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01.03.2022

09:34

Soziale Netzwerke

Druck von der EU: Facebook und Youtube sperren russische Staatsmedien in Europa

Von: Stephan Scheuer

PremiumDie EU wirft RT und Sputnik das Verbreiten von Lügen vor. Facebook und Youtube wollen die Anbieter in Europa blockieren. Auch Tiktok und Twitter kündigen Schritte an.

Dem russischen Fernsehsender RT wird eine massive Desinformationskampagne im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine vorgeworfen. dpa

Russischer Staatssender RT

Dem russischen Fernsehsender RT wird eine massive Desinformationskampagne im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine vorgeworfen.

San Francisco Die Facebook-Muttergesellschaft Meta blockiert den Zugang zu den russischen Staatsmedien RT und Sputnik auf ihren Plattformen in der Europäischen Union. Das kündigte der Cheflobbyist und Leiter der Abteilung für globale Angelegenheiten des Konzerns, Nick Clegg, am späten Montagabend an.

Das Unternehmen sei von mehreren Staaten sowie der Europäischen Union zur Einschränkung russischer Staatsmedien aufgefordert worden, schrieb Clegg auf dem Kurzmitteilungsdienst Twitter. „Angesichts der Ausnahmesituation werden wir den Zugang zu RT und Sputnik in der EU derzeit einschränken“, sagte Clegg. Einen Zeitraum für die Blockade des Anbieters nannte er nicht.

Auch die Videoplattform Youtube hat die Kanäle von RT und Sputnik europaweit gesperrt. „Aufgrund des andauernden Krieges in der Ukraine sperren wir mit sofortiger Wirkung Youtube-Kanäle, die mit RT und Sputnik in Europa verbunden sind“, teilte ein Firmensprecher am Dienstag mit. Es werde eine Weile dauern, bis die Maßnahmen technisch umgesetzt werden.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte gesagt: „Das staatliche Russia Today und Sputnik sowie ihre Tochtergesellschaften werden nicht länger in der Lage sein, ihre Lügen zu verbreiten, um Putins Krieg zu rechtfertigen und die Spaltung unserer Union zu säen.“ Weiter hatte sie gesagt: „Deshalb entwickeln wir Instrumente, um ihre giftigen und schädlichen Desinformationen in Europa zu verbieten.“

Clegg hatte wenige Tage zuvor mitgeteilt, die russischen Behörden hätten sein Unternehmen aufgefordert, die Überprüfung von Fakten und die Kennzeichnung von Inhalten staatlicher Medien einzustellen. Das habe sein Unternehmen abgelehnt.

Auch die Video-App Tiktok schließt sich den Maßnahmen an: Ein Tiktok-Sprecher bestätigte das Vorgehen gegen Accounts der russischen Staatsmedien in der EU unter anderem dem „Wall Street Journal“ und dem US-Rundfunksender NPR. Tiktok gehört dem chinesischen Konzern Bytedance.

In Russland sind laut Analysen des auf Internetblockaden spezialisierten Dienstes Netblocks die US-Plattformen Facebook und Twitter seit dem Wochenende weitgehend gesperrt. Die Dienste seien von Russland aus kaum noch zu nutzen und über populäre Internetanbieter wie Rostelecom, MTS, Beeline oder Megafon nicht erreichbar, teilte Netblocks mit.

RT wirbt: „Wir sind der meistgeschaute Nachrichtenanbieter auf Youtube“

US-Techkonzerne wie Meta, Googles Muttergesellschaft Alphabet sowie Microsoft hatten in den letzten Tagen Maßnahmen ergriffen, um russische Staatsmedien daran zu hindern, Geld mit Werbung auf ihren Plattformen zu verdienen.


RT gehört zu dein reichweitenstärksten Sendern auf Youtube (Screenshot).

RT Auftritt bei Youtube

RT gehört zu dein reichweitenstärksten Sendern auf Youtube (Screenshot).

Für den Google-Videodienst Youtube ist der Umgang mit den russischen Anbietern RT und Sputnik besonders brisant. Mit 4,65 Millionen Abonnenten zählt RT zu den größten Sendern auf der Plattform. RT wirbt sogar mit dem Slogan: „Wir sind der meistgeschaute Nachrichtenanbieter auf Youtube.“ Zehn Milliarden Zugriffe erzielte RT im Jahr 2020 nach eigener Darstellung.

