Die Wettbewerbshüter haben neue Untersuchungen gegen Google eingeleitet. Sie prüfen, ob der Konzern die Nutzung seiner Dienste zu eng an die Verarbeitung der persönlichen Daten knüpft.
In den vergangenen Jahren gingen die Wettbewerbshüter mehrfach gegen die US-Konzerne vor.
Bild: AP
Düsseldorf, Berlin Erst Facebook, dann Amazon, jetzt Google: Das Bundeskartellamt hat am Dienstag neue Verfahren gegen Google eingeleitet. Damit nutzt die Behörde jetzt schon im Fall des dritten US-Tech-Konzerns ihre neu geschaffenen Eingriffsmöglichkeiten.
Zunächst einmal prüft das Kartellamt, ob Googles Position auf verschiedenen Märkten so stark ist, dass andere Unternehmen den Konzern kaum mehr angreifen können. Diese Frage dürfte die Bonner Behörde bejahen. Spannender noch ist die zweite, daraus folgende Frage: Hat diese Position auch negative Konsequenzen für die Nutzer? Dann nämlich könnte das Kartellamt die Marktmacht des Konzerns beschränken.
„Aufgrund der Vielzahl an digitalen Diensten wie der Suchmaschine, Youtube, Maps, dem Betriebssystem Android oder dem Browser Chrome kommt bei Google eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb in Betracht“, sagt Kartellamtschef Andreas Mundt mit Blick auf das erste Verfahren. Dessen Ausgang ist gewissermaßen Voraussetzung für das zweite.
Darin wird zum Beispiel untersucht, inwiefern Google seine Nutzer de facto dazu zwingen kann, der Verarbeitung ihrer Daten zuzustimmen – oder ob sie die Möglichkeit hätten, diese abzulehnen. „Das Geschäftsmodell von Google baut ganz grundlegend auf der Verarbeitung der Daten seiner Nutzerinnen und Nutzer auf“, sagt Mundt. Eine zentrale Frage dabei sei, „ob Verbraucherinnen und Verbraucher ausreichende Wahlmöglichkeiten zur Nutzung ihrer Daten durch Google haben, wenn sie Google-Dienste verwenden wollen“.
Ähnlich hatte das Bundeskartellamt auch schon im Fall des sozialen Netzwerks Facebooks argumentiert. Die neuen Nutzungsbedingungen bei dessen Messenger WhatsApp zeigen es gerade deutlich: Wer nicht zustimmt, wird bald keine Nachrichten mehr empfangen und senden können.
Bei Google sei die Sache weniger eindeutig, sagt der Kartell- und Telekommunikationsrechtsexperte Sebastian Louven. So könnten Nutzer die Grundfunktionen der Videoplattform Youtube und des Kartendienstes Maps etwa grundsätzlich ohne Google-Konto nutzen.
Aber dann wird es komplizierter: Wer sich mithilfe des Kartendienstes durch eine Stadt navigieren lassen will, muss seinen Standort freigeben. Der Experte mutmaßt: „Hier könnte es darum gehen, dass Google sich unter Umständen nicht nur an die Erbringung dieser Leistung hält, sondern darüber hinaus Auswertungsmöglichkeiten hat: Werden Sie vor einem bestimmten Restaurant langsamer? Wie ist Ihr Verkehrsverhalten?“
Das Problem aus seiner Sicht: „Nur Google hat aufgrund der Vielzahl seiner Dienste überhaupt die Möglichkeit, so tief in das Leben der Nutzer hineinzuschauen“, sagt Louven. Neue Regulierungsmaßnahmen könnten etwa vorsehen, dass ein Unternehmen mit jeder Ausweitung der Datennutzung den Verbrauchern auch mehr Wahlmöglichkeiten lasse – oder aber die anonymisierten Erkenntnisse mit anderen Unternehmen teile. Denn das könne das Problem der Marktmacht begrenzen.
Google reagierte gelassen auf die Verfahren: „Menschen nutzen Google, weil unsere Angebote hilfreich für sie sind, nicht weil sie dazu gezwungen werden oder weil sie keine Alternativen finden können“, sagt Sprecher Ralf Bremer. „Wir geben Menschen einfache Kontrollmöglichkeiten, wie ihre Informationen verwendet werden, und wir begrenzen die Verwendung von persönlichen Daten.“ Google werde umfänglich mit der deutschen Wettbewerbsbehörde kooperieren.
Nach einer Gesetzesänderung im Januar kann das Bundeskartellamt nun früher und effektiver gegen die großen Digitalkonzerne vorgehen. Die Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) erlaubt es der Bonner Behörde, mit vergleichsweise geringem Aufwand festzustellen, dass ein Unternehmen eine „überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb“ hat.
Den so eingestuften Firmen kann das Amt einen ganzen Katalog von Geschäftspraktiken untersagen. Im Falle von Google verweist Mundt auf den Paragrafen, der den Unternehmen untersagt, die Nutzung von Diensten davon abhängig zu machen, dass die Nutzer der Verarbeitung von Daten aus anderen Diensten zustimmen, ohne ausreichend Wahlmöglichkeit zu haben.
Mundt hatte bereits im März im Handelsblatt-Interview angekündigt, weitere Verfahren gegen die großen Digitalkonzerne einzuleiten. Um die Einhaltung der Verhaltensvorgaben kontrollieren zu können, werde die Behörde auch in die streng gehüteten Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen blicken, sagte er: „Wir werden als Wettbewerbsbehörden künftig auch immer mehr in die Algorithmen hineinschauen müssen.“
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