Mit „Urban Mining“ sollen Rohstoffe mitten in Großstädten gewonnen werden. Beispielsweise aus Elektroschrott und Mülldeponien. Doch wie nachhaltig ist das Konzept? Ein Überblick.
Schrott für die einen, ein Lager für die anderen: Beim Urban Mining werden Rohstoffe aufbereitet
Urban Mining könnte zum wichtigen Bestandteil einer Kreislaufwirtschaft werden
Bild: Muntaka Chasant/Shutterstock
Mehr als 200 Millionen Alt-Handys lagerten 2022 in deutschen Schubladen. Das errechnete der Digitalverband Bitkom. Sie sind Teil einer Rohstoffquelle mit Zukunft, nämlich menschengemachten Rohstoffvorkommen: der sogenannten urbanen Mine. Aus Handys werden mitunter Kupfer, Gold oder Nickel gewonnen und auch aus Autos, Gebäuden oder Waschmaschinen lassen sich Schätze schürfen. Ein Überblick.
Übersetzt bedeutet Urban Mining „Bergbau in der Stadt“. Beim Urban Mining werden Rohstoffe dort gesichert und geborgen, wo Menschen leben. In Städten und dicht besiedelten Räumen landen Rohstoffe nämlich vor allem im Müll. Aus langlebigen Gütern – das können Konsumgüter wie Elektrogeräte oder Autos sein, aber auch Infrastrukturen, Gebäude und Ablagerungen auf Deponien – sollen beim Urban Mining Sekundärgüter gewonnen werden.
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Sind langlebige Güter nämlich alt oder defekt, werden Teile von ihnen weggeschmissen. Statt neue Rohstoffe aus der Natur zu beziehen, will das Urban Mining Rohstoffe in Städten finden und so Städte zu Rohstoffminen machen. Fachleute sprechen auch vom anthropogenen Lager, dem vom Menschen erschaffenen Bestand an Materialien. Beim Urban Mining geht es insbesondere um die Gewinnung nicht erneuerbarer Rohstoffe wie Sand, Metalle, Lehm, Kies oder Edelsteine.
Eine Sonderdisziplin ist das Landfill Mining: Hier werden Wertstoffe aus Altdeponien gewonnen.
Die städtische Rohstoffmine Deutschland ist groß und wächst weiter: Schon 2017 errechneten Experten einen Bestand von 342 Tonnen Material pro Kopf. Das Umweltbundesamt geht zudem von einem Wachstum in den vergangenen Jahren aus.
Das anthropogene Lager in Deutschland besteht dabei aus:
Die Größe der urbanen Minen in Deutschland hat 2010 ungefähr der Summe aller Rohstoffe entsprochen, die weltweit im Jahr 2000 abgebaut wurde.
Das Umweltbundesamt unterscheidet zwischen fünf langlebigen Gütergruppen: Gebäuden, leitungsgebundenen Infrastrukturen, Haustechnik und langlebigen Kapital- und Konsumgütern. Bei der Unterteilung der Rohstoffmine oder des anthropogenen Lagers unterscheidet man etwas genauer:
Der Verbrauch natürlicher Ressourcen hat sich in den letzten 40 Jahren verdreifacht, Rohstoffe werden knapper. In Hinblick auf einen zunehmenden internationalen Wettbewerb um Rohstoffe kann die Nutzung von Sekundärrohstoffen – also solchen, die beim Urban Mining gewonnen werden - dazu beitragen, natürliche Ressourcen zu schonen. So könnte Urban Mining einen Beitrag leisten, um Leben und Überleben zu sichern, weil es die Vorteile der Sekundärrohstoffnutzung bündelt.
Urban Mining schont nicht nur Ressourcen durch die gezielte Lenkung von Stoffströmen. Es kann auch dabei helfen, Nutzungskonkurrenzen zu entschärfen. Da Rohstoffe nicht nur begrenzt, sondern auch ungleich verteilt sind, ist Deutschland auf Importe angewiesen, etwa bei vielen Erzen und Metallen. Durch die Nutzung von Sekundärrohstoffen und Rohstofflagern hierzulande werden weniger Primärrohstoffe aus dem Ausland benötigt. Das reduziert zum einen die Importabhängigkeit von anderen Ländern, zum anderen erleichtert es anderen Ländern den Zugang zu Rohstoffen.
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Außerdem ergeben sich durch den Einsatz und die Aufbereitung von Sekundärrohstoffen wirtschaftliche Vorteile – etwa durch Kosteneinsparungen im Materialbereich oder die Erhöhung der inländischen Wertschöpfung. „Die Recyclingwirtschaft ist ein potenzialträchtiger Innovationsmotor und Arbeitsmarkt“, hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) herausgefunden.
Der EU Green Deal benennt zudem die Kreislaufwirtschaft als einen Weg, mit der die Treibhausgasemissionen in der EU reduziert werden können. Urban Mining kann als Bestandteil einer Kreislaufwirtschaft betrachtet werden, weil es zusätzliche Rohstoffquellen aufzeigt.
Will eine Wirtschaft ihre Rohstoffversorgung künftig sichern, muss sie mit den verfügbaren Ressourcen schonend umgehen. Eine Möglichkeit dazu ist das Denken in Kreisläufen: Hier wird der Lebenszyklus einer Ressource – von der Bereitstellung über ihre Nutzung bis zur wiedergewinnenden Nachsorge betrachtet. Urban Mining kann in diesem Zusammenhang als Bestandteil einer Kreislaufwirtschaft betrachtet werden: Es zeigt zusätzliche Rohstoffquellen auf.
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Das Materiallager der Menschheit bietet Potenzial, die bereits abgebauten Rohstoffe weiterzuverwenden. So bleiben sie im Kreislauf erhalten Rohstoffpotenziale von unter anderem wie Metallen existieren in diversen, nicht mehr genutzten Endgeräten. Sie können wiederverwendet werden, um die Übernutzung natürlicher Ressourcen zu reduzieren. „Urban Mining kann hier die Rolle spielen, diese Geräte als „last loop“ zu erfassen und als Sekundärrohstoffe in den Kreislauf zurückzubringen“, so das IW.
Primärrohstoffe sind unbearbeitete Rohstoffe, die aus beispielsweise gefällten Bäumen gewonnen wurden. Aus ihnen werden dann Frischholzfasern für die Papierherstellung gewonnen. Aufgrund begrenzter natürlicher Vorkommen wird diskutiert, wie der Verbrauch von Primärrohstoffen gesenkt werden kann. Eine Möglichkeit: Die Substitution durch Sekundärrohstoffe.
Sekundärrohstoffe werden durch Recycling gewonnen, so etwa Holzfasern aus Altpapier. Verschiedene Rohstoffe können dabei unterschiedlich oft als Sekundärrohstoffe aufbereitet werden.
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