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09.09.2019

14:35

Aktionsbündnis „Sand im Getriebe“

Aktivistin Velo bezeichnet Autoindustrie vor Treffen mit VW-Chef Diess als „hochgradig kriminell“

Von: Jens Koenen

Am Montagabend spricht die Vertreterin des Aktionsbündnisses „Sand im Getriebe“ mit Diess. Sie will verhindern, dass sich VW ein falsches grünes Image gibt.

Die Aktivistin tritt unter einem Pseudonym auf. dpa

Tina Velo

Die Aktivistin tritt unter einem Pseudonym auf.

Frankfurt Es wird ungemütlich für die Autoindustrie und ihre Leistungsschau IAA. Das Bündnis „Aussteigen“ und die beiden Partner Attac und „Sand im Getriebe“ wollen die Messe am kommenden Wochenende mit zahlreichen Aktionen behindern. Vor allem Sonntag dürfte es zu schweren Störungen kommen.

„Wir werden mit unseren Körpern die Zugänge blockieren“, kündigte Tina Velo, die Sprecherin von „Sand im Getriebe“, am Vormittag in Frankfurt an. Sie erwarte mehrere Hundert Teilnehmer, genug um die Zugänge dichtzumachen. „Besucher, die den großen Wunsch haben, sich die Autos anzuschauen, sollten vielleicht einen anderen Tag auswählen“, empfahl die Aktivistin.

Es ist das erste Mal, dass Klimaschützer eine Autoshow derart massiv angreifen, und es ist deshalb für den IAA-Veranstalter – den Automobilverband VDA – und die Autobranche eine ganz neue Situation. Entsprechend groß ist die Nervösität. Beim VDA und der Messe Frankfurt, die das Gelände stellt, verweist man auf ein angepasstes Sicherheitskonzept, das man mit den Behörden und der Polizei abgestimmt habe.

Doch längst geht es um weitaus mehr als nur die IAA. Die Sorge wächst, dass der Individualverkehr insgesamt in Frage gestellt wird, getrieben durch die Aktivisten und die aktuelle Klimadebatte. Genau das streben die beiden Bündnisse an. Die Forderungen reichen von der autofreien Stadt bis hin zur Teilentmachtung der Autoindustrie.

Dass die beiden Gruppierungen am Montag getrennt über ihre Pläne informierten, hat einen Grund. „Aussteigen“ steht für eher moderatere Proteste, „Sand im Getriebe“ und Attac setzen bewusst auf zivilen Ungehorsam. „Wir wollen eine radikale Verkehrswende von unten, mit deutlich weniger Autos. Dazu sind wir auch bereit, die Grenze des legalen Protests zu übertreten“, machte Velo deutlich.

Ohne diesen hätten auch die Frauenbewegung, die Anti-Atomkraft-Bewegung oder die Proteste am Hambacher Forst keinen Erfolg gehabt, ist Velo überzeugt, deren Name ein Pseudonym ist, auch zum Schutz vor tätlichen Angriffen, wie sie erklärt.

Doch auch wenn die Mittel der Proteste in beiden Gruppen unterschiedlich sind, gibt es „eine große Solidarität zwischen uns“, wie Achim Heier von Attac betonte. Als Attac sei man davon überzeugt, dass es notwendig sei, die IAA zu blockieren, um die notwendige Aufmerksamkeit zu bekommen. „Nur durch störenden Protest kann das erreicht werden kann, was man mit regelkonformen Protest nicht erreichen kann.“

Klar sei aber: Es werde keine Gewalt gegen Menschen und Gegenstände geben, auch nicht gegen Autos. „Das ist nicht unsere Aktionsform“, so Velo. Regelkonformer, aber deshalb nicht weniger wirksam dürfte am Samstag die geplante Sternfahrt sein. Aus allen Ecken rund um Frankfurt starten Radfahrer zu einer Großkundgebung in Frankfurt. „Angemeldet haben sich 10.000 Teilnehmer.

Wie viele kommen werden, hängt aber auch vom Wetter ab“, sagt Uwe Hiksch von der Organisation Naturfreunde. Und die werden nicht nur auf Radwegen unterwegs sein. Die Wege nach Frankfurt führen auch über Bundesstraßen und die beiden Autobahnen A661 und A648 bei Frankfurt.
Unabhängig davon, wie der Protest gestaltet wird, teilen alle Gruppierungen zwei Dinge: den Frust und die Wut auf die Autoindustrie und der völlige Vertrauensverlust in die Politik. „Im Verkehrssektor ist viel zu wenig passiert, nämlich gar nichts“, klagt Velo. „Wir haben eine hochgradig kriminelle Autoindustrie und völlig unfähige Verkehrsminister, ein mafiös gestricktes Konglomerat.“

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