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05.06.2023

12:22

Discounter

Aldi Süd startet neue Bio-Marke – Das sind die Unterschiede zur alten

Von: Florian Kolf

Wegen der Inflation bei Lebensmitteln kaufen immer mehr Verbraucher ihre Bio-Artikel beim Discounter. Wer dabei auf hohe Standards achtet, muss allerdings genau hinschauen.

Zunächst 15 verschiedene Produkte bietet der Discounter unter dem Namen „Nur Nur Natur“ an.

Neue Bio-Marke von Aldi Süd

Zunächst 15 verschiedene Produkte bietet der Discounter unter dem Namen „Nur Nur Natur“ an.

Düsseldorf Der Discounter Aldi Süd bringt eine neue Marke für Biolebensmittel in die Märkte. Unter dem Namen „Nur Nur Natur“ werden ab diesem Montag zunächst 15 Artikel in den Regalen stehen. Sie sind zum größten Teil zertifiziert nach den Richtlinien des Ökoverbands Naturland, der strengere Biostandards hat als gesetzlich vorgeschrieben.

„Mit Nur Nur Natur setzen wir Maßstäbe im Lebensmitteleinzelhandel“, erklärt Erik Döbele, der verantwortliche Einkaufsleiter bei Aldi Süd. So eine Marke habe es im Discount noch nie gegeben. Allerdings hat auch Lidl einen Teil des eigenen Biosortiments nach den ebenfalls strengen Kriterien des konkurrierenden Bioland-Verbands zertifiziert.

Auffällig ist, dass Aldi Süd die neue Marke allein einführt und nicht zusammen mit dem Schwesterunternehmen Aldi Nord. Denn eigentlich hatten die beiden Unternehmen die Kooperation mit Naturland Anfang des Jahres gemeinsam angekündigt.

Um die Kosten im Einkauf zu senken, haben Aldi Süd und Aldi Nord ihre Eigenmarken vereinheitlicht. Doch diese Firmenpolitik der Annäherung der seit 1961 getrennten Unternehmen gerät seit Kurzem ins Stocken. Nicht zuletzt eine nach Informationen aus Unternehmenskreisen gestoppte weitere Vereinheitlichung der Computersysteme von Süd und Nord macht die Zusammenarbeit schwieriger.

Dass Aldi Süd die neue Marke für hochwertigere Bioprodukte nun möglichst schnell herausbringt, hat gute Gründe. Denn die Konsumenten legen zwar weiter viel Wert auf nachhaltige Produkte, sind aber wegen der hohen Inflation bei Lebensmitteln sehr preissensibel. Das bietet gerade Discountern nach Einschätzung von Marktforschern auf diesem Feld gute Absatzchancen.

Biomarken der Discounter profitieren von der Inflation

So haben bei einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens GfK 65 Prozent der Befragten angegeben, dass sie beim Einkauf von nachhaltigen Produkten des täglichen Gebrauchs bereit sind, mehr Geld auszugeben. Doch die Konsumenten wüssten, dass sie gerade bei Lebensmitteln auf günstigere nachhaltige Produkte ausweichen könnten und täten das auch, erläutert Petra Süptitz, Nachhaltigkeitsexpertin bei der GfK.

Davon profitierten zwar auch die Eigenmarken der Supermarktketten, aber noch stärker die von Aldi, Lidl und Co. Die Kunden „kaufen weiterhin Bioprodukte ein, sind dabei aber preisbewusster, vergleichen Angebote und greifen häufiger zu Alternativen wie etwa den Biohandelsmarken der Discounter“, sagt Expertin Süptitz. Aldi bietet bereits seit vielen Jahren wie andere Discounter auch Lebensmittel in Bio-Qualität an, die sich allerdings nur am Mindeststandard der EU orientieren.

Im vergangenen Jahr war der Umsatz vieler Biofachhändler eingebrochen. Renommierte Unternehmen wie Superbiomarkt oder Basic mussten sich in die Insolvenz retten. Laut Zahlen des Marktforschers GfK haben die Biosupermärkte im vergangenen Jahr 9,4 Prozent an Umsatz eingebüßt, Naturkostläden und Reformhäuser sogar 33,9 Prozent.

Zugleich legten die Biohandelsmarken um 11,8 Prozent zu. Davon profitierten insbesondere die Discounter.

„Die zunehmenden Narrative einer Biokrise zeichnen ein falsches Bild“, hatte Jan Plagge, Präsident des Verbands Bioland, im Vorfeld der Fachmesse „Biofach“ im Februar gesagt. „Die Nachfrage nach Bioerzeugnissen geht seit Jahrzehnten in eine Richtung, und zwar nach oben.“ Doch aufgrund der allgemein gestiegenen Lebenshaltungskosten habe sich die Nachfrage zu den Discountern verlagert.

Knapp 100 Lidl-Produkte nach Bioland-Richtline zertifiziert

Deshalb ist es kein Wunder, dass sich die großen Verbände des ökologischen Landbaus zunehmend für die Discounter öffnen. So ist von den rund 300 Bioprodukten, die Lidl im Angebot hat, knapp ein Drittel nach den Richtlinien von Bioland zertifiziert. Kaufland, die Lidl-Schwester aus der Schwarz-Gruppe, hat mittlerweile mehr als 250 Demeter-Produkte im Sortiment.

Auch Penny, die Discounter-Tochter von Rewe, verkündete im Februar eine Kooperation mit dem Verband Naturland. Nach und nach sollen Produkte nach den Kriterien des Verbands in die Penny-Biomarke Naturgut integriert werden, die bereits mehr als 300 Bioartikel umfasst.

Unter den 15 Produkten mit Naturland-Siegel, mit denen Aldi Süd nun einsteigt, ist auch nicht homogenisierte Milch, nach Angaben des Unternehmens ein Novum im deutschen Discount. Außerdem verkauft Aldi Süd unter der neuen Biomarke Fruchtjoghurt, Käse, Vollkornbrot und Würstchen.

Das Unternehmen will das Angebot rasch ausbauen. Mitte 2024 sollen 50 Produkte der neuen Marke in den Regalen der rund 2000 Aldi-Süd-Filialen stehen. Auch danach soll die Zahl der Artikel unter der Marke „Nur Nur Natur“ beständig wachsen.

Ein Grundproblem haben jedoch alle Bioeigenmarken der Discounter: Nur ein Teil des Sortiments ist nach den strengen Kriterien von Naturland, Bioland und Demeter zertifiziert, der Rest nach den wesentlich laxeren gesetzlichen Biorichtlinien. Der Verbraucher muss also trotz der Verbesserung des Angebots weiterhin sehr genau schauen, was er kauft.

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