PremiumKonzernchef Zipse setzt neben Strom auch auf Wasserstoff als Energieträger. Jetzt hat der Autohersteller Testfahrzeuge präsentiert. Die Konkurrenz ist skeptisch.
BMW-Chef
Oliver Zipse: „Wir prüfen ein richtiges Serienangebot, je früher desto besser“
Bild: BMW
München Der BMW-Konzern sieht gute Chancen für die Einführung der Brennstoffzelle. „Wir prüfen ein richtiges Serienangebot, je früher desto besser“, sagte Konzernchef Oliver Zipse am Mittwoch in München. Mit Wasserstoff betankte Autos seien neben Batterieantrieben „das letzte Puzzlestück“ auf dem Weg zu einer nachhaltigen Mobilität.
Den Auftakt machen erst einmal 100 Testfahrzeuge des Modells X5, die Zipse gemeinsam mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder vorstellte. Konzernkreisen zufolge plant man aber wesentlich weiter. Mit Einführung der „Neuen Klasse“ könnte BMW ab 2026/27 Autos mit Brennstoffzellen in hohen Stückzahlen auf den Markt bringen.
Seit Jahren forscht die Industrie an der Brennstoffzelle, in der Wasserstoff mit Sauerstoff reagiert und Energie erzeugt. Die meisten Hersteller sehen als Nachfolger des Verbrennungsmotors aber nicht die Brennstoffzelle, sondern die Batterie. Für BMW-Entwicklungsvorstand Frank Weber ist das kein Widerspruch: „Beide Antriebe werden in Zukunft koexistieren“, sagt er.
Weber setzt auf den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur für den Fernverkehr, MAN, Daimler Trucks und Volvo haben Lastwagen mit Brennstoffzellenantrieb angekündigt, weil sich für ganz schwere Laster und lange Strecken eine Batterie nicht rechnet. „Über den Schwerlastverkehr kommt der Wasserstoff in die Mobilität“, sagt Weber. „Und wenn die Infrastruktur entsteht, wollen wir ganz vorne dabei sein.“
Weber würde entlang der Autobahnen alle 100 Kilometer eine Station reichen, in Städten könne man mit vier bis fünf Stationen leben. Da man wesentlich weniger Tankstellen für Wasserstoff als Ladestationen für Strom brauche, sei die Brennstoffzelle ideal, um die letzten „zwanzig bis dreißig Prozent“ der Energiewende im Verkehr zu schaffen.
Produktion von Brennstoffzellensystemen für BMW
Die Münchener stellen zunächst 100 Testfahrzeuge mit Brennstoffzellen her – planen aber deutlich größer.
Bild: dpa
Auch technisch sieht BMW die Hürden fallen. Die neue Generation von Brennstoffzellen sei doppelt so leistungsfähig wie ihre Vorgänger. Anders als beim Laden mit Strom sei ein Brennstoffzellenauto in drei Minuten vollgetankt. Im Winter habe man das System in Nordschweden getestet. Anders als bei Autos mit Batterie gebe es keinen Leistungsverlust, „die Brennstoffzelle funktioniert auch bei minus 30 Grad“, verspricht Weber.
Wasserstoff-Tankstelle in Berlin
Wie schwierig das Unterfangen Brennstoffzelle ist, zeigt die Vergangenheit.
Bild: imago images/Jochen Eckel
Und anders als bei der Batterie brauche man für die Herstellung der Brennstoffzelle auch kaum Lithium, Kobalt oder andere kritische Rohstoffe. Lediglich teures Platin werde gebraucht – das liege aber in den Katalysatoren der alten Verbrenner reichlich auf dem Schrottplatz.
„Es gibt bei BMW eine gewisse Skepsis gegenüber einem reinen Elektrokurs“, sagt Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management. „Der Vorstand will sich deshalb eine Alternative zum Batterieantrieb offenhalten.“
Aber als relativ kleiner Autohersteller werde es schwierig, die Brennstoffzelle im Markt zu etablieren, mahnt Bratzel. Das gelte für die Kosten des Antriebs an sich, aber auch für die Verfügbarkeit eines flächendeckenden Tanknetzes. „Deshalb ist die Brennstoffzelle eine gewagte Wette auf die Zukunft, vor allem dann, wenn kein Massenhersteller wie Toyota oder Volkswagen mitzieht“, sagt Bratzel.
Wie schwierig das Unterfangen Brennstoffzelle ist, zeigt die Vergangenheit. Um die Jahrtausendwende waren es vor allem die Daimler-Manager, die vom Masseneinsatz der „kalten Verbrennung“ schwärmten.
2003 brachte Mercedes sogar eine Kleinserie mit der A-Klasse auf den Markt, doch es blieb bis heute bei Kleinserien und Testflotten. Aktuell arbeitet Mercedes nur noch an einem Vorserienmodell des Geländewagens GLC, denn zurzeit liege der Fokus „zunächst auf dem Roll-out von batterieelektrischen Fahrzeugen“.
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Vor allem VW-Manager sind gegenüber der Brennstoffzelle skeptisch. Audi-Chef Markus Duesmann – bis 2018 selbst im BMW-Vorstand – sieht aktuell kein „wesentliches Einsatzgebiet“ für die Technik im Auto. Vor allem die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff sieht er auf absehbare Zeit nicht gegeben.
„An Wasserstoff für den Einsatz im Auto glaube ich daher nicht“, sagt Duesmann, der die Technik im gesamten VW-Konzern verantwortet. Dennoch betreibt Audi die Entwicklung weiter.
Toyota Mirai
Das Auto hat bislang nicht den Durchbruch geschafft.
Bild: imago images/CTK Photo
Ernsthaft versuchten bislang nur Hyundai, Honda und Toyota, die Brennstoffzelle in den Markt zu bekommen. Toyota präsentierte Ende 2014 mit dem Mirai das erste Großserienfahrzeug der Welt auf dem Markt. Doch auch dieses Auto schaffte den Durchbruch nicht.
Die mittlerweile zweite Auflage des „Mirai“ wurde im vergangenen Jahr gerade einmal 6000 Mal verkauft. Wie bei den Konkurrenten in Europa, China und den USA hat die Batterie mittlerweile Vorfahrt.
Erstpublikation: 31.08.2022, 16:05 Uhr.
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