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23.05.2022

10:21

Krankheit

Weitere Fälle von Affenpocken in Deutschland: Was über Symptome, Übertragung und einer Impfung bekannt ist

Von: Jürgen Klöckner

Gesundheitsminister Lauterbach kündigt Eindämmungs-Maßnahmen an. Forderungen nach einer Affenpocken-Impfung werden laut.

Im Gegensatz zu Sars-CoV-2 werde das Affenpockenvirus nicht leicht von Mensch zu Mensch übertragen. dpa

Affenpocken unter dem Mikroskop

Im Gegensatz zu Sars-CoV-2 werde das Affenpockenvirus nicht leicht von Mensch zu Mensch übertragen.

Berlin Nach dem Auftreten erster Fälle von Affenpocken in Deutschland werden nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Eindämmungsmaßnahmen vorbereitet. Für Deutschland würden aktuell Empfehlungen zu Isolation und Quarantäne erarbeitet, sagte der Minister am Montag am Rande der Weltgesundheitsversammlung in Genf.

Er gehe davon aus, dass sie bereits an diesem Dienstag vorgelegt werden könnten. Zudem werde über Impfempfehlungen für besonders gefährdete Personen nachgedacht. Er habe schon Kontakt mit einem Hersteller aufgenommen, der Impfstoffe spezifisch für Affenpocken herstellt, so Lauterbach.

Das Bundesgesundheitsministerium geht davon aus, dass es noch weitere Fälle geben wird. „Aufgrund der vielfältigen Kontakte der derzeit Infizierten ist in Europa und auch in Deutschland mit weiteren Erkrankungen zu rechnen“, heißt es in einem Bericht für den Gesundheitsausschuss des Bundestages. Mit Stand von Sonntagnachmittag gebe es inzwischen vier bestätigte Infektions- und Erkrankungsfälle in Deutschland.

„Es handelt sich inzwischen um ein Geschehen mit internationaler Verbreitung“, heißt es in dem Ministeriumsbericht weiter, der dem Handelsblatt vorliegt. In zahlreichen Ländern seien mehr als 130 bestätigte Fälle und Verdachtsfälle nachgewiesen, „Tendenz täglich steigend“. Auch aus Großbritannien, Portugal, Spanien, Italien, Kanada und den USA waren Infektionen gemeldet worden. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Ob eine Impfung gegen Affenpocken hilft

Wie das Bundesgesundheitsministerium in einem Bericht darlegt, schütze vermutlich auch die Pockenimpfung gegen die Affenpocken. In der Bundesrepublik sei sie bis 1975 für Einjährige Pflicht gewesen, in der DDR sei eine Impfpflicht 1982 aufgehoben worden.

Die Bundesregierung hat laut dem Bericht etwa 100 Millionen Dosen Pockenimpfstoff eingelagert. Davon seien zwei Millionen Dosen an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gespendet und für sie eingelagert worden. Inwieweit eine Pockenimpfung für Kontaktpersonen und Risikogruppen empfohlen werde, sei noch Gegenstand der fachlichen Abklärung.

Virus

Infektionen mit Affenpocken auch in Australien und Kanada

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Die „Financial Times“ berichtete, das europäische Zentrum für Prävention von Krankheiten habe die EU-Staaten aufgefordert, Pläne für eine Affenpocken-Impfung zu entwickeln.

Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) äußerte sich in „Bild-TV“ ähnlich: „Ich glaube, es ist schon wichtig, dass wir Impfstoff jetzt auch ordern.“ Es gehe nicht um eine Impfpflicht, sondern um die Frage, ob präventiv im Bereich der Kontaktpersonen Impfungen möglich und richtig seien.

Affenpocken in Deutschland: Welche Symptome auftreten

Zu den Symptomen bei Affenpocken gehören Fieber, Kopfschmerzen und Hautausschläge, die meist im Gesicht beginnen und sich auf den Rest des Körpers ausbreiten. Es bilden sich flüssigkeitsgefüllte Bläschen, die eitern und aufplatzen können und schließlich ein Schorf, der später abfällt und dabei noch vermehrungsfähiges Virus enthalten kann. Die Krankheit verläuft in der Regel mild.

Die Inkubationszeit der Affenpocken beträgt dem Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr zufolge in der Regel sechs bis 13 Tage, könne aber auch zwischen fünf und 21 Tagen liegen. Die Krankheit heilt typischerweise von selbst ab, wobei die Symptome in der Regel innerhalb von zwei bis drei Wochen abklingen.

Wie Affenpocken übertragen werden

Laut dem Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr können Affenpocken im Frühstadium über erregerhaltige Tröpfchen in der Ausatemluft oder später durch direkten Kontakt mit den Hautveränderungen übertragen werden. In Pustel- und Schorfmaterial sei das Virus noch lange überlebensfähig und könne so auch über kontaminierte Materialien und Oberflächen wie beispielsweise Kleidung, Bettzeug und andere persönliche Gegenstände übertragen werden.

Im Gegensatz zu Sars-CoV-2 werde das Affenpockenvirus allerdings nicht leicht von Mensch zu Mensch übertragen. Eine Infektion erfordere in der Regel einen sehr engen Kontakt mit infizierten Menschen, Tieren oder kontaminierten Gegenständen.

Affenpocken würden zwar ein sehr typisches Krankheitsbild aufweisen, milde Fälle mit sehr wenigen Hautveränderungen könnten jedoch unentdeckt bleiben und stellten somit ein Risiko für die weitere Übertragung von Mensch zu Mensch dar.

Wie Experten die Affenpocken einschätzen

Die WHO erarbeitet derzeit Leitlinien zur Eindämmung der Ausbreitung. Sie mahnt zur Wachsamkeit. Es werde befürchtet, dass die Zahl der Fälle in den Sommermonaten weiter ansteigen könnte, sagte der Chef-WHO-Berater für Infektionsgefahren, David Heymann, im Gespräch mit Reuters. Der Ausbruch der Affenpocken sei aber nicht mit den Anfängen der Coronavirus-Pandemie vergleichbar, da die Krankheit nicht so leicht übertragbar sei. Die WHO gehe davon aus, dass der Ausbruch durch sexuelle Kontakte ausgelöst worden sei.

Der Chef der Infektiologie an der Berliner Charité, Leif Erik Sander, erklärte: „Die Dynamik des aktuellen Affenpockenausbruchs ist ungewöhnlich und muss daher sehr ernst genommen werden, bis die Infektionsketten und Übertragungswege besser charakterisiert und effektiv unterbrochen wurden.“

Erfasst worden sei eine Häufung der Affenpockeninfektionen unter Männern, insbesondere nach Sexualkontakt zu anderen Männern. „Da die Infektion durch engen Hautkontakt und möglicherweise auch über Schleimhautkontakt und Tröpfchen übertragen wird, empfehle ich aktuell besondere Vorsicht und Vermeidung von engen ungeschützten Kontakten mit unbekannten Personen“, sagte Sander.

Aufgrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse gehe man davon aus, dass der Ausbruch eingegrenzt werden könne. AP

Gesundheitsminister Karl Lauterbach

Aufgrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse gehe man davon aus, dass der Ausbruch eingegrenzt werden könne.

Das Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) jedoch weist darauf hin, dass es das erste Mal sei, dass das Virus von Mensch zu Mensch in Europa übertragen würde. „Es ist jetzt das erste Mal, dass Infektionsketten aus Europa gemeldet sind, ohne eine epidemiologische Verbindung nach West- oder Zentralafrika“, schreibt das Zentrum in einer Mitteilung.

Mit Agenturmaterial

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