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25.05.2022

07:52

Texas

Amokläufer tötet mindestens 19 Kinder an US-Grundschule – Biden: „Wann stehen wir gegen die Waffenlobby auf?“

US-Präsident Biden und Vizepräsidentin Harris reagieren mit Bestürzung auf die Ereignisse in Texas. Der Amoklauf heizt die Debatte um härtere Waffengesetze in den USA neu an.

Ein offenbar 18-Jähriger eröffnete in der Grundschule das Feuer. Bloomberg

Grundschule

Ein offenbar 18-Jähriger eröffnete in der Grundschule das Feuer.

Uvalde, Washington Bei einem Amoklauf an einer Grundschule im US-Bundesstaat Texas sind 19 Kinder und mindestens zwei Erwachsene getötet worden. Das teilte der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, am Dienstag nach dem Angriff in der kleinen Stadt Uvalde nahe San Antonio mit. Der Angreifer sei nach ersten Erkenntnissen ein 18 Jahre alter junger Mann, der von Beamten getötet worden sei.

Details zu den genauen Hintergründen lagen zunächst nicht vor. Die Ermittler gehen aber von einem Einzeltäter aus. Zwei Polizisten sind nach Abbotts Angaben bei dem Schusswechsel leicht verletzt worden.

Erick Estrada von Ministerium für öffentliche Sicherheit in Texas äußerte sich im Gespräch mit dem Sender CNN zu den Zahlen. Der Verdächtige habe zunächst auf seine Großmutter geschossen, sagte Estrada. Der Vorfall habe sich in der Wohnung der Großmutter ereignet – diese wurde in ein Krankenhaus gebracht. Über ihren Zustand war zunächst nichts bekannt.

Schließlich sei der Schütze mit einem Auto zur Schule gefahren und habe dort einen Unfall gebaut, sagte Estrada. Er habe dann das Auto verlassen und sei mit einer Schutzweste bekleidet, einem Rucksack und einem Gewehr in die Schule eingedrungen.

Dort habe er das Feuer eröffnet. Der 18-Jährige sei schließlich vom Sicherheitspersonal der Schule gestellt worden. Estrada betonte allerdings, dass die Ermittlungen noch liefen und diese Informationen noch vorläufig seien.

Amoklauf

18-Jähriger erschießt Grundschulkinder in Texas

Amoklauf: 18-Jähriger erschießt Grundschulkinder in Texas

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Biden fordert schärfere Waffengesetze

US-Präsident Joe Biden reagierte erschüttert auf den Amoklauf. In einem kurzen Live-Statement am Abend im Weißen Haus forderte er schärfere Waffengesetze in seinem Land. Als er Präsident wurde, hatte er gehofft, nicht – wieder einmal – eine solche Rede halten zu müssen. Ein Kind zu verlieren sei, wie ein Stück seiner Seele zu verlieren, sagte Biden, der selbst zwei seiner vier Kinder verloren hat.

Als Nation müsse sich die USA fragen, wann sie gegen die Waffenlobby aufstehen wollte. dpa

US-Präsident Joe Biden

Als Nation müsse sich die USA fragen, wann sie gegen die Waffenlobby aufstehen wollte.

Als Nation müsse sich die USA fragen, wann sie gegen die Waffenlobby aufstehen wollte. „Wann werden wir das tun, von dem wir wissen, das es das richtige ist?“. Bei seiner Reise nach Asien, von der er am Abend zurückkehrte sei deutlich geworden, dass andere Länder solche Ereignisse nicht mit der selben Häufigkeit wie die USA erlebten.

„Wo ist unser Rückgrat?“, fragte der US-Präsident mit Hinblick auf die politische Debatte um härtere Waffengesetze. Auch Bidens Frau, die First Lady Jill Biden, äußerte sich am Abend auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: „Gott, genug“, schreibt sie. Sie sei wütend und ihr Herz gebrochen, heißt es in dem Tweet weiter.

US-Vizepräsidentin Kamala Harris hatte zuvor ebenfalls neue politische Maßnahmen gefordert. „Genug ist genug“, sagte Harris am Dienstagabend (Ortszeit) in Washington. „Als Nation müssen wir den Mut haben, zu handeln.“

Es müssten Maßnahmen ergriffen werden, die sicherstellen, dass derartige Verbrechen nicht mehr geschehen, sagte Harris – ohne konkret zu werden. „Unsere Herzen werden immer wieder gebrochen.“

Der frühere US-Präsident Barack Obama (60) hat den Angehörigen sein Beileid ausgesprochen und Wut über die Waffenlobby geäußert. „Michelle und ich trauern mit den Familien in Uvalde“, schrieb Obama am Dienstagabend (Ortszeit) auf Twitter. „Sie erleben einen Schmerz, den niemand ertragen sollte.“ Er und seine Frau seien auch wütend, fügte der US-Demokrat hinzu und kritisierte in diesem Zusammenhang die oppositionellen US-Republikaner.

