Das Start-up will im 3D-Druckverfahren Implantate aus echten Zellen produzieren – erst Brustgewebe, später auch Organe wie Leber, Niere und Bauchspeicheldrüse.
Siegerteam
Das Siegerteam Joachim von Arnim und Alexander Leutner von Cellbricks mit Fabian Billing (l.), Ina Karabasz, Sebastian Matthes und Niko Mohr.
Berlin Spenderorgane sind selten. Viele Patienten warten Jahre darauf. Geht es nach dem Start-up Cellbricks, könnte sich das aber bald ändern: Das Team entwickelt einen 3D-Drucker für menschliches Gewebe.
Alexander Leutner, Co-Chef von Cellbricks, sagte in seinem Zwei-Minuten-Pitch beim deutschen Digitalpreis „The Spark“, den das Handelsblatt und die Unternehmensberatung McKinsey verleihen: „Nach dem Erfolg von Biontech bieten wir eine neue Therapie-Revolution.“
Damit betritt das Team um Leutner einen Milliardenmarkt. 2021 lag das Marktvolumen für Bioprinting bei 1,7 Milliarden US-Dollar. Bis 2030 soll es auf über fünf Milliarden US-Dollar ansteigen, prognostiziert das US-Marktforschungsinstitut Grand View Research.
Das Start-up will im 3D-Druckverfahren Implantate aus echten Zellen produzieren. Erst Brustgewebe, später auch Organe wie Leber, Niere und Bauchspeicheldrüse. Mit dieser Vision hat das Team um Leutner den ersten Platz von „The Spark“ belegt.
Die Jury nannte das Verfahren bei der Preisverleihung in Berlin am Donnerstagabend in Berlin einen „Quantensprung in der Medizin“.
Die Relevanz der Methode beschrieb Leutner am Beispiel Brustkrebs: Jede achte Frau in Deutschland erkranke im Laufe ihres Lebens daran – das sind 2,3 Millionen im Jahr. Neben Chemo- und Strahlentherapie wird in vielen Fällen der Tumor per Operation entfernt.
In einigen Fällen entnehmen die Ärzte die gesamte Brust. Um sie zu rekonstruieren, werden meist Implantate aus Silikon eingesetzt. Das ist riskant, denn die Fremdkörper werden mitunter vom Körper eingekapselt und müssen außerdem im Laufe des Lebens ausgetauscht werden.
Cellbricks will das Verfahren in vier Jahren so weit entwickelt haben, dass biologische Brustimplantate in den menschlichen Körper eingesetzt werden können. Anschließend will sich das Team auf Organe wie die Leber fokussieren. Das Verfahren klingt revolutionär und zukunftsweisend. Allerdings wirft es noch Fragen und Zweifel auf. „Woher weiß das Gewebe, dass es eine Leber ist und sich wie eine solche verhalten soll?“, fragt Niko Mohr, Partner bei McKinsey, der gemeinsam mit Handelsblatt-Ressortleiterin Ina Karabasz den Abend moderiert.
Der Schlüssel des Verfahrens liege darin, die richtige Umgebung für die Zellen zu schaffen, sagt Joachim von Arnim von Cellbricks. Um eine Leberzelle zu drucken, verwende man Leberzellen. Für den Druck einer Bauspeicheldrüse Zellen desselben Organs. „Natürlich klingt es ein bisschen wie Science-Fiction, aber auch über die Gensequenzierung hat man gesagt, dass es sehr lange dauern wird, bis sie finanzierbar ist“, sagt er.
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Zur Einordnung: 2017 lag das weltweite Marktvolumen der DNA-Sequenzierung bei 6,2 Milliarden US-Dollar. Bis 2025 soll es laut einer Studie des globalen Marktforschungsunternehmens Allied Market Research auf über 25 Milliarden US-Dollar anwachsen.
Den Beweis, dass die Reproduktion von Zellen mittels Druckverfahren funktioniert, hat das Team in ersten Forschungsprojekten erbracht. Gemeinsam mit Wissenschaftlern des Berlin Institute of Health in der Charité hat Cellbricks zum Beispiel einen biologischen Wundverschluss gedruckt.
Aus Gelatine und Hautzellen stellt der Drucker ein Pflaster her, das auch großflächige Wunden verschließt. Es könnte unter anderem Astronauten bei langen Weltraumfahrten helfen, Wunden vor Ort zu versorgen. Spätestens 2027 wollen Leutner und sein Team den 3D-Druck in den USA auf den Markt bringen.
Cellbricks produziert derzeit auch absichtlich krankes Gewebe, um so Therapien weiterzuentwickeln. Das Institut für Pathologie der Berliner Charité etwa fördert die Produktion patientenspezifischer Tumormodelle, mit deren Hilfe bessere Chemotherapien entstehen sollen, sagt Leutner.
Das Verfahren lasse sich leicht skalieren, sodass künftig auch weitere Organe rekonstruiert werden könnten, urteilte die Jury.
Die Idee entwickelte der Gründer Lutz Kloke während seiner Doktorarbeit. Statt sich auf die Promotion zu konzentrieren, habe er sich immer intensiver mit 3D-Druckern befasst, sagt von Arnim. Die Doktorarbeit sei „im positiven Sinne aus dem Ruder gelaufen“, sagt er. „Dafür sind wir sehr dankbar.“
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