PremiumHohe Rohstoff- und Logistikkosten belasten Conti. Auf der Hauptversammlung verteidigt Konzernchef Setzer vor den Aktionären seine Strategie für das Kerngeschäft.
Nikolai Setzer
Der Continental-Chef versucht weiterhin das Kerngeschäft zurück zur Profitabilität zu führen.
Bild: dpa
Düsseldorf Der Befreiungsschlag bleibt aus. Continental-Chef Nikolai Setzer wird auch im Geschäftsjahr 2022 das Kerngeschäft des Autozulieferers höchstwahrscheinlich nicht in die Gewinnzone überführen können. Die für Autokomponenten, Sensorik und Software zuständige Sparte ist Contis und Setzers Sorgenkind. Der Erfolg des Konzerns und des Managers werden an der Autosparte gemessen.
Auf der Hauptversammlung versucht Setzer Zuversicht auszustrahlen. „Wir haben eine klare Strategie. Wir haben die richtige Struktur“, sagt der Konzernchef. Doch Aktionäre stellen kritische Fragen. „Warum kommt Continental nicht in Schwung?“, fragt etwa die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).
Vergangene Woche musste der Zulieferer wegen höherer Logistik- und Rohstoffkosten infolge des Ukrainekriegs und der harten Corona-Lockdowns in China seinen Ausblick kassieren. „Allgemein sind die Lieferketten und die Rohstoffmärkte sehr angespannt“, sagte Setzer. Allein in diesem Jahr werde der Mehraufwand bei rund 3,5 Milliarden Euro liegen.
Einen Teil der Kosten versucht Conti an die Autobauer weiterzugeben. „Wir verhandeln aktuell mit unseren Kunden, um angesichts der aktuellen Inflation Preisanpassungen vorzunehmen“, erklärte Setzer. Zur Versorgung mit Gas, das auch aus Russland bezogen wird, sagte er: „Grundsätzlich stellt Erdgas im Energiemix von Continental in Deutschland einen bedeutenden Anteil dar.“
Der 51-Jährige ist seit 2020 Chef des nach Bosch und ZF drittgrößten deutschen Autozulieferers. Nach dem krankheitsbedingten Rückzug seines Vorgängers Elmar Degenhart rückte Setzer früher als gedacht in die Konzernspitze. Degenhart hat Setzer ein schweres Erbe hinterlassen.
Der Konzernumbau ist nur zur Hälfte umgesetzt, laufende Dieselermittlungen wurden dem langjährigen Finanzchef Wolfgang Schäfer zum Verhängnis, und in der Autosparte wurden jahrelang keine Synergien gehoben. Gleichzeitig musste der Conti-Chef die Folgen der Coronapandemie und die Chipkrise managen.
Seit Jahresanfang ist Setzer als Konzernchef auch für die Autosparte allein verantwortlich. Das Kerngeschäft hatten zuvor die beiden langjährigen Conti-Manager Helmut Matschi und Frank Jourdan geführt.
Die Belastung und die Aufgabe für Setzer könnten kaum größer sein. Die Finanzmärkte und Arbeitnehmervertreter nehmen das zur Kenntnis, verlangen jedoch Fortschritte. Investoren sehen großes Potenzial in einzelnen Unternehmenssparten, das sich aus ihrer Sicht erst dann entfalten könne, wenn es vom Gesamtkonzern herausgelöst werde. Dazu zählt etwa die Sparte für das automatisierte Fahren. Das Handelsblatt hatte über die Abspaltungsspekulationen berichtet.
Laut Setzer sei die Automotive-Sparte „noch klarer am Markt ausgerichtet“. Abspaltungsplänen des Geschäfts für das automatisierte Fahren erteilt er auf der Hauptversammlung eine Absage. Allerdings seien „Anpassungen des Portfolios möglich“.
Die Zeit läuft gegen ihn. Denn bei Arbeitnehmern der Reifenseite wächst die Ungeduld. Aus Sicht der Reifenmitarbeiter trage das Gummigeschäft große finanzielle Lasten der Transformation des Kerngeschäfts. „Die Reifensparte finanziert nun seit Jahren zu einem erheblichen Teil die Restrukturierung des Automotive-Geschäfts“, sagte zuletzt ein Konzernkenner dem Handelsblatt.
Setzer versucht derweil seine Erfolgsformel im Kerngeschäft umzusetzen. Der Conti-Chef war jahrelang Chef der Reifensparte, die er erfolgreich restrukturiert hat. Der jetzige Erfolg des Reifengeschäfts geht auf Setzer und sein Team zurück.
Dieses Team hat Setzer nun auch in der Autosparte um sich herum versammelt. In seiner Reifenzeit sei es eine „eingeschworene Mannschaft“ gewesen. Wenn diese Mannschaft in zwei Jahren keine nennenswerten Ergebnisse liefere, riskiere Setzer seinen Ruf, hieß es aus Aufsichtsratskreisen.
Trotz der Rückschläge ist Setzer von der Strategie im Kerngeschäft überzeugt. Der Fokus liege auf der Rückkehr zur Profitabilität. „Und wir werden die Ziele bei Automotive erreichen“, sagte Setzer auf der Hauptversammlung. Der Conti-Chef sieht weniger operative Defizite. Vielmehr würden die Kapitalmärkte aus seiner Sicht Conti angesichts der technologischen Fähigkeiten nicht adäquat bewerten.
Maria-Elisabeth Schaeffler-