Entwicklung, der Konstruktion oder dem Einkauf – überall werden spezielle Software und Tools verwendet, die von Anbietern wie Siemens, PTC oder Dassault kommen und nicht miteinander kommunizieren können.

Die Elise-Software soll das ändern und das Prozesswissen von Ingenieuren zu einem Algorithmus machen. In der Software werden dann alle Anforderungen für ein Bauteil gesammelt und mit Regelsätzen verbunden.

Mit sogenannten Low-Code-Elementen, für die keine tiefgehenden Programmierkenntnisse notwendig sind, kann jeder Ingenieur Teile des Programms verändern und mit verschiedenen Parametern neue Designs und Produkte entwerfen.

Das könnte etwa bei Bauteilen für den Airbus A320 zutreffen. Die entwickelt der Augsburger Flugzeuglieferant Premium Aerotec. Mithilfe der Elise-Software konnte viel Zeit gespart werden: Bestimmte Bauteile wurden statt in zwei Monaten in fünf Tagen fertiggestellt. Klaus Kalmer, Chefingenieur bei Premium Aerotec, sagt: „Das senkt die Entwicklungskosten deutlich.“

Aber wie bei jeder neuen Technologie gibt es Vorbehalte. Manche Ingenieure geben ungern ihren Wissensvorsprung auf. Nicht ohne Grund. „Manche haben Angst vor unserer Software, sie würde ihre Arbeit wegautomatisieren", sagt Elise-Gründer Maier. Typischerweise mache es nach ein oder zwei Wochen aber „Klick bei den Mitarbeitern, dann sehen sie das Potenzial und es verbreitet sich wie ein Lauffeuer im Unternehmen.“

Innovation für die Produktentwicklung

Elise entspringt einem Projekt des Alfred-Wegener-Instituts in Bremen. Dort forschten einige Mitarbeiter seit 2009 an Leichtbau und Bionik, wie sie Gewicht bei der Fertigung reduzieren und Innovation erzeugen können.

Das Bremer Start-up Elise bündelt den Erfahrungsschatz von Ingenieuren. DigitalVision/Getty Images

Ingenieurin

Das Bremer Start-up Elise bündelt den Erfahrungsschatz von Ingenieuren.

Dabei nutzte das Team zahlreiche Ingenieurtools wie CAD-Software oder Excel-Tabellen. Das müsste schneller und besser gehen, dachten sich die vier Gründer und entwickelten eine eigene Software. 2018 gründeten sie Elise.

Die Bewertung des Unternehmens hat sich seitdem stark erhöht. „Wir sind überzeugt, dass früher oder später die Elise-Plattform das maßgebliche Tool für Ingenieure im Tagesgeschäft sein wird“, sagt UVC-Partner Erhart.

Nächstes Jahr will das Start-up in die USA expandieren – der größte Markt für Software. Elise-Co-Chef Maier sagt: „Auch entspricht die Mentalität dort mehr der unseren. Amerikaner sind offener für neue Technologie, während deutsche Hersteller sich schon mit dem Wechsel in die Cloud schwertun.“ Es gebe zwar weniger Bedenken, „jedoch muss die Software natürlich halten, was sie verspricht“.

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