Walt Disney setzt nach Investorenkritik auf einen Komplettumbau und streicht 7000 Jobs. Die Sparte verliert im Wettbewerb mit Netflix und Co. erstmals Abonnenten.
Streamingdienst Disney+
Der Streamingdienst plant eine Entlassungswelle. Die Konkurrenz mit Netflix oder Amazon ist hoch.
Bild: Reuters
Los Angeles/New York Der US-Medien- und -Unterhaltungskonzern Walt Disney will sich neu aufstellen und rund 7000 Arbeitsplätze streichen. Das entspricht knapp vier Prozent der Belegschaft. Das Unternehmen kündigte die Entlassungen am Mittwoch als Teil einer weitreichenden Umstrukturierung an, die zu Kosteneinsparungen von 5,5 Milliarden Dollar führen soll. Walt Disney steht mit seinem globalen Streaming-Geschäft im scharfen Wettbewerb mit Rivalen wie Netflix und Amazon und schreibt dort Verluste.
„Es ist Zeit für eine weitere Transformation“, erklärte Disney-Chef Bob Iger. Er kündigte einen Umbau in drei Segmente an: eine Unterhaltungssparte namens Disney Entertainment, die Film, Fernsehen und Streaming umfasst, eine auf Sport fokussierte Einheit rund um den Kanal ESPN sowie den Bereich Disney Parks, also Erlebnisse und Produkte.
Die Umstrukturierung werde Abläufe straffen, das Geschäft effizienter machen und die Kosten senken, hieß es. Zuletzt hatte Disney während der Coronapandemie 32.000 Mitarbeiter entlassen, vor allem in seinen Freizeitparks.
Entscheidungen sollten nun wieder in die Hände kreativer Köpfe gelegt werden, die dann darüber zu befinden haben, welche Filme und Serien produziert und wie diese vertrieben und vermarktet werden, so Iger.
Darüber hinaus kündigte der Disney-Chef an, dass der Unterhaltungskonzern ab Ende 2023 wieder eine „moderate“ Dividende auszahlen will. An der Wall Street trafen die Pläne auf Zustimmung. Disney-Aktien stiegen nachbörslich um mehr als sechs Prozent.
Mit den nun verkündeten Stellenstreichungen folgt der Konzern, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiert, dem Vorbild anderer Medienunternehmen. Mehrere Konkurrenten hatten als Reaktion auf ein verlangsamtes Abonnentenwachstum und den zunehmenden Wettbewerb um Streaming-Zuschauer ebenfalls den Abbau von Stellen angekündigt.
Am Mittwoch meldete der Konzern erstmals in einem Quartal einen Rückgang der Abonnentenzahl für seine Streaming-Sparte Disney+. Zum Jahresende verzeichnete diese 161,8 Millionen Nutzer weltweit, ein Minus von einem Prozent gegenüber dem dritten Quartal 2022. Disney verfehlte damit die Erwartungen der Analysten. Hintergrund war unter anderem der Verlust von Cricket-Sportrechten in Indien.
Der Rückgang wirft Disney im Kampf um die Streaming-Krone zurück. Erst vor wenigen Wochen hatte Konkurrent Netflix einen überraschend starken Kundenzuwachs gemeldet. Die Zahl der Netflix-Nutzer war im vierten Quartal um 7,6 Millionen auf 231 Millionen gestiegen. Analysten hatten nur mit etwa der Hälfte an neuen Nutzern gerechnet.
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Die Sparte um Disney+ schrieb im Schlussquartal mehr als eine Milliarde Dollar Verlust. Seit ihrer Auflegung 2019 türmte sie einen Verlust von neun Milliarden Dollar auf. 2024 soll die Sparte profitabel operieren und auf 215 bis 245 Millionen Abonnenten kommen. Dieses Ziel wurde im August bereits reduziert.
Nun will der Konzern 2,5 Milliarden Dollar bei Vertriebs-, Betriebs- und allgemeinen Verwaltungskosten einsparen, weitere drei Milliarden sollen Entlassungen und Kürzungen bei Nicht-Sport-Inhalten bringen.
Insgesamt stieg Disneys Nettogewinn im abgelaufenen Quartal um elf Prozent auf knapp 1,28 Milliarden Dollar. Der Umsatz kletterte um acht Prozent auf 23,51 Milliarden Dollar und lag damit höher als erwartet.
Die Umstrukturierung markiert ein neues Kapitel unter Konzernchef Iger, dessen erste Amtszeit im Jahr 2005 begann. Er stärkte Disney mit einer Reihe von Unterhaltungsmarken und erwarb die Pixar Animation Studios, Marvel Entertainment und Lucasfilm. Jahre später richtete er das Unternehmen neu aus, um auch vom Streaming zu profitieren: Er kaufte 2019 die Film- und Fernsehaktivitäten von 21st Century Fox und führte Disney+ ein.
2020 trat Iger als Chef zurück, kehrte aber im November 2022 aus dem Ruhestand zurück und löste den amtierenden Konzernchef Bob Chapek ab. Der überfallartige Führungswechsel hatte zu einigem Wirbel im Konzern geführt.
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Zuletzt war der Druck auf Iger gestiegen. Der aktivistische Investor Nelson Peltz hatte mit seinem Finanzhaus Trian Fund Management im Januar eine Kampagne gestartet, um von den Aktionären in den Verwaltungsrat des Konzerns berufen zu werden. Peltz warf dem Management die jüngsten Aktienkursrückgänge vor. Er kritisierte die „Wertvernichtung“ im Unternehmen, da Disney es versäumt habe, die CEO-Nachfolge ordnungsgemäß zu planen.
Zudem kritisierte Peltz eine „schwache Corporate Governance“, im Rahmen derer sich das Management „völlig überhöhte“ Gehälter genehmigt habe, wie das „Wall Street Journal“ berichtete.
Kritische Investoren wie Peltz befürchten, dass Disney im aktuell herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld Probleme bekommen könnte, etwa aufgrund der Schuldenlast in der Bilanz im Nachgang der 21st-Century-Fox-Übernahme.
„Disney hätte vom ersten Tag an einen sehr erfolgreichen und profitablen Streaming-Dienst anbieten können, ohne die Fox-Assets kaufen zu müssen“, erklärte Doug Creutz, Analyst bei Cowen & Co. Dann hätte der Konzern jedoch auf Erfolgsinhalte wie „Die Simpsons“ verzichten müssen. „Die strategische Idee war, dass, wenn Disney+ schnell genug wächst, zwei bis drei Streaming-Dienste übrig bleiben und Disney+ einer von ihnen wäre.“
Für 2023 erwarten Beobachter von Disney eine Entscheidung über die Komplettübernahme des Streamingdiensts Hulu und eine mögliche Ausgliederung des Sportnetzwerks ESPN. In der neuen Struktur wäre Letztere einfacher zu realisieren.
Mit Material von Reuters.
Erstpublikation: 08.02.2023, 23:37 Uhr (zuletzt aktualisiert: 09.02.2023, 00:57 Uhr).
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