Am Samstag hatte Google bereits bekanntgegeben, dass es RT und andere von Russland unterstützte Kanäle mit Beschränkungen belegt hat, sodass die Anbieter keine Einnahmen mehr mit Werbung erziehen können. „Als Reaktion auf eine Regierungsanfrage haben wir den Zugang zu RT und einer Reihe anderer Kanäle in der Ukraine eingeschränkt“, sagte ein Youtube-Sprecher.

„Digitaler Krieg“ wird um Deutungshoheit in sozialen Netzwerken ausgetragen

Soziale Netzwerke sind eine zentrale Informationsquelle für die Entwicklung des Krieges in der Ukraine. Mitteilungen auf Facebook, Videos bei Youtube oder Kurztexte bei Twitter erreichen innerhalb von Minuten ein globales Millionenpublikum. Seit Jahren ringen die Anbieter damit, wirksame Systeme zu entwickeln, damit ihre Netze nicht von Falschinformationen oder Hass dominiert werden – mit sehr durchwachsenem Ergebnis.

Twitter kündigte an, „in den kommenden Wochen“ staatlich unterstützte Medien-Websites aus Russland mit einem speziellen Banner zu kennzeichnen. Zu Beginn des Krieges in der Ukraine hatte Twitter die Accounts von mehreren Analysten gesperrt, die die Truppenbewegungen beschrieben hatten. Später hatte Twitter den Schritt als Fehler bezeichnet und die Accounts wieder freigegeben.

Zwar teilte der Facebook-Mutterkonzern Meta am Sonntag die Sperrung von rund 40 Accounts mit, die für die Verbreitung von Falschinformationen genutzt werden sollten. Das Ausmaß gezielter Desinformation ist nach Einschätzung von Sicherheitsforschern aber viel größer. Die israelische IT-Firma Cyabra registrierte schon in den Tagen vor Beginn des Ukrainekriegs einen gewaltigen Anstieg von „ukrainefeindlichen Beiträgen“ um 11.000 Prozent im Vergleich zu den Tagen zuvor. „Wenn man einen Anstieg von 11.000 Prozent sieht, weiß man, dass etwas im Gange ist“, sagte Dan Brahmy, CEO von Cyabra, der Nachrichtenagentur AP.

Schon vor dem Einmarsch in die Ukraine soll russische Desinformation begonnen haben

Schon vor dem Aufmarsch russischer Truppen habe der Kreml einen „digitalen Krieg“ mit gezielter Desinformation geführt, „um seine Gegner zu verwirren und eine öffentliche Rechtfertigung für einen möglichen militärischen Konflikt zu liefern“, teilte der auf Falschinformationen spezialisierte Dienst Newsguard aus New York mit. „Als die Situation in der Ukraine zu eskalieren begann, konzentrierte sich die russische Propaganda zunehmend auf falsche Erzählungen, die Vorwände oder Rechtfertigungen für einen Krieg lieferten.“

Die Europäische Union hatte am Mittwoch die Chefredakteurin von RT auf einer Sanktionsliste aufgenommen. Die EU nannte die Leiterin von RT, Margarita Simonyan, „eine zentrale Figur der Regierungspropaganda“.

In der Bundesrepublik gibt es bereits seit Jahren einen Streit über das deutschsprachige Angebot von RT. Die Kommission für Zulassung und Aufsicht entschied, dass das deutschsprachige RT in Deutschland nicht wieder auf Sendung gehen darf. Das Fernsehprogramm dürfe weder über Satellit noch über Livestream im Internet oder mobile Apps ausgestrahlt werden, weil „die dafür erforderliche medienrechtliche Zulassung nicht vorliegt“, begründete die ZAK das Verbot. Die deutsche Sparte von RT hatte im Dezember unter Berufung auf eine serbische Sendelizenz mit einem Liveprogramm begonnen, wurde jedoch vom Satellitenbetreiber Eutelsat nach wenigen Tagen abgeschaltet.

Der Kreml hatte daraufhin Anfang Februar dem deutschen Auslandssender Deutsche Welle ein Sendeverbot erteilt. Zudem ordnete das Außenministerium die Schließung des Büros des Senders an, annullierte die Akkreditierung aller dort beschäftigten Journalisten und verbot die Verbreitung des Programms über Satellit oder andere Kanäle in Russland.

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