PremiumÜber die Plattform der Münchener können Händler alle Logistikdienstleistungen abwickeln. Die Gründer wollen das Start-up langfristig zum Einhorn machen.
Boris Bösch, Johannes Tress und Felix Haberland (v.l.)
Die Gründer wollen Everstox langfristig zum Einhorn machen.
Bild: Everstox
Berlin Lieferengpässe, hohe Kraftstoffpreise, Fachkräftemangel: Die vielen Probleme der Logistikbranche machen deutlich, warum die Digitalisierung in diesem Bereich besonders wichtig ist. Zumal der Onlinehandel der Krisenstimmung zum Trotz weiter wächst und damit auch immer mehr Pakete und Päckchen ausgeliefert werden.
Das Münchener Unternehmen Everstox unterstützt dabei kleine Onlineshops und übernimmt deren komplette Logistik. Dafür kooperiert das Start-up mit verschiedenen lokalen Versandanbietern.
Über die Everstox-Plattform können Online-Einzelhändler alle Logistikdienstleistungen über eine Cloud-Anwendung abwickeln. „Wir haben eine Softwarelösung entwickelt, damit Handelsunternehmen und Logistiker über eine Plattform miteinander effizienter und in Echtzeit arbeiten können“, sagt Firmenmitgründer und Co-Chef Boris Bösch, der in der Vergangenheit für die Boston Consulting Group gearbeitet hat.
Everstox wendet sich vor allem an Onlineshops, die unabhängige Logistiklösungen nutzen, aber trotzdem keine eigenen Lager betreiben wollen. „Onlinehändler investieren bis zu einem Fünftel ihres Umsatzes in die Logistik“, sagt Bösch. Everstox könne diese Kosten senken und zudem Zeit sparen, da beispielsweise die Software die Steuerung der Lager und die Auftragsabwicklung übernehme.
Zudem könne Everstox problemlos weitere Lagerkapazitäten zur Verfügung stellen, sollte ein Händler aufgrund höherer Nachfrage mehr Platz benötigen.
Europaweit kommt das Unternehmen inzwischen auf mehr als 60 Lagerstandorte von 25 unterschiedlichen Logistikern. Erst im Herbst ist das Start-up, das inzwischen 100 Mitarbeiter zählt, in die USA expandiert und verfügt dort über acht Lager. Nun sollen weitere Länder hinzukommen.
Als Kunden hat Everstox unter anderen den Amazon-Reseller Razor und den Trinkmahlzeiten-Hersteller Yfood gewonnen. Razor nutzt auch das neue US-Angebot.
Monatlich werden über Everstox mittlerweile mehr als zwei Millionen Artikel verschickt, was einer Verdoppelung zum Vorjahr entspricht. Laut Bösch liefen auch die Black Week sowie das Vorweihnachtsgeschäft sehr erfolgreich. Er gehe davon aus, dass sich die Verbraucher mit Blick auf kommende Angebote und Rabatte ihre Einkäufe aufgespart haben.
Damit scheint es bei den Onlineshops, die auf Everstox setzen, besser gelaufen zu sein als bei anderen. Laut den Zahlen des E-Commerce-Softwareanbieters Salesforce ist der Umsatz zum Online-Verkaufsevent Black Friday in Deutschland um zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen.
>>Lesen Sie dazu auch: Inflation und weniger Schnäppchen: Umsätze zum Black Friday brechen ein
Investoren trauen den Münchenern viel zu. Julius Lühr vom Wagniskapitalgeber Acton Capital, der an Everstox beteiligt ist, hebt die Technologie hervor. Sie ermögliche es, alle Prozesse standortübergreifend über eine zentralisierte Cloud-Plattform zu steuern.
Zudem müssten sich Händler nicht auf ein eigenes Warenlager festlegen, aus dem sie oft in wenigen Monaten wieder herausgewachsen seien. Everstox ermögliche seinen Kunden professionelle Logistikprozesse, die eine Amazon-ähnliche Erfahrung böten.
Aus den USA kommt damit auch die größte Konkurrenz. Der weltgrößte Onlinehändler Amazon bietet seine Logistikdienstleistungen ebenfalls gegen Gebühr an und zählt in Europa 50 Großlagerzentren. Zum anderen nehmen Logistiker wie FedEx verstärkt auch kleinere Händler mit besonderen Angeboten ins Visier.
Zudem gibt es noch weitere Jungfirmen wie Shipmonk. Das US-Unternehmen hat bereits mehr als zehn Mal so viel Wagniskapital wie Everstox eingesammelt. Die Münchener kommen bisher auf 25 Millionen Euro.
Everstox hat große Pläne: „Das Berliner Logistik-Start-up Forto hat gezeigt, dass man als Logistikunternehmen den Einhorn-Status erreichen kann. Für uns ist das auch ein Meilenstein, den wir in den nächsten Jahren anstreben“, sagt Bösch. Als Einhorn werden Start-ups bezeichnet, die von Investoren mit mindestens einer Milliarde Dollar bewertet werden. Auf dem Weg dahin will Everstox seinen Kundenstamm verzehnfachen.
Das Geld aus der jüngsten Finanzierungsrunde werde noch gut zwei Jahre reichen, erklärt Mitgründer Bösch. Trotzdem: „Das bedeutet nicht, dass nicht schon vorher etwas passieren wird. Wir sind noch in einigen Gesprächen“.
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