Die Organisatoren wollen den Facebook-Werbeboykott auf den August ausdehnen. Facebook unternimmt aus ihrer Sicht immer noch zu wenig gegen Hass und Hetze.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg
Der Gründer sieht sein Netzwerk missverstanden.
Bild: AP
Hamburg Der Werbeboykott großer Marken ist für Facebook noch nicht ausgestanden. Der Chef der US-Organisation Anti-Defamation League (ADL), Jonathan Greenblatt, hat angekündigt, die Organisatoren wollten die Aktion auf den August ausdehnen. Facebook tue noch immer nicht genug gegen Hassbotschaften.
Greenblatt sagte dem Magazin „Forbes“, die Kampagne übertreffe die Erwartungen der Organisatoren, immer mehr Werbetreibende schlössen sich an. Die Bemühungen von Facebook gegen Hassbotschaften reichten längst nicht aus. Firmenchef Mark Zuckerberg habe gesagt, 89 Prozent der Hassbeiträge würden gelöscht, bevor sie jemand zu Gesicht bekomme. „Wenn ein Produkt nur zu 89 Prozent funktioniert, ist es gescheitert“, kritisierte Greenblatt.
Zahlreiche Werbetreibende, darunter Adidas und Coca-Cola, hatten sich im Juli dem Boykott angeschlossen, um Facebook vor den US-Wahlen zu zwingen, mehr gegen Hass und Lügen auf der Plattform zu tun.
Facebooks relativ starke Zahlen mit einem Umsatz von 18,3 Milliarden Dollar im zweiten Quartal sorgen derweil etwa unter Twitter-Kommentatoren für eine Diskussion über die Wirksamkeit des Boykotts. Allerdings begann der Boykott erst im Juli, so dass sich die Zurückhaltung der Werbekunden in den Zahlen noch gar nicht widerspiegeln kann.
Facebook-Finanzchef Dave Wehner erklärte in einer Telefonkonferenz zu den Zahlen, der Boykott beeinflusse durchaus die Prognose für das laufende dritte Quartal. Der Protest sei neben der Coronakrise ein Faktor dafür, dass das Wachstum begrenzt bleibe. Allerdings sei der Werbeumsatz in den ersten drei Juli-Wochen um zehn Prozent gestiegen – und liege damit in etwa auf dem Niveau des zweiten Quartals.
Das zeigt: Einen Einbruch gibt es nicht. Immerhin aber wuchs der Werbeumsatz im Juli weniger stark als in den beiden Vormonaten, während die Coronamaßnahmen weltweit gelockert werden. Allerdings verzeichnet Facebook auch eine Normalisierung der Nutzeraktivität, die während der Lockdowns deutlich gestiegen war.
Facebook-Managerin Sheryl Sandberg bemühte sich, den Konflikt um Hassrede zu entschärfen. Facebook sei das erste soziale Netzwerk, das einen Audit zu gesellschaftlichen Fragen durchgeführt habe. Zudem habe der Konzern bereits Anfang Juli die Kritiker zum Gespräch eingeladen. „Es ist eine interessante Situation: Normalerweise wird ein Unternehmen boykottiert, weil es etwas anderes will als die Aktivisten. Das ist in unserem Fall anders“, sagte Sandberg.
Facebook wolle ebenso wenig Hass auf seiner Plattform. „Wir profitieren nicht von Hassbotschaften. Die Nutzer wollen sie nicht sehen, und die Werbetreibenden wollen damit nicht in Verbindung gebracht werden“, sagte sie. Daher arbeite Facebook mit Branchenverbänden und anderen Organisationen an Lösungen. Zum Ende des dritten Quartals wolle der Konzern die Ergebnisse einer Sicherheitsüberprüfung zusammen mit dem Media Rating Council, einer offiziellen US-Medienaufsicht, vorlegen.
Zuvor hatte Zuckerberg am Mittwoch bereits in einer Anhörung vor einem Kongressausschuss beteuert, Facebook arbeite aktiv gegen Fehlinformationen etwa zum Coronavirus. In der Telefonkonferenz zu den Zahlen verteidigte er sein Unternehmen. Es gebe einen fundamentalen Unterschied, wie Kommentatoren über Facebook schrieben und wie die Nutzer die Plattform tatsächlich wahrnähmen. Gerade im Corona-Lockdown habe Facebook vielen Nutzern geholfen.
Der allergrößte Teil der Inhalte drehe sich nicht um Politik, Nachrichten, Desinformation oder Hass. „Wir profitieren nicht von Desinformation oder Hass, und wir wollen solche Inhalte nicht auf unserer Plattform“, beteuerte auch er. Künstliche Intelligenz sortiere solche Inhalte zu 90 Prozent aus.
Kritiker haben eine andere Theorie: Sie meinen, kontroverse Inhalte erhöhten die Nutzungsintensität auf Facebook und nutzten dem Unternehmen so. Zudem zahlten etliche Organisationen für politische Werbung und Desinformation. Finanzchef Wehner hielt dagegen, auch in US-Wahljahren trage politische Werbung nur einen Bruchteil zum Umsatz bei. Dies sei bereits in der Prognose für das dritte Quartal berücksichtigt.
Zuckerberg betonte, der größte Teil des Umsatzes komme von kleinen Werbetreibenden, nicht von großen Konzernen. Daher bereite es ihm Sorge, wenn die Regulierer die Fähigkeit, Werbung datenbasiert auszuspielen, beschränken wollten. Das gefährde die Effizienz der Werbung, die gerade für kleinere Werbetreibende entscheidend sei, sagte Zuckerberg.
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