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03.02.2022

02:22

Quartalsbericht und Jahresbilanz

Facebook-Zahlen schockieren die Anleger – Meta-Konzern verliert 200 Milliarden Dollar Börsenwert

Von: Stephan Scheuer

Das gab es noch nie: Weniger Menschen nutzen Facebook-Produkte. CEO Zuckerberg warnt vor einem schwierigen Umfeld. Die Aktie stürzt um 20 Prozent ab.

Der Facebook-Gründer muss erstmals weniger Nutzer vermelden. dpa

Mark Zuckerberg

Der Facebook-Gründer muss erstmals weniger Nutzer vermelden.

Menlo Park, San Francisco Eigentlich wollte Mark Zuckerberg seine langfristigen Visionen einer digitalen Welt im Metaverse präsentieren. Aber bei der Vorstellung der Quartals- und Jahreszahlen am Mittwoch wollten die Analysten vom CEO des Facebook-Konzerns vor allem eines wissen: Wie schlimm ist die Lage?

Bisher standen Zuckerberg und seine heute unter dem Namen Meta firmierende Firma vor allem für starkes Nutzer-Wachstum. Doch im Schlussquartal musste Facebook einräumen, dass die Zahl der täglich aktiven Nutzer im Vergleich zum Vorquartal um rund eine Million Menschen auf 1,929 Milliarden Menschen gefallen war. Im Vorquartal war sie noch um etwa 25 Millionen gewachsen.

Das war nicht die einzige schlechte Nachricht, die Zuckerberg überbringen musste. Der Konzernumsatz im vierten Quartal wuchs zwar im Vergleich zum Vorjahr um ein Fünftel auf knapp 33,7 Milliarden Dollar.

Doch der Gewinn sank um acht Prozent auf etwa 10,3 Milliarden Dollar. Zudem fiel der Ausblick auf das kommende Quartal schwächer aus als von Analysten erwartet.

In den ersten drei Monaten des Jahres 2022 geht Zuckerberg von einem Umsatzwachstum von drei bis elf Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal aus, was 27 bis 29 Milliarden Dollar entsprechen würde. Analysten waren hingegen von rund 30,3 Milliarden Dollar als Zielmarke ausgegangen.

Aktienabsturz so stark wie der Börsenwert von Telekom und Daimler zusammen

Dieser Mix aus Rückschlägen führte nachbörslich zu einem Einbruch der Meta-Aktie um mehr als 20 Prozent. Rechnerisch verlor Facebook damit innerhalb weniger Minuten rund 200 Milliarden Dollar an Börsenwert. Das ist mehr, als die Deutsche Telekom und Daimler an den Aktienmärkten zusammen wert sind.

Investoren seien verständlicherweise um Meta besorgt, urteilte Analystin Laura Hoy vom britischen Finanzhaus Hargreaves Lansdown. Die Technologie-Expertin sagte: „Meta-CEO Mark Zuckerberg mag die Welt in eine alternative Realität locken wollen, aber enttäuschende Ergebnisse im vierten Quartal ließen seine Metaverse-Blase schnell platzen.“

Im Hintergrund die Logos der Meta-Ableger Facebook, Messenger, Instagram, Whatsapp und Oculus. dpa

Facebook-Konzern Meta

Im Hintergrund die Logos der Meta-Ableger Facebook, Messenger, Instagram, Whatsapp und Oculus.

Für Hoy erlebt der Facebook-Konzern keinen einmaligen Schock, sondern könnte vielmehr vor einem schwierigen Jahr stehen. „Facebooks enorme Größe und beeindruckende Reichweite in Verbindung mit einer grundsoliden Bilanz bedeutet, dass es längerfristig Potenzial hat, aber das nächste Jahr wird wohl eine holprige und teure Fahrt werden.“

Zuckerberg will Werbegeschäft „umbauen“

Ein weiteres Sorgenthema für Investoren ist das Werbegeschäft des Facebook-Konzerns. Die Unternehmensgruppe ist bei ihren Einnahmen weiterhin von Werbung abhängig. Doch das Geschäft ist schwierig.

Ein Grund ist der Technologiekonzern Apple, der neue Privatsphäre-Einstellungen in seinem mobilen Betriebssystem iOS umgesetzt hat. App-Anbieter wie Facebook müssen die Nutzer seit vergangenem Jahr auf Apple-Geräten wie iPhones oder iPads fragen, ob sie zu Werbezwecken ihr Verhalten quer über verschiedene Dienste und Websites nachverfolgen dürfen. Sehr viele iPhone-Kunden lehnen dies ab. Dadurch weiß Facebook weniger über seine Nutzer. Das Unternehmen kann Anzeigen nicht mehr so passgenau ausspielen und bekommt daher auch weniger Geld von Werbekunden.

Zudem wollen etliche Länder das Werbegeschäft stärker regulieren. Die Europäische Union bereitet ein Gesetz vor, das künftig das Werbegeschäft von Plattformen wie Facebook stärker beschränken dürfte. Das EU-Parlament hatte sich dafür ausgesprochen, künftig keine Werbung mehr auf Basis sensibler persönlicher Daten wie Gesundheit, Religion oder sexueller Orientierung zuzulassen.

Zuckerberg sagte: „Mit den iOS-Änderungen von Apple und den neuen Vorschriften in Europa zeichnet sich ein klarer Trend ab: Es stehen weniger Daten für die Bereitstellung personalisierter Werbung zur Verfügung.“

Die Menschen wollten aber weiter „relevante Anzeigen“ sehen, sagte Zuckerberg. Und Unternehmen wollten die richtigen Kunden erreichen. „Deshalb bauen wir einen Großteil unserer Anzeigeninfrastruktur neu auf, damit wir weiter wachsen und hochwertige personalisierte Anzeigen liefern können“, führte der CEO weiter aus. Wie genau der Umbau aussehen soll, ließ Zuckerberg jedoch weitgehend offen.

