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29.09.2021

14:56

US-Newsletter „Zukunftslabor USA“

Wie der Chipriese Nvidia am nächsten Internet mitbaut

Von: Alexander Demling

Das Metaversum könnte die nächste Entwicklungsstufe des Internets sein - wenn sich Großkonzerne wie Apple und Nvidia auf Regeln einigen können.

Das Metaversum ist eine Sammlung von virtuellen Welten, zu denen sowohl Computerspiele als auch ein virtuelles BMW-Werk gehören. Nvidia

Szene aus einem Computerspiel

Das Metaversum ist eine Sammlung von virtuellen Welten, zu denen sowohl Computerspiele als auch ein virtuelles BMW-Werk gehören.

San Francisco „Muss mein Fortnite-Avatar jemals durch ein BMW-Werk laufen können?“ – die Frage, die ich Richard Kerris diese Woche stellte, hätte die meisten Gesprächspartner wohl verwirrt. Doch der Vizepräsident von Nvidia wusste sofort, worauf ich hinauswollte.

Kerris ist bei dem wertvollsten Chiphersteller der Welt für das „Omniverse“ verantwortlich – eine Hard- und Software-Plattform, mit der komplexe reale Objekte virtualisiert werden können. Einer der frühen Nutzer des Omniverse ist der Münchner Autobauer, der damit die Produktion in einer seiner Fabriken simuliert und so Fehler und Ineffizienzen ausmerzen will, bevor sie in der realen Welt Geld kosten oder gar die Qualität der Autos beeinträchtigen.

Omniverse ähnelt nicht zufällig Metaverse, dem Silicon-Valley-Buzzword der Stunde. Das definiert Kerris als „Sammlung von virtuellen Welten, so wie das Universum eine Sammlung von Planeten ist“. Als ehemaliger Technologievorstand von Lucasfilm, dem Star-Wars-Filmstudio, ist er für die Schaffung neuer, aufregender Welten keine schlechte Wahl.

Spätestens seit Mark Zuckerberg angekündigt hat, Facebook zum „Metaversum-Unternehmen“ transformieren zu wollen, ist Metaversum das Gesprächsthema der Branche. Topmanager, Investoren und Digitalvordenker sehen im Metaversum die nächste Stufe des Internets mit unglaublichen kommerziellen Möglichkeiten.

Microsoft-Chef Satya Nadella träumt von einem „Metaversum für Unternehmen“. Auch Kerris‘ Chef, Nvidia-Gründer Jensen Huang, ist am Hype nicht ganz unschuldig: Er will ein „Metaversum für Ingenieure“ entwickeln – und Kerris ist sein Mann dafür. Als führender Entwickler von Grafik- und KI-Chips will Nvidia bei der Entwicklung des Metaversums eine wichtige Rolle spielen.

Im virtuellen BMW-Werk wird die Produktion simuliert, so sollen Fehler und Ineffizienzen frühzeitig ausgemerzt werden. Nvidia

Simuliertes BMW-Werk im Omniverse

Im virtuellen BMW-Werk wird die Produktion simuliert, so sollen Fehler und Ineffizienzen frühzeitig ausgemerzt werden.

Das Metaversum definiert Kerris als „Sammlung von virtuellen Welten, so wie das Universum eine Sammlung von Planeten ist“. Dazu zählt das virtuelle BMW-Werk genauso wie Computerspiele, durch die sich ein Spieler als Avatar in einer offenen Welt bewegt: so wie Fortnite oder Roblox, in denen inzwischen virtuelle Konzerte oder Filmvorführungen stattfinden. Das ist alles schon heute möglich, ohne dass dem ein schicker neuer Name angeklebt werden muss. Der erste Schritt in wirklich neue Welten soll Interoperabilität sein.

Wenn ein Spieler mit einem iPhone oder einer Oculus-VR-Brille jedes Spiel, jeden virtuellen Meetingraum und Schulklasse ansteuern kann und mit der Spielwährung aus dem einen Spiel den per Augmented Reality ins reale Wohnzimmer projizierten IKEA-Stuhl im Onlineshop kaufen kann, nähert sich das Metaversum tatsächlich Szenarien wie in den Science-Fiction-Romanen „Snowcrash“ oder „Ready Player One“ an. Ein dreidimensionales Internet, das noch mehr kann und noch grenzenloser ist als das heutige zweidimensionale.

Kerris will die „zentralen Rohrleitungen“ in Abstimmung mit der ganzen Industrie verlegen. Eine davon heißt USD, Universal Scence Description („Allgemeingültige Szenenbeschreibung“) – ein vom Animationsfilmstudio Pixar entwickelter Standard zum Austausch von 3D-Computergrafiken. Auf dieses „HTML des Metaversums“ hätten sich viele Unternehmen geeinigt – die Hyertext-Sprache HTML ist bis heute die Grundlage, die das Internet möglich macht.

Selbst Apple, wo Kerris einst unter Steve Jobs arbeitete, ist dabei – obwohl der iPhone-Konzern berüchtigt ist, lieber seine eigenen Standards durchzusetzen. Als sich Apple mit dem Fortnite-Entwickler Epic Games vor Gericht um die Höhe seiner App-Store-Gebühren zoffte, warf Epic-Gründer Tim Sweeney Apple vor, das „Metaversum verbieten“ zu wollen.

Diesmal sei Apple aber an Bord, sagt Kerris. Es geht in den Verhandlungen nicht um Geld, sondern etwa darum, wie Wasser in allen virtuellen Welten physikalisch richtig dargestellt wird. Solche Standards klingen mickrig, sind aber die Voraussetzung, dass eine von allen geteilte virtuelle Welt auf jedem Gerät optisch richtig dargestellt wird.

Ist das überhaupt notwendig? Um zur Eingangsfrage zurückzukommen: Ist es nicht egal, ob Wasser in Fortnite anders fließt als wenn es – Gott bewahre – durch die Decke eines virtuellen BMW-Werks tropft? „Als wir das BMW-Werk gebaut haben, haben wir 300 digitale Autos und einige digitale Menschen simuliert, die dort arbeiten. Wir haben dafür reale Mitarbeiter in Motion-Capture-Anzüge gesteckt, um jede Bewegung exakt nachzuahmen“, sagt Kerris. Ein realistischer Avatar sei also für viele Anwendungen notwendig – im Metaversum für Spiele genauso wie dem für Ingenieure.

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