PremiumSAP ist bei der strategischen Neuausrichtung auf Kurs – doch die Belegschaft profitiert nur bedingt davon: Die Gehaltsrunde liegt deutlich unter der Inflationsrate.
Düsseldorf Die Gehaltsrunde bei SAP stößt in Teilen der Belegschaft auf deutliche Kritik. Von einem „Schlag ins Gesicht“ angesichts des „sehr guten Gewinns“ und der derzeitigen Inflationsrate spricht Eberhard Schick, Betriebsratsvorsitzender bei der Konzernmutter und Vorsitzender der IG-Metall-Liste Pro Mitbestimmung.
„Das hat nichts mit Wertschätzung zu tun, und es fällt sicher vielen schwer, morgen wieder motiviert an die Arbeit zu gehen“, erklärte der Mitarbeitervertreter in einer Mitteilung der IG Metall.
SAP hat vergangene Woche angekündigt, den Mitarbeitern in Deutschland rückwirkend zum 1. Januar durchschnittlich 3,7 Prozent mehr Gehalt zu zahlen. Fest einplanen können diese indes nur knapp 1,5 Prozent.
Der Rest der Summe wird entsprechend einer Leistungseinschätzung der Vorgesetzten vergeben. Hinzu kommt ein Inflationsausgleich in Höhe von 1500 Euro. In anderen Landesgesellschaften dürften die Abschlüsse nach Einschätzung in Kreisen der Arbeitnehmervertretung ähnlich ausfallen.
Der Konzern sieht darin ein angemessenes Ergebnis. „Unter den gegebenen makroökomischen Umständen sowie im Vergleich zum Wettbewerb ist das eine gute Nachricht für unsere Beschäftigten“, sagt Cawa Younosi, Personalchef von SAP in Deutschland.
Die Erhöhung liege in etwa bei dem, was andere nicht tarifgebundene Unternehmen zahlten, hinzu komme die Einmalzahlung. Zudem profitiere „die deutliche Mehrheit der Mitarbeiter“ von Aktienprogrammen.
SAP steht unter Druck, die Profitabilität zu steigern. Fürs laufende Jahr hat das Management den Aktionären beim bereinigten Betriebsergebnis wieder ein zweistelliges Plus in Aussicht gestellt. Ein Resultat: Der Konzern streicht 3000 Stellen, um sich auf die stärksten Bereiche des Portfolios zu fokussieren, wie es Vorstandssprecher Christian Klein bei der Vorlage der Jahreszahlen formulierte.
Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten allerdings auf einen deutlichen Gehaltsschub gehofft, Forderungen von bis zu 10,5 Prozent standen im Raum. Einerseits weil die Preise steigen, andererseits weil SAP trotz der strategischen Neuausrichtung weiter sehr profitabel ist: 2022 erwirtschaftete der Softwarehersteller ein Betriebsergebnis von acht und einen Nettogewinn von 4,5 Milliarden Euro.
„Nach den letzten beiden Gehaltsrunden, die schon deutlich unter der Inflationsrate lagen, erleben wir insgesamt einen erheblichen Reallohnverlust, bei gleichzeitig hohen Gewinnen“, erklärte daher Andreas Hahn, Vertreter der Verdi-Liste Upgrade und Vorsitzender des europäischen Betriebsrats. Beim Inflationsausgleich schöpfe SAP noch nicht einmal den steuerlich begünstigten Rahmen aus.
„Dass SAP seine Preisliste mit der Begründung einer hohen Inflation angepasst hatte, klingt da schon fast wie Hohn“, kritisierte Hahn. Der Softwarehersteller hatte im vergangenen Jahr mehrere Preiserhöhungen angekündigt, unter anderem für seine Cloud-Produkte und die Wartung, und dabei die Kostensteigerungen als Argument angeführt.
Beim Softwarehersteller mit seinen vielen gut bezahlten IT-Spezialisten tun sich die großen Gewerkschaften traditionell schwer. Im Aufsichtsrat ist aktuell kein Vertreter einer DGB-Vereinigung vertreten. Im Betriebsrat der Konzernmutter stellen IG Metall und Verdi trotz deutlicher Zugewinne bei der letzten Wahl nur insgesamt 15 der 45 Sitze.
Aufgrund der geringen Durchsetzungsfähigkeit haben Gewerkschaften bislang keine Tarifverhandlungen mit SAP aufgenommen. Daher legt der Vorstand des Dax-Konzerns viele Bestandteile der Bezahlung fest. Die Mitarbeitervertretung hat keinen Einfluss auf die Höhe des Abschlusses – hier gilt der sogenannte Tarifvorbehalt.
Erstpublikation: 29.01.23, 15:05 Uhr.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×