Nach Vogelschutz und Fluggefährdung stößt der Ausbau der Windkraft nun auf ein neues Hindernis: Behörden führen den Denkmalschutz an. Die strittigen Fälle nehmen zu.
Windkraft contra Artenschutz
Nicht überall ist Windkraft beliebt. Im Landkreis Verden etwa wehren sich Anwohner dagegen.
Bild: dpa
Bislang waren Rotmilan, die Drehfunkfeuer der Flugsicherung, restriktive Abstandsregelungen und ein stockender Ausbau der Stromnetze die größten Hemmnisse für einen zügigen Ausbau der Windenergie an Land. Doch während sich für einige dieser Hemmnisse Lösungen abzeichnen, erscheint ein neues Problem am Horizont: der Denkmalschutz.
Immer häufiger kommt es nach Beobachtungen der Branche vor, dass Einwände der Denkmalschutzbehörden selbst solche Vorhaben zu Fall bringen, die vergleichsweise unumstritten sind und viele andere genehmigungsrechtliche Hürden ohne Probleme nehmen konnten.
Beispiele gibt es in ganz Deutschland. Besonders Brandenburg sticht hervor. Malte Westphal vom weltweit aktiven Windparkentwickler und -betreiber WPD aus Bremen hat das in den vergangenen Monaten zu spüren bekommen.
Westphal koordiniert die WPD-Aktivitäten in dem Bundesland. Nach mehreren Jahren Vorbereitung und Planung droht das WPD-Projekt „Windpark Damitzow“ im Landkreis Uckermark am Widerstand der zuständigen Denkmalschutzbehörde zu scheitern. Das für die Genehmigung des Projektes zuständige Landesamt für Umwelt teilte WPD im Dezember vergangenen Jahres mit, die Denkmalschutzbehörde lehne die Errichtung und den Betrieb der geplanten sieben Windkraftanlagen ab.
Zur Begründung heißt es, bei den Denkmälern, die durch die Windräder beeinträchtigt würden, handele es sich „um einzigartige, unvermehrbare, unwiederbringliche Schöpfungen“. Konkret geht es um ein unbewohntes, verfallenes Herrenhaus und dessen Park. Durch die geplanten Windräder würde es zu einer „erheblichen Beeinträchtigung des Denkmals“ kommen, weil „die Erlebbarkeit wichtiger Sichten“ durch die Windräder gestört werde.
Die Außengrenzen des Parks sind nach Angaben von WPD etwa 1000 Meter von den geplanten Windenergieanlagen entfernt. Wäre das Ensemble aus Haus und Park kein Denkmal, sondern eine bewohnte Siedlung, wäre der Abstand laut WPD genehmigungsfähig.
Dem Laien erschließt sich die Einzigartigkeit des Ensembles zumindest nicht auf den ersten Blick. Das Gebäude befindet sich in einem katastrophalen Zustand, der Park gleicht einem Wald. Von Aktivitäten, das Gebäude oder den Park zu retten, ist nichts bekannt.
„Der Schutz eines verwilderten und verfallenen Gartendenkmals wiegt mehr als das konkrete Gelingen der Energiewende“, kritisiert Westphal. Setze sich der Bewertungsmaßstab der Denkmalschutzbehörde durch, würden künftig noch viele andere Projekte vor erheblichen Genehmigungshindernissen stehen, befürchtet Westphal.
Zu der Frage, ob sich in den Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen die Einwände von Denkmalschutzbehörden mehrten, teilt das Landesamt für Umwelt mit, man äußere sich „nicht einordnend zu den Ablehnungsgründen, die aus den Stellungnahmen anderer Behörden herrühren“. Man führe auch keine Statistik darüber, welche Gründe zu einer Ablehnung eines Antrags führten. Allerdings könne man die Tendenz zur Ablehnung durch Denkmalschutzbehörden „zumindest regional bestätigen“.
Das sehen auch Fachleute so. „Die strittigen Fälle nehmen zu. Dabei unterscheidet sich die Verwaltungspraxis von Bundesland zu Bundesland sehr stark. Das macht die Sache zusätzlich schwierig“, sagte Philip Lüth, Gutachter für Archäologie und Denkmalschutz. Der Denkmalschutz werde erst seit einigen Jahren in den Genehmigungsprozess für Windräder einbezogen, es fehle noch an Erfahrung im Umgang mit dem Thema.
Die Branche betrachtet das mit Sorge. „Statt mit größter Akribie immer wieder nach neuen Hürden zu suchen, gilt es, die bestehenden Blockaden abzubauen“, sagte Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbandes Windenergie (BWE). „Die uns umgebende Landschaft ist eine Kulturlandschaft. Sie verändert sich. Ein starres Konservieren des bestehenden Zustandes ist kein sinnvoller Weg“, meinte Axthelm.
Neue Hürden kann die Branche nicht gebrauchen. Schon seit Jahren kommt der Ausbau der Windkraft nicht wie geplant voran. Das könnte die Klimaschutzziele gefährden.
Die Politik befasst sich seit Langem mit der Frage, wie sich Hemmnisse für den Ausbau aus dem Weg räumen lassen. Seit Monaten verhandeln beispielsweise die Umweltminister der Länder darüber, wie sich artenschutzrechtliche Prüfungen vereinheitlichen lassen. Derzeit sind die Projektierer damit konfrontiert, dass von Land zu Land unterschiedlich entschieden wird.
Für ein weiteres Problem, das die Aktivitäten der Branche seit Jahren bremst, zeichnet sich gerade eine Lösung ab: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier kündigte kürzlich an, die Bundesregierung werde die Deutsche Flugsicherung finanziell dabei unterstützen, von Drehfunkfeuern auf satellitengestützte Verfahren umzustellen.
Flughafen
Windkraftanlagen wird auch vorgehalten, die Überwachung des Flugverkehrs zu stören.
Bild: action press
Drehfunkfeuer sind Navigationsanlagen für den Luftverkehr, die durch Windenergieanlagen gestört werden können. Um diese Beeinträchtigungen zu vermeiden, werden Windenergieanlagen im Umfeld von Drehfunkfeuern häufig nicht zugelassen.
Die Flugsicherung soll nun die Luftfahrtnavigation weitgehend auf satellitengestützte Verfahren umstellen. Die nicht mehr benötigten Drehfunkfeuer am Boden könnten dann zurückgebaut werden, das soll weitere Flächen für den Windenergieausbau schaffen.
Nach Angaben Altmaiers werden dadurch zusätzliche Flächen für die Errichtung von Windenergieanlagen mit einer Leistung von rund 700 Megawatt frei. Zum Vergleich: 2020 kamen nach Branchenangaben in Deutschland Windenergieanlagen an Land mit einer Leistung von insgesamt 1431 Megawatt hinzu.
Ziel ist es, möglichst rasch Flächen für die Windkraft zu mobilisieren. Insgesamt sollen zwei Prozent der Fläche Deutschlands für die Windkraft genutzt werden. Der Wert beträgt derzeit etwa ein Prozent.
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