Viele Unternehmen werben mit dem Slogan „klimaneutral“. Die Wettbewerbszentrale sieht in einigen Fällen Greenwashing und hat Unternehmen abgemahnt.
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Viele Unternehmen bezeichnen sich als „klimaneutral“ – zu Unrecht, wie die Wettbewerbszentrale feststellte.
Bild: AFP
Düsseldorf Die Wettbewerbszentrale hat in mehreren Fällen die Werbeaussage „klimaneutral“ als irreführend und intransparent eingestuft und die damit werbenden Unternehmen abgemahnt. Zudem hat der Verein, der sich als Selbstkontrollinstitution der Wirtschaft versteht und in dem rund 800 Verbände und rund 1200 Unternehmen Mitglied sind, in vier Fällen Unterlassungsklage eingereicht: Es geht hierbei um Werbeslogans wie „erster klimaneutraler Lebensmitteleinzelhändler“, „wir handeln klimaneutral“ und auch Plastik-Müllbeutel, die als „klimaneutral“ beworben werden. Das teilte die Wettbewerbszentrale am Mittwoch mit.
Für die Wettbewerbshüter sind dies alles Fälle von sogenanntem Greenwashing: Durch Aussagen wie „100 Prozent klimaneutrale Produktion“ oder „klimaneutrales Produkt“ wird nach Auffassung der Wettbewerbszentrale der Eindruck erweckt, dass die Klimaneutralität durch emissionsvermeidende Maßnahmen vollständig erreicht wird.
Doch in den beanstandeten Fällen stelle die beworbene Klimaneutralität „lediglich ein rechnerisches Ergebnis dar, das durch den Kauf von CO2-Ausgleichszertifikaten erreicht wird“, heißt es. Mit solchen Zertifikaten werden Maßnahmen in Entwicklungs- und Schwellenländern, meist ohne Zusammenhang zum werbenden Unternehmen oder den Produkten, unterstützt. Dazu gehören zum Beispiel Baumpflanzaktionen in Uruguay, saubere Kochöfen in Ghana oder der Paranuss-Anbau in Peru.
Nachhaltigkeit ist einer der großen Wachstumstreiber für Unternehmen. Entsprechend häufig nutzen sie Bezeichnungen wie „Klimaneutralität“ in ihrer Werbung, um vor allem jüngere Konsumenten anzusprechen.
Die Wettbewerbszentrale fordert klare Transparenzregeln: „Auch wenn die Kompensation der Restemissionen bis zur vollständigen Umstellung der Prozesse zur Vermeidung von Emissionen zu begrüßen ist, muss darauf klar hingewiesen werden“, sagte Tudor Vlah, Werbeexperte bei der Wettbewerbszentrale. Bei den beanstandeten Werbemaßnahmen sei offengeblieben, wie hoch der Anteil der klimaschützenden Maßnahmen ist, die das jeweilige Unternehmen und dessen Produkte direkt betreffen.
Viele Unternehmen finanzieren inzwischen solche Klimaprojekte, um die eigene Klimabilanz zu verbessern. Allerdings gibt es am Markt eine große Bandbreite von CO2-Zertifikaten – mit unterschiedlichem Wirkungsgrad und Preisen. CO2-Zertifikate für Umweltschutzprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern sind beispielsweise deutlich günstiger als Zertifikate für Projekte in der EU und in Deutschland.
Manche der Kompensationsprojekte seien so billig, dass die Unternehmen sich gar nicht erst die Mühe machen, in Vermeidung und Verringerung von Emissionen zu investieren und ihre Produkte zu verbessern, monierte Matthias Finkbeiner, geschäftsführender Direktor des Instituts für Technischen Umweltschutz an der TU Berlin jüngst in der „Lebensmittelzeitung“. Die Unternehmen zahlten „ein paar Cent pro Produkt und kleben ein Klimaneutral-Label auf die Verpackung“.
Denn eines ist sicher: Weitaus teurer als der Kauf von Klimakompensationszertifikaten ist die vollständige klimafreundliche Umstellung der eigenen Prozesse. Kritiker bezeichnen die Klimakompensation denn auch geringschätzig als Ablasshandel.
Auch Konzernchefs wie Henkel-CEO Carsten Knobel äußern sich kritisch. Bis 2040 will der Klebstoff- und Konsumgüterkonzern klimapositiv sein, also mehr Treibhausgase ausgleichen, als er verursacht. „Das wollen wir aber nicht über Zertifikate erreichen“, sagte Knobel im Mai im Handelsblatt-Interview. „Wir wollen vielmehr direkte und indirekte Einsparungen erreichen. Durch weniger Energieeinsatz, durch den Einsatz von Grünstrom und klimaneutralen Brennstoffen. Und dadurch, dass wir Dritte mit CO2-neutraler Energie versorgen.“
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