Nach Amoklauf

Harte Debatte um schärfere Waffengesetze in den USA

Nach Amoklauf: Harte Debatte um schärfere Waffengesetze in den USA

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„Unser Land ist gelähmt, nicht durch Angst, sondern durch eine Waffenlobby und eine politische Partei, die keine Bereitschaft gezeigt haben, in irgendeiner Weise zu handeln, um diese Tragödien zu verhindern“, erklärte Obama.

Es sei längst an der Zeit zu handeln, schrieb der Ex-US-Präsident. Dass Familien noch auf konkrete Maßnahmen warten müssten, sei eine weitere Tragödie. Michelle Obama (58) teilte den Post auf ihrem eigenen Twitter-Profil.

Amoklauf in Buffalo erst vor gut einer Woche

Amokläufe, auch an Schulen, kommen in den USA in trauriger Regelmäßigkeit vor. Besondere Erschütterung hatte ein Massaker an einer Grundschule vor zehn Jahren ausgelöst: Im Dezember 2012 hatte ein 20-Jähriger mit schweren psychischen Problemen in Newtown im Bundesstaat Connecticut zunächst seine Mutter erschossen.

Dann war er in seine Grundschule, die Sandy Hook Elementary School, gegangen und hatte dort 20 Schulkinder und sechs Lehrer getötet. Anschließend brachte er sich selbst um. Die Tat löste damals landesweit einen Schock aus und sorgte auch über die Grenzen der USA hinaus Entsetzen aus.

Sandy Hook gilt als eines der Schlüsselereignisse der amerikanischen Debatte um härtere Waffengesetze. Auch Biden verwies in seiner Ansprache auf Sandy Hook – er war damals der Vize des Ex-US-Präsidenten Barack Obama. Biden erklärte, seit diesem Ereignis seien an mehr als 900 weiteren Schulen Menschen durch Waffengewalt ums Leben gekommen.

Erst vor gut einer Woche hatte ein Schütze mit einem Sturmgewehr in Buffalo im US-Bundesstaat New York in einem Supermarkt das Feuer eröffnet, zehn Menschen erschossen und drei weitere verletzt. Er wurde noch am Tatort festgenommen. Den Ermittlern zufolge war die Tat rassistisch motiviert – 11 der 13 Opfer waren schwarz. Buffalo hat eine mehrheitlich schwarze Bevölkerung.

Auf dem Weißen Haus wurde die US-Flagge auf Halbmast gesetzt. AP

Washington

Auf dem Weißen Haus wurde die US-Flagge auf Halbmast gesetzt.

US-Senator Chris Murphy hat entsetzt auf das Massaker reagiert und bewegende Worte an seine Senatskollegen gerichtet. „Was machen wir?“, fragte der Demokrat am Dienstagnachmittag (Ortszeit) im US-Kongress. „Warum verbringen Sie so viel Zeit damit, für den Senat der Vereinigten Staaten zu kandidieren? Warum machen Sie sich die Mühe, diesen Job zu bekommen (...), wenn Ihre Antwort lautet, dass wir nichts tun, während diese Metzelei zunimmt und unsere Kinder um ihr Leben rennen“, fragte er sichtlich um Fassung ringend. „Warum sind wir hier?“

„Arbeiten Sie mit uns zusammen, um einen Weg zu finden, Gesetze zu verabschieden, die dies weniger wahrscheinlich machen“, forderte der Demokrat weiter. „Ich weiß, dass meine republikanischen Kollegen nicht mit allem einverstanden sein werden, was ich befürworte, aber wir können einen gemeinsamen Nenner finden.“ Für eine Verschärfung der Waffengesetze ist der Kongress zuständig, das US-Parlament. Viele Republikaner lehnen einen solchen Schritt ab. Die Waffenlobby ist in den USA sehr mächtig.

Mehr als 120 Tote durch Schusswaffen pro Tag

Im vergangenen Jahr zählte die US-Bundespolizei FBI 61 Amokläufe mit Schusswaffen in den Vereinigten Staaten. Das seien mehr als 50 Prozent mehr als im Jahr zuvor, teilte das FBI am Montagabend (Ortszeit) in Washington mit. Seit 2017 habe sich die Zahl verdoppelt. 2021 seien bei Amokläufen 103 Menschen getötet und 140 verletzt worden.

Auch das sei ein Anstieg um knapp 50 Prozent gegenüber 2020. 60 der 61 Schützen waren den Angaben zufolge Männer. Das FBI nutzt für die Zählung eine strenge Definition: Es geht ausschließlich um Fälle, in denen ein Täter in der Öffentlichkeit auf Menschen schießt, um sie zu töten. Nicht beachtet werden klassische Kriminalfälle mit Waffengewalt oder etwa Schießereien unter Bandenmitgliedern.

Das Ausmaß an Waffengewalt insgesamt ist in den USA ungleich größer. Es kommt regelmäßig zu tödlichen Vorfällen mit Schusswaffen, die dort leicht zu kaufen sind. Die Gesundheitsbehörde CDC verzeichnete in ihrer jüngsten Statistik aus dem Jahr 2020 insgesamt 45.222 Schusswaffentote in den USA – mehr als 120 Tote pro Tag.

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