Das Start-up DeepL bringt es in schwierigen Zeiten auf eine Milliardenbewertung. Gründer Jaroslaw Kutylowski will das frische Geld in die Forschung stecken – aber auch in die Expansion des Translators.
DeepL-Gründer Jaroslaw Kutylowski
Der Unternehmer kann mit dem Begriff Einhorn wenig anfangen.
Bild: DeepL
Berlin Berichte über eine neue Finanzierungsrunde des Online-Übersetzers DeepL sorgen seit einigen Wochen für Schlagzeilen. An diesem Mittwoch hat es die Firma offiziell gemacht: Das Kölner Start-up, das es etwa mit dem Angebot des US-Technologiekonzerns Google aufnimmt, hat frisches Geld eingesammelt. Damit wird DeepL erstmals mit mehr als einer Milliarde Euro bewertet und steigt in schwierigen Zeiten in den exklusiven Klub der sogenannten Einhörner auf.
Das ist in den vergangenen Monaten angesichts der neuen Zurückhaltung von Investoren keiner deutschen Firma mehr gelungen. Durch den Kauf des Lebensmittelschnelllieferdienstes Gorillas durch Getir aus der Türkei fiel kürzlich sogar wieder ein Einhorn aus der Liste heraus.
Firmengründer Jaroslaw Kutylowski kann der in der Szene begehrten Bezeichnung allerdings kaum etwas abgewinnen: „Mir fällt es schwer, stabiles Wachstum mit diesem Begriff zu verbinden“, sagt er im Interview mit dem Handelsblatt.
Die Finanzierungsrunde von DeepL findet in einer Zeit statt, in der viele Start-ups große Probleme haben, frisches Geld einzusammeln. Während in der Coronapandemie Investoren vor allem auf die Wachstumszahlen schauten, achten sie inzwischen stärker auf die Geschäftsmodelle und ob diese am Ende profitabel sein können.
Mit Letzterem kann DeepL punkten. „Aufseiten der Investoren spielte sicherlich eine große Rolle, dass wir schon immer profitabel waren. Besonders in den aktuellen Zeiten ist das wieder in Mode gekommen“, sagt der in Polen geborene Informatiker, der selbst zweisprachig aufgewachsen ist.
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Zahlen will er keine verraten, weder zur Höhe der Finanzierungsrunde oder der bisher seit Firmengründung eingesammelten Gelder noch zu Umsatz und Gewinn. „Das halten wir verschlossen“, sagt er. Dadurch lassen sich seine Angaben schwer vergleichen.
DeepL ist 2017 aus dem Online-Wörterbuch Linguee hervorgegangen und bietet inzwischen 29 Sprachen an. Für Einnahmen sorgen in erster Linie kostenpflichtige Angebote, die mehr Funktionen und Datenschutz beinhalten als die kostenlose Variante. Diese richten sich vor allem an Firmen und professionelle Einzelnutzer.
Die Finanzierungsrunde, an der sich die US-Wagniskapitalgeber IVP und Bessemer sowie Atomico aus Europa beteiligten, spiegelt auch den Siegeszug von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Arbeitswelt wider. DeepL bietet mithilfe von KI besonders präzise Übersetzungen an. Das Angebot wird inzwischen nach Firmenangaben von Tausenden Unternehmen weltweit in einer Vielzahl von Branchen genutzt.
Das Marktforschungsinstitut Gartner sagt enorme Umbrüche durch den verstärkten Einsatz von KI in der Übersetzungsbranche voraus: Arbeitsprozesse würden sich ändern, aber vor allem dürften die Preise sinken, die Übersetzer für ihre Arbeit aufrufen könnten. Zudem würden menschliche Experten hauptsächlich noch für die Feinjustierung von Texten eingesetzt, die zuvor von Programmen wie DeepL bearbeitet wurden.
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Die Veränderungen in der Branche will Kutylowski mit dem nun eingesammelten Geld aktiv mitgestalten. Die Millionen sollen in die Forschung fließen, aber auch in neue Produkte und Länder. Seit vergangenem Jahr ist DeepL beispielsweise auch in Japan aktiv. „Wir sehen uns als forschendes Unternehmen und befinden uns an vorderster Front dessen, was man mit Künstlicher Intelligenz und Sprache machen kann“, sagt Kutylowski.
Desktop-Anzeige des DeepL-Angbots
Das Kölner Start-up konkurriert etwa mit Google.
Bild: DeepL
Das bestätigt Reinhard Karger, Sprecher des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz. „DeepL kooperiert mit der sprachtechnologischen Forschung, kombiniert das Beste, was der jeweils aktuelle Erkenntnisstand anbietet, und ist so keine intellektuelle Insellösung.“
Die Konkurrenz in dem Milliardenmarkt ist allerdings groß. Dazu gehören neben Google auch der chinesische Anbieter Baidu und Lilt aus den USA sowie Systran aus Frankreich, Tilde aus Litauen und Tarjama aus Abu Dhabi.
Karger glaubt allerdings, dass DeepL mit seiner Fokussierung einen entscheidenden Vorteil zumindest gegenüber Google hat. „Maschinelle Textübersetzung ist mehr als ein weiterer Service, den andere nur anbieten, um Werbeeinblendungen verkaufen zu können“, sagt er. Kutylowski setzt bei seinem Dienst auf leichte Bedienbarkeit: „Wir bauen unsere Technologie auf eine Art und Weise, die sehr gut anwendbar ist.“
Mit dem Standort Deutschland verbindet der Gründer Vor- wie auch Nachteile: „Es gibt viele Toptalente in Deutschland und sehr gut ausgebildete Menschen. Trotzdem kann Deutschland noch nicht mit der Menge an Erfahrung mithalten, die es im Silicon Valley hinsichtlich schnell wachsender Start-ups gibt.“
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