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16.02.2023

13:31

Werk in Dresden

Bund macht Weg frei für Rekordinvestition von Infineon

Von: Joachim Hofer, Julian Olk

Der Chiphersteller hat von der Bundesregierung die Genehmigung für den Baustart erhalten. 2026 soll das Werk in Dresden mit 1000 neuen Jobs fertig sein. Auf Staatshilfe wartet Infineon weiter.

Der Dax-Konzern will bei voller Auslastung mit dem Werk in Dresden jährlich fünf Milliarden Euro Umsatz erzielen. dpa

Infineon

Der Dax-Konzern will bei voller Auslastung mit dem Werk in Dresden jährlich fünf Milliarden Euro Umsatz erzielen.

Berlin, München Der Milliardeninvestition von Infineon in Dresden steht nichts mehr im Weg: Aufsichtsrat und Vorstand des Chipherstellers haben sich für einen Baubeginn des neuen Werks in Dresden im zweiten Halbjahr entschieden. Das geht aus einer Mitteilung des Konzerns von Donnerstag hervor. Mit rund fünf Milliarden Euro handelt es sich um die größte Einzelinvestition in der Geschichte des Münchener Dax-Konzerns.

Grundlage für die Entscheidung ist die Zustimmung des Bundeswirtschaftsministeriums, dass Infineon das Projekt vorzeitig beginnen darf. Die Beamten von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatten dem vorzeitigen Projektbeginn nach Handelsblatt-Informationen in der ersten Februarwoche zugestimmt. „Bei Investitionsentscheidungen zählt das Tempo“, sagte Habeck. „Infineon bekennt sich mit dem Investment erneut zum Standort Deutschland.“

Dank der Genehmigung darf das Unternehmen die Arbeiten in Dresden aufnehmen, noch ehe die Europäische Kommission den von Infineon beantragten Subventionen zugestimmt hat. Der Konzern hofft eigenen Angaben zufolge auf Zuschüsse vom Bund von einer Milliarde Euro, die unter anderem durch den Chips Act der EU ermöglicht werden.

Mit dem Segen aus Berlin lässt Infineon bald die Bagger auffahren. In der Fabrik soll in drei Jahren die Serienproduktion starten. Infineon will bei voller Auslastung mit dem Werk jährlich fünf Milliarden Euro Umsatz erzielen. Es sollen 1000 neue Arbeitsplätze entstehen.

Das Unternehmen will in Dresden seine Produktion von Halbleitern stärken, die etwa in energieeffizienten Ladegeräten, kleinen Motorsteuerungen für Autos oder in Rechenzentren zum Einsatz kommen. „Wir machen gemeinsam Tempo beim Ausbau unserer Fertigung“, sagte Infineon-CEO Jochen Hanebeck.

Positive Signale aus Brüssel für Förderung

Als Infineon seine Pläne für Dresden im vergangenen November vorstellte, hatte der Konzern den Bau noch von auskömmlichen Subventionen abhängig gemacht. Der Antrag auf Mittel im Rahmen des Chips Acts ist noch immer in der Prüfung der EU-Kommission. Es gebe aber positive Signale aus Brüssel, heißt es aus Kreisen der Bundesregierung. Infineon habe geradezu darauf gedrungen, schon mit den Arbeiten in Dresden beginnen zu können.

Der Halbleiterhersteller will eine neue Fabrik in Dresden errichten. Bloomberg

Infineon-Werk

Der Halbleiterhersteller will eine neue Fabrik in Dresden errichten.

Die Nachricht aus Dresden ist der nächste Schritt der staatlich flankierten Aufholjagd Deutschlands im Zukunftsmarkt Chips. Die verläuft bislang zäh. Während in den USA schon ein halbes Dutzend neuer Werke in Bau ist, um den Chipmangel zu beheben, tut sich in Europa noch wenig.

Mit dem Chips Act wollen die EU und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gegensteuern. Europas Anteil an der weltweiten Chipproduktion soll sich dank der EU-Zusagen bis 2030 verdoppeln, und zwar auf 20 Prozent.

Dafür werden 43 Milliarden Euro aus den nationalen Haushalten sowie aus privaten Finanzmitteln bereitgestellt. Darüber hinaus sollen rechtliche Beschränkungen bei Staatshilfen für Halbleiterhersteller gelockert werden.