Der CFO von Meta, Dave Wehner, kritisierte hingegen Apple für die Auswirkungen auf das Werbegeschäft. Das Vorgehen des Tech-Konzerns werde im Jahr 2022 „ökonomische Auswirkungen“ auf das Werbegeschäft in einer Größenordnung von rund zehn Milliarden Dollar haben. In einem Firmenstatement führte Meta aus: „Wir rechnen mit einem leicht zunehmenden Gegenwind bei der Zielgruppenansprache und der Messung aufgrund von Änderungen der Plattformen und Vorschriften.“

Geschäft mit virtueller Realität verursacht 2021 Verlust von zehn Milliarden Dollar

Die Zukunft des Unternehmens ruht für CEO Zuckerberg auf dem Geschäft mit der virtuellen Realität. Bislang verschwieg Meta aber weitgehend konkrete Zahlen zu den aktuellen Aktivitäten in dem Bereich.

Mit der Vorstellung der Quartalszahlen änderte sich das teilweise. Erstmals stellte Zuckerberg das ausgewiesene Segment „Reality Labs“ vor. Der Umsatz der Sparte stieg zwar im Vergleich zum Vorjahresquartal von 717 auf 837 Millionen Dollar.

Einen Gewinn macht Meta mit dem Geschäft jedoch nicht. Im Gegenteil häuft der Konzern in dem Bereich gewaltige Verluste an. Für das vierte Quartal 2021 wies Zuckerberg ein Minus von rund 3,3 Milliarden Dollar für „Reality Labs“ aus, im Gesamtjahr waren es fast 10,2 Milliarden.

Mike Proulx, Forschungsdirektor beim Analysten Forrester, sagt, der Fokus auf das Metaversum sei bislang für Zuckerberg nur oberflächlich erfolgreich. Zwar hätten bei einer Umfrage im Dezember rund 47 Prozent der US-Amerikaner mit Internetzugang Zuckerbergs Firma Meta auch mit dem Metaversum verbunden. Aber nur 17 Prozent der Befragten gaben auch an, Meta sei in ihrer Wahrnehmung führend beim Aufbau des Metaversums.

Während viele Unternehmen auf Lösungen für den Aufbau einer digitalen Welt drängen, brauche Facebook eine klare Strategie. „Kein einziges Unternehmen kann oder sollte das Metaversum besitzen oder dominieren“, fordert Proulx. „Es besteht weiterhin die Sorge, dass die Herausforderungen der Vergangenheit von Facebook Meta in das Metaversum folgen werden. Das Unternehmen muss die Verbraucher davon überzeugen, dass Metas Ausdruck des Metaversums eine gute Sache ist.“

Facebook hat bis heute große Probleme, Hassrede, Belästigungen und Gewaltaufrufe einzudämmen. Wie vergleichbare Probleme in einer virtuellen Welt verhindert werden sollen, ist noch offen.

Tiktok wird ein starker Rivale

Bevor Zuckerberg sein Unternehmen erfolgreich in den Aufbau einer digitalen Welt führen könne, müsse er zunächst die bestehende Nutzerschaft binden und halten. Doch genau mit diesem Ziel gebe es erhebliche Probleme, warnt Proulx. Die Kurzvideo-Plattform Tiktok sei zu einem beliebten Produkt bei Jugendlichen geworden.

Zuckerberg versuchte, dem Trend damit zu begegnen, dass Facebook und andere Dienste des Meta-Konzerns wie Instagram das Format einfach kopierten. Mit Reels gibt es ein mit Tiktok vergleichbares Videoformat auf Facebook, das der Konzern gerade in den USA verstärkt ausspielt.

„Tiktok ist ein starker Wettbewerber“, räumte Zuckerberg bei der Vorstellung der Jahreszahlen ein. Gerade aufgrund der Stärke von Tiktok brauche Facebook eine gute Antwort, um die junge Generation zu erreichen.

Analyst Proulx sagt: „Einfach die Funktionen von Tiktok zu kopieren wird nicht ausreichen.“

Kommentare (1)

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Account gelöscht!

03.02.2022, 14:02 Uhr

Verdient. Nicht jeder Firmenchef muss immer wieder vor den US-Kongress zitiert werden; ein Zuckerberg hingegen schon. Einer der umstrittensten Konzerne unserer Zeit, dessen Dienste man meiden sollte, wo immer es geht - was aber grundsätzlich für alle 5 Gafam-Firmen gilt.

Die Smartphone-Apps von Facebook und Instagram ziehen so viele Nutzerdaten ab (Verlauf, Standort, Nachrichten etc.), dass man diese durch Alternativen ersetzen sollte. Gerade im Fall von Whatsapp ist es sehr einfach, da es mit "Signal" eine ebenbürtige und sichere Alternative gibt, die 1:1 denselben Funktionsumfang bietet. Ebenfalls kostenlos, nur in blau statt grün. Der Signal-Messenger wird von vielen Datenschützern weltweit (z.B. Edward Snowden) und Organisationen empfohlen (EU-Kommission). Wer Signal immer noch nicht nutzt sollte sich diese App schleunigst holen und sowohl die private, als auch die dienstliche Kommunikation von Whatsapp (oder gar Telegr.) darüber abwickeln. Runterladen und willkommen beim Datenschutz.

Facebook und seine Schnüffel-Dienste braucht man im Jahr 2022 wirklich nicht mehr. Wo wir schon beim Datenschutz sind, noch ein Tipp: man muss heutzutage auch nicht mehr 'googeln' - einfach mal DuckDuckGo oder Qwant.com (aus der EU) ausprobieren.

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