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14.01.2021

04:00

Valar Ventures

Peter Thiels neue Investment-Sympathie für Europa

Von: Frank Matthias Drost, Susanne Schier, Christoph Kapalschinski, Alexander Demling

PremiumDer Facebook-Investor ist immer öfter in Europa aktiv. Aktuell investiert sein Fonds Valar in das deutsche Fintech Moss. Doch es gibt größere Pläne.

Der Geldgeber kritisiert den Tech-Standort Europa, investiert aber trotzdem. Reuters

Peter Thiel (Archivbild)

Der Geldgeber kritisiert den Tech-Standort Europa, investiert aber trotzdem.

Frankfurt, Hamburg, San Francisco Peter Thiel ist einer der bekanntesten Risikokapitalinvestoren der Welt. Sein frühes Investment in Facebook im Jahr 2004, das eine halbe Million Dollar in mehrere Milliarden verwandelte, ist nur das berühmteste. Obwohl er mit seinen Eltern schon im Alter von einem Jahr in die USA auswanderte, vereinnahmt Deutschlands Gründerszene den gebürtigen Frankfurter gern als einen der Ihren. Dabei wettert Thiel immer wieder gegen die europäische Tech-Szene. 2018 etwa machte er Schlagzeilen mit der Aussage, Europa schaffe es schlichtweg nicht, erfolgreiche Tech-Unternehmen aufzubauen.

Tatsächlich aber weiten die Investmentgesellschaften des einst bekennenden Trump-Anhängers ihr Engagement diesseits des Atlantiks immer weiter aus. Das zeigt eine Analyse seiner Investments, vor allem zwei aktuelle Beispiele.

So führt seine Investmentgesellschaft Valar Ventures eine neue Finanzierungsrunde in Höhe von 21 Millionen Euro der deutschen Geschäftsbank Moss an, die früher unter Vanta firmierte. Mit der jüngsten Kapitalspritze kommt Moss nach Angaben des Mitgründers und Geschäftsführers Ante Spittler auf eine Bewertung im dreistelligen Millionenbereich. „Moss will die Unternehmensausgaben für Betriebe digitalisieren, die zwischen 20 und 500 Mitarbeiter beschäftigen“, sagte Spittler dem Handelsblatt.

Kernprodukt ist eine intelligente Kreditkarte. Der Kunde erhält Zugang zu der Zahlungsplattform von Moss, auf der er für seine Mitarbeiter beliebig viele physische und virtuelle Kreditkarten bestellen und Ausgabenlimits festlegen kann. Zudem können auf dieser Plattform Rechnungen hochgeladen und die Buchhaltung kann vereinfacht werden.

An der Kapitalrunde beteiligten sich auch die Bestandsinvestoren Cherry Ventures und Global Founders Capital. Insgesamt sammelte das erst 2019 gegründete Unternehmen bislang 30 Millionen Euro ein.

Das Investment, das am Donnerstag offiziell gemeldet werden soll, ist jedoch nicht der spektakulärste Plan Thiels in Deutschland. Laut der Agentur „Bloomberg“ will sich der 53-Jährige an Plänen für eine Lithium-Produktion in Ostdeutschland beteiligen, die der deutsche Investor Christian Angermayer vorantreibt.

Beide kennen sich bereits von anderen Investments. Sie investieren in das Projekt der kanadischen Rock Tech Lithium. Die Anlage könnte bereits 2023 als eine der ersten in Europa in Betrieb gehen. Noch, so heißt es in dem Bericht, suche Rock Tech allerdings nach einem Standort in Sachsen oder Sachsen-Anhalt – nahe den Elektroautofabriken von VW in Leipzig und der geplanten Tesla-Fabrik in Brandenburg. Thiel und Angermayer äußerten sich auf Anfragen nicht.

Lithium für Tesla

Das Lithium-Investment wäre ungewöhnlich für Thiel, der meist in Software-Unternehmen und Fintechs investiert. Es wäre nicht überraschend, hätte Elon Musk etwas damit zu tun. Der Tesla-Chef sorgt sich um die Rohstoffversorgung in der Produktion von Lithium-Ionen-Batterien.

Thiel bezeichnet Musk heute als einen „guten Freund“. Die beiden Unternehmen rivalisierten einst in der Dotcom-Zeit und fusionierten ihre Fintech-Unternehmen schließlich zu Paypal, Grundlage für den Reichtum beider Männer.

Auch in Europa sind Thiels Fonds weiterhin vor allem bei Fintechs investiert, wie eine Analyse von „Sifted“ auf Grundlage von Daten des Anbieters „Dealroom“ zeigt. Demnach ist er inzwischen an 43 europäischen Start-ups beteiligt. Allein in Deutschland sind es 13 – darunter die Bank N26. Dort beteiligte sich Valar an drei Runden. In Großbritannien ist Transferwise die größte Beteiligung.

Allerdings ist Thiel auch bei anderen Themenfeldern dabei. So hat er in Angermayers deutsche Biotech-Beteiligung ATAI investiert, die als Party-Drogen bekannte Substanzen wie MDMA und Ketamin als Therapeutika weiterentwickeln will. Ungewöhnlich ist auch die Beteiligung am Projekt The Ocean Cleanup des jungen Niederländers Boyan Slat, der die Meere von Plastikmüll befreien will.

Nicht alle Projekte sind jedoch Erfolge. Auf der Liste der deutschen Beteiligungen stehen etwa das inzwischen marginalisierte soziale Netzwerk StudiVZ und der Berliner Instagram-Konkurrent EyeEm, der sich bereits neu aufstellen musste. Thiel gehörte auch zu den frühen Investoren des Mikrokredit-Spezialisten Kreditech. Das Hamburger Fintech, das später in Monedo umfirmierte, geriet im vergangenen Jahr in Schwierigkeiten und wurde insolvent.

Doch Thiel kann das verschmerzen. Das Investmentreich des Milliardärs ist weit verästelt. Kern ist sein Family-Office Thiel Capital, das sein Ehemann, der Banker Matt Danzeisen, mitverwaltet. Der Founders Fund (FF), der Thiels Haupt-Investmentvehikel ist, ist vor allem bei Unternehmen im Silicon Valley aktiv.

Für den von Thiel gegründeten Fonds war 2020 ein besonders gutes Jahr: Airbnb, die Lieferplattform Doordash, die Softwarefirma Asana und die Big-Data-Analyseplattform Palantir – bei fast jedem der großen Tech-Börsengänge verdiente der Founders Fund mit. Auch in der nächsten Welle mit Spannung erwarteter Börsengänge wird FF dabei sein: Der Finanzdienstleister Stripe und Elon Musks Weltraumfirma SpaceX zählen zu den FF-Investments.

Völlig Europa-avers war Thiel beim Founders Fund nie, wie frühe Investments in den schwedischen Musikstreamingdienst Spotify, die britische KI-Firma Deepmind oder eben Trade Republic zeigen. Thiels Fonds für Investments außerhalb der USA war aber immer hauptsächlich Valar Ventures: Thiel hat die Investmentfirma 2012 mit Andrew McCormack und James Fitzgerald gegründet. Die beiden Partner führen von New York aus die Geschäfte.

Thiel berät nicht alle Gründer

Wie stark Thiel sich selbst einbringt, variiert. Bei Moss hatten die Gründer und Mehrheitseigner Anton Rummel, Ferdinand Meyer, Stephan Haslebacher und Spittler bislang nur Kontakt mit dem Valar-Chef Fitzgerald, der das Unternehmen lobt: „Wir sehen ein unglaubliches Potenzial in Moss und wie ihre Technologie den Zahlungsverkehr und die Kreditvergabe für Unternehmen revolutioniert.“

Die für die Kreditkarten-Transaktionen notwendige Liquidität wird von dem Kooperationspartner Raisin Bank zur Verfügung gestellt, der über eine Vollbanklizenz verfügt. Kredite sind zwar nicht im Angebot, doch kann sich Spittler künftig vorstellen, verlängerte Zahlungsziele zu ermöglichen.

Aktiver ist Thiel als Ratgeber beim Broker Trade Republic. „Seit Peter Thiel mit seinem Founders Fund eingestiegen ist, stehen die Gründer regelmäßig in Kontakt mit ihrem Investor. In der Coronakrise erfolgt der Austausch, wie bei Technologiefirmen ohnehin üblich, weitgehend über digitale Kanäle“, sagte eine Sprecherin.

Thiel bespreche mit den Gründern in erster Linie strategische Themen und Fragen der Positionierung des Unternehmens. „Häufig geht es in Diskussionen zwischen Thiel und den Gründern auch um die Unternehmenskultur“, sagte die Sprecherin. Dabei dürfte Thiel mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg halten. In den USA ist er als profilierter Kritiker des liberalen kalifornischen Mainstreams bekannt. Zuletzt hat sich der Founders Fund eher stärker vom Silicon Valley abgewendet. Thiel zog bereits vor einigen Jahren nach Los Angeles.

FF-Partner Keith Rabois, mit dem Thiel seit der gemeinsamen Zeit bei Paypal verbunden ist, eröffnete ein Büro in Miami. Rabois ist wie Thiel ein harscher Kritiker der linken Stadtpolitik San Franciscos und des angeblich einförmigen Denkens des Silicon Valleys.

Im Konflikt um die US-Wahl positioniert sich Thiel allerdings nicht öffentlich, obwohl er Trump im Wahlkampf 2016 nicht nur mit Geld, sondern auch mit einem Auftritt beim Nominierungsparteitag unterstützte. Im 2020er-Wahlkampf tauchte der eingetragene Republikaner bereits nicht mehr auf. Offenbar konzentriert er sich aufs Business.

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