Der Infineon-Chef verkauft immer mehr Chips und überzeugt die Investoren mit glänzenden Zahlen. dpa

Jochen Hanebeck

Der Infineon-Chef verkauft immer mehr Chips und überzeugt die Investoren mit glänzenden Zahlen.

Der Entwurf des Chips Act existiert seit Februar 2022. Bislang ist das Paket aber noch nicht beschlossen. Seitdem warten verschiedene Chiphersteller auf die Einigung und knüpfen daran ihre Standortentscheidung, etwa der US-Konzern Intel für seine geplanten 17 Milliarden Euro teuren Werke in Magdeburg.

6,8 Milliarden Euro hatte die Bundesregierung vorläufig zugesagt. Intel stellt sich inzwischen aber fast zehn Milliarden Euro vor und verhandelt mit dem Wirtschaftsministerium über eine Erhöhung. Ob die Verantwortlichen der Bitte nachkommen, hängt davon ab, wie man die Mittel freimachen könne, heißt es in Regierungskreisen.

Investoren sehen Pläne von Infineon skeptisch

Weil die Bundesregierung die Schuldenbremse einhalten will, blieben keine zusätzlichen Spielräume. Das Wirtschaftsministerium will Intel keine zusätzlichen Mittel zusagen, wenn dafür Investitionen für die grüne Transformation gestrichen werden müssten, hieß es.

Andere Projekte der Chip-Aufholjagd sind schon weiter. Zuletzt hatte Anfang Februar der US-Chiphersteller Wolfspeed bekannt gegeben, gemeinsam mit dem Autozulieferer ZF eine neue Halbleiterfabrik im Saarland zu errichten. Die Partner erwarten dabei eine staatliche Förderung von mehr als einer halben Milliarde Euro.

Zur Vorstellung der Pläne waren Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Habeck gekommen. Scholz sagte in Ensdorf: „Wir müssen Bedingungen schaffen, wie wir in der EU besser werden und die Beihilfe flexibler gestalten können.“ Es gehe jetzt darum, Milliarden zu mobilisieren.

Infineons Entscheidung für Dresden ist für Scholz und Habeck daher eine gute Nachricht. Investoren allerdings bewerten das Vorhaben nicht nur positiv. „Solange das Geschäft brummt, sind solche Investitionen zu stemmen“, sagte Markus Golinski, Portfoliomanager der Fondsgesellschaft Union Investment, auf der virtuellen Hauptversammlung an diesem Donnerstag.

Der Manager warnte aber: „Im Falle eines Abschwungs muss der Konzern hohe Fixkosten schultern.“ Es stelle sich daher die Frage, wie sich der Konzern gegen die Gefahr von Überkapazitäten und kollabierenden Margen im Falle eines Abschwungs wappne, so Golinski.

Baut Infineon zu viel Kapazität auf?

Infineon-Chef Hanebeck sieht hier keine Gefahr: Die Fertigung werde abhängig von der Marktentwicklung schrittweise hochgefahren, erklärte der Manager auf dem Aktionärstreffen. „Das Risiko zeitweise schwächerer Marktphasen für Infineon können wir also minimieren.“ So wie Infineon bauen auch die wichtigsten Wettbewerber große neue Werke: STMicroelectronics investiert massiv in Italien und Frankreich, Wolfspeed in Amerika und Rohm in Japan.

Derzeit geht es Infineon ausgezeichnet. Hanebeck erhöhte zuletzt Anfang Februar trotz eingetrübter Konjunkturaussichten die Prognose: Der Manager verspricht jetzt für das laufende Geschäftsjahr eine operative Marge von 25 Prozent, ein Prozentpunkt mehr als bisher.

„Auch in einem schwächeren gesamtwirtschaftlichen Umfeld zeigen sich wesentliche Teile unseres Geschäfts robust“, erklärte Hanebeck. Insbesondere die Energiewende und der Ausbau der Elektromobilität sorgen Hanebeck zufolge für eine hohe Nachfrage beim größten deutschen Chiphersteller. Schlechter laufe es hingegen bei den Halbleitern für Smartphones, PCs und Rechenzentren.

Im ersten Quartal ist der Umsatz um ein Viertel auf knapp vier Milliarden Euro in die Höhe geschossen. Der Gewinn kletterte um 59 Prozent auf 728 Millionen Euro, und die operative Marge betrug 28 Prozent.

Die Anleger sind zufrieden. Seit Jahresbeginn ist der Aktienkurs von Infineon um 28 Prozent geklettert. Das Plus beim Dax beträgt nur knapp zwölf Prozent.

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