Der nachwachsende Rohstoff Holz eignet sich optimal für umweltschonendes Bauen. Auch Gewerbeimmobilien profitieren von den Eigenschaften des Materials.
Holzhybridbauweise
Beim Bau der Konzernzentrale der Bayerischen Versorgungskammer spielt Holz eine große Rolle.
(Foto: Rendeffect GmbH)
Düsseldorf, München Mit dem Briten David Chipperfield erhielt im März 2023 ein Architekt den Pritzker-Preis, dessen Bauwerke klimafreundlich gestaltet sind. Der von den Eigentümern der Hyatt-Hotelkette gestiftete Preis gilt als „Nobelpreis“ der Architektur.
„Ich nehme diese Auszeichnung als Ermutigung für den Beitrag, den wir als Architekten zur Bewältigung der existenziellen Herausforderungen des Klimawandels leisten können“, sagte der Londoner Stararchitekt.
Bei Chipperfields jüngsten Entwürfen nimmt Holz eine Schlüsselstellung ein. Für die neue Konzernzentrale der Bayerischen Versorgungskammer (BVK) entwarfen David Chipperfield Architects ein Ensemble aus drei Baukörpern in Holzhybridbauweise.
Zum Bau der bis zu 100 Meter hohen Gebäude mit einer Fläche von 75.000 Quadratmetern werden vor allem vorgefertigte Bauelemente aus Brettschichtholz verwendet. Die Holzhybridbauweise kombiniert Holz häufig mit Beton, der aus Gründen des Brandschutzes, der Statik und für das Fundament eingesetzt wird.
Holz gilt aus mehreren Gründen als nachhaltig. Der Baustoff wächst natürlich nach und speichert das klimaschädliche Kohlenstoffdioxid (CO2), selbst nachdem es gefällt wurde. Holz ist zudem umweltfreundlicher zu entsorgen als Stahl oder Beton. Bestenfalls lässt es sich im Sinne einer Kreislaufwirtschaft sortenrein trennen und weiterverwenden.
Allerdings gilt das Argument, einen nachwachsenden Rohstoff einzusetzen, nicht als Allheilmittel. Voraussetzung ist nach Angaben der Koalition für Holzbau, die Wälder nachhaltig zu bewirtschaften. Die nachfolgenden Generationen müssen also mindestens genauso viel Holzertrag entnehmen können wie die heutige und die nachwachsenden Bäume der Atmosphäre weiter CO2 entziehen.
>>Lesen Sie hier: Wie Gebäude CO2 speichern
In der Koalition für Holzbau haben sich Wissenschaftler, Planer, Architekten und Projektenwickler zusammengeschlossen, um das nachhaltige Bauen mit Holz voranzubringen. Während das Material im Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern vor allem in den südlichen Bundesländern traditionell häufiger zum Einsatz kommt, ist der Anteil gewerblicher Gebäude, die zu einem Großteil aus Holz errichtet werden, vergleichsweise gering.
Bürogebäude i8
Das verbaute Holz ist im Münchener Bürogebäude i8 an vielen Stellen sichtbar. Es soll zum angenehmen Raumgefühl beitragen.
(Foto: R&S Immobilienmanagement GmbH)
In einem Positionspapier stellte die Koalition für Holzbau bereits Anfang 2022 fest, dass aktuell zahlreiche Hürden den Wohnungs- und Gewerbebau mit Holz „zum Nischendasein verdammen und nur wenige Leuchtturmprojekte gerade einmal die Hochglanz-Zeitschriften füllen“.
Es fehlten baugesetzliche Rahmenbedingungen, es gebe zu wenig Fördermittel, der Brandschutz werde zum Hindernis erklärt „und es fehlt den kommunalen Entscheidungsträgern schlichtweg am Fachwissen“.
Die Bundesregierung will das ändern und hat deshalb Ende 2022 einen ersten Entwurf der Holzbaustrategie vorgelegt, den Bau- und Landwirtschaftsministerium federführend erarbeitet haben. Unter anderem ist dort festgehalten, dass der Bund künftig bei eigenen Projekten mehr mit Holz bauen will. Auch Forschung, Modellprojekte und Ausbildung sollen nach Angaben der Koalition für Holzbau in diesem Bereich stärker gefördert werden.
Allerdings ist auch die Branche nicht flächendeckend auf das Bauen mit Holz eingestellt. So sind es wenige Bauunternehmen, die ein Gebäude in der Größenordnung der Konzernzentrale der BVK oder des Edge Südkreuz in Berlin, mit 32.000 Quadratmetern größtes fertiggestelltes Holzhybridgebäude in Deutschland, in dieser Bauweise errichten können.
Strabag Real Estate (SRE), das die BVK-Zentrale errichtet, ist eines von ihnen. Auch für die SRE ist Chipperfields Holzhybridentwurf außergewöhnlich. „Es war ein eindeutiges Votum für einen grandiosen Entwurf“, betont Thomas Spiegels, Bereichsleiter Development Services bei SRE.
>>Lesen Sie hier: Gastkommentar: Für Klimaneutralität müssen wir mit Holz statt mit Zement und Stahl bauen
Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von Nachhaltigkeitskriterien bei Kapitalanlagen ist vor allem bei Banken und in der Finanzbranche die Nachfrage nach nachhaltig erstellten „Green Buildings“ groß. So waren laut dem Gewerbemakler JLL die bis Mitte 2022 von der Finanzbranche angemieteten Bürogebäude zu 45 Prozent als Green Buildings zertifiziert.
Den relativ größten Anteil an zertifizierten Büroflächen weist die Bankenmetropole Frankfurt am Main mit 25 Prozent aus. Gemessen an der absoluten Fläche liegt München mit den meisten zertifizierten Büroflächen im Deutschlandvergleich vorn.
So werden auch die rund 750 Mitarbeiter der Universal Investment demnächst 10.000 Quadratmeter Bürofläche des Bürohauses Timber Pioneer im Frankfurter Europaviertel beziehen. „Das Timber Pioneer erfüllt als Holzhybridgebäude höchste Nachhaltigkeitskriterien und passt perfekt zu unserer klaren Nachhaltigkeitsstrategie“, sagt Universal-Investment-CEO Michael Reinhard. Nach Angaben des Projektentwicklers UBM ist es das erste Holzhybridgebäude über der Hochhausgrenze in der Bankenmetropole.
Im achtgeschossigen Timber Pioneer mit 14.000 Quadratmetern Bürofläche werden mit dem verbauten Holz rund 1800 Tonnen Kohlenstoffdioxid gebunden. Das eingesetzte Fichtenholz wurde nach dem internationalen Zertifizierungssystem „Forest Stewardship Council“ überprüft. Die vorgefertigten Verbundelemente haben zudem die Bauarbeiten erheblich verkürzt.
In Rekordzeit entstand eines der nachhaltigsten Hochschulgebäude Deutschlands. Für den Erweiterungsbau der Universität Witten/Herdecke fertigte Züblin Timber, Spezialist für Holzingenieurbau aus dem bayerischen Aichach, rund 10.000 Holzbauteile. Dabei entstand ein mehrgeschossiges Ensemble mit Bibliothek, Veranstaltungsraum, Café sowie Büro- und Seminarräumen.
„Es gibt keinen Werkstoff, der nachhaltiger als Holz wäre. Auch die modulare Bauweise hilft uns auf dem Weg zur nachhaltigen Universität, denn sie ermöglicht vielfältige Nutzungsmöglichkeiten für die kommenden Jahre“, sagt Jan Peter Nonnenkamp, Kanzler der Universität Witten/Herdecke.
Holz hat einen weiteren großen Vorteil: „Die Luftqualität ist viel besser und Holzkonstruktionen riechen frisch und gesund. Das trägt stark zu dem warmen Gefühl bei, das Holz vermittelt“, erläutert Katharina Erfurt von C.F. Møller Architects. Das dänische Architekturbüro hat für R&S Immobilienmanagement das Bürogebäude i8 im Münchener Werksviertel entworfen.
Das Kalkül scheint aufzugehen. Obwohl das Gebäude erst 2024 fertiggestellt sein soll, hat die European Bank for Financial Services GmbH bereits Ende 2022 ein Drittel des Neubaus angemietet, um es als Hauptsitz zu nutzen.
Auch Chipperfield Architects plant ein neues Projekt. Für die Signa Holding entsteht auf dem Berliner Karstadt-Areal einer der größten Kaufhauskomplexe Deutschlands, ein gemischt nutzbarer Bau – die Büros in den Obergeschossen entstehen als Holzhybridkonstruktion.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×