Wegen der steigenden Preise suchen immer mehr Menschen nach gebrauchten Handys. Davon profitieren viele Anbieter, aber nicht alle bieten die gleiche Qualität.
Automatische Begutachtung eines gebrauchten Handys
Anbieter wie Rebuy machen ein Millionengeschäft mit wiederaufbereiteten Smartphones.
Bild: Rebuy
Düsseldorf Alle zwei Jahre ein neues Handy? Für viele Menschen war das lange Standard. Immer das neueste Modell von Apple oder Samsung zu haben galt als wichtiges Statussymbol. Doch die Preise für Premium-Smartphones sind zuletzt stark gestiegen – wegen der hohen Inflation, aber auch der Margenorientierung der Hersteller.
Die Nachfrage nach neuen Smartphones sinkt, die Marktforscher von Gartner erwarten einen Umsatzrückgang von vier Prozent. Gefragt sind zunehmend gebrauchte und wiederaufbereitete Geräte. Der Anbieter Rebuy etwa hat im vergangenen Jahr 430.000 gebrauchte elektronische Geräte über seine Plattform verkauft.
Rund 121.000 Smartphones hat der Spezialist für gebrauchte Elektronik wiederaufbereitet. Im Jahr zuvor waren es nicht mal 100.000. „Die Menschen haben weniger Kaufkraft, viele sind praktisch gezwungen zu schauen, welche Alternative es zu einem neuen Gerät gibt“, beobachtet Rebuy-Chef Philipp Gattner.
Rebuy ist nicht der einzige Anbieter für gebrauchte Handys, bei dem die Umsätze steigen. Doch nicht überall können die Verbraucher sicher sein, einwandfreie Geräte zu bekommen.
In einer repräsentativen Umfrage der Preisvergleichsseite Idealo gaben Zweidrittel der Befragten an, wegen der steigenden Preise vermehrt zu Gebraucht- oder B-Ware zu greifen. Das kann sich durchaus lohnen: So hat Idealo eine durchschnittliche Ersparnis bei gebrauchten Smartphones von gut 30 Prozent zum Neugerät ermittelt.
„In den vergangenen Jahren war eher die Nachhaltigkeit das entscheidende Argument dafür, ein gebrauchtes Gerät zu kaufen“, beobachtet Rebuy-Chef Gattner. „Heute treibt auch der Preis die Kunden zu uns“, stellt er fest.
Das zeigt sich bereits deutlich in den Bilanzzahlen. So verzeichnete Rebuy im vergangenen Geschäftsjahr ein Umsatzwachstum von 13 Prozent auf mehr als 200 Millionen Euro. „Das Potenzial ist riesig, wir wollen weiter mit dem Markt wachsen und bereiten uns auf weitere Expansion vor“, so Gattner. Das Unternehmen ist neben in Deutschland in sechs weiteren europäischen Ländern aktiv.
Der Markt ist in der Tat vielversprechend. So haben die Analysten von IDC geschätzt, dass 2023 allein mit gebrauchten Smartphones weltweit etwa 67 Milliarden Dollar umgesetzt werden könnten. Den Weg in den Wiederverkauf finden nicht nur Mobiltelefone aus Privathaushalten. Altgeräte bringen insbesondere Unternehmen auf den Markt, die regelmäßig ihre IT-Ausrüstung austauschen.
Auch der Spezialmarktplatz Refurbed, über den Händler gebrauchte Geräte verkaufen können, will von diesem Trend profitieren. Konsumentinnen und Konsumenten wollten einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten, auch trotz hoher Inflation, sagt Refurbed-Mitgründer Kilian Kaminski. „Bewusst nachhaltiger konsumieren ist möglich und einfach, denn es gibt auch kostengünstige Alternativen wie refurbished Geräte“, betont er.
Refurbed sehe, dass Konsumentinnen und Konsumenten verstärkt günstigere oder schnell lieferbare Produkte nachfragen. Vielen Verbrauchern werde zunehmend bewusst, dass vermeintliche technische Neuerungen beim Modellwechsel, wie höhere Display-Auflösung, bessere Akkuleistung und mehr Speicherkapazität, die steigenden Verkaufspreise nicht mehr rechtfertigten.
Im vergangenen Jahr seien mehr als eine Million Elektrogeräte über die Plattform verkauft worden. Den Gesamtumsatz, den die Händler über die Plattform Refurbed generiert haben, beziffert das Unternehmen auf „deutlich im dreistelligen Millionenbereich“.
Die umsatzstärkste Kategorie auf Refurbed sind Smartphones, beliebtestes Gerät ist das iPhone 12. Bei Rebuy sind die Apple Airpods das beliebteste Produkt, bei den Handys sind insbesondere die iPhone-Modelle 8 und 11 gefragt.
Es gibt vielfältige Möglichkeiten, gebrauchte Handys zu kaufen und damit Geld zu sparen. Die billigsten Angebote dürfte man auf Ebay oder Ebay Kleinanzeigen finden. Laut dem Recommerce Report von Ebay haben 88 Prozent der Nutzer des Onlineportals in den vergangenen Monaten dort Gebrauchtes gekauft. Doch auf diesen Marktplätzen, auf denen viele Produkte von Privatleuten verkauft werden, gibt es keine Gewähr, dass die Geräte ohne Fehler sind.
Philipp Gattner
Der Rebuy-Chef erklärt, dass sein Unternehmen bereits seit Jahren profitabel arbeite.
Bild: Rebuy
Stiftung Warentest hat sich deshalb die Anbieter von sogenannten „refurbished Smartphones“, also der wiederaufbereiteten gebrauchten Handys vorgenommen. Das Fazit der Tester: Selbst diese, eigentlich als technisch generalüberholt verkauften Geräte, sind nicht immer so gut wie versprochen. Manche sind jedoch auch besser als vom Händler angegeben.
Getestet wurden dabei zwei Varianten: zum einen Onlinehändler wie Asgoodasnew, Clevertronic und Rebuy, zum anderen Verkaufsplattformen wie Back Market, Ebay Refurbished und Refurbed, auf denen unterschiedliche Händler ihre Geräte anbieten.
Bei den Onlinehändlern schnitt Rebuy im Test am besten ab. Die größte Ersparnis gab es bei Clevertronic. Bei den Onlineplattformen lag im Test Back Market vorn, vor Ebay Refurbished. Bei den Plattformen muss man jedoch bedenken, dass die Qualität auch vom jeweiligen Händler abhängt, der über die Plattform verkauft hat.
Wer bei einem Händler kauft, hat immerhin die Sicherheit, dass dieser zwölf Monate für Sachmängel haftet, die bereits beim Kauf vorhanden waren. Der Anbieter Rebuy gibt sogar 36 Monate Garantie.
Um diese Garantie geben zu können, hat Rebuy ein aufwendiges technisches Verfahren entwickelt, mit dem sie Produkte begutachten: welche Schäden diese haben und ob sie aufbereitet werden müssen. Für die Smartphones läuft das im Logistikzentrum in Berlin-Falkensee weitgehend automatisiert mithilfe von Robotik und Künstlicher Intelligenz. Allein an diesem Standort wurden im vergangenen Jahr 85.000 Smartphones automatisiert analysiert und bewertet.
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Der Vorteil der weitgehenden Automatisierung ist auch eine schlanke Kostenstruktur. Das hat zugleich dazu beigetragen, dass Rebuy bereits seit Jahren operativ profitabel arbeitet. „Seit 2019 haben wir ein positives Ebitda“, sagt Rebuy-Chef Gattner.
Wachstum haben sich alle Anbieter vorgenommen. Und sie wurden von ihren Investoren dafür in der Vergangenheit auch gut ausgestattet. So hat das Wiener Unternehmen Refurbed im August 2021 eine Finanzierungsrunde in Höhe von 45 Millionen Euro abgeschlossen. Der französische Konkurrent Back Market hatte im selben Jahr sogar 276 Millionen Euro bekommen.
Rebuy sieht sich aber auch da in einer komfortablen Situation. „Viele Start-ups müssen jetzt restrukturieren, weil sie keine Anschlussfinanzierungen mehr bekommen“, gibt Gattner zu bedenken. Rebuy habe die Restrukturierung schon vor vier Jahren vorgenommen, um das Ziel Profitabilität zu erreichen. „Jetzt können wir das Geld, das wir für die Expansion brauchen, selbst verdienen“, sagt Gattner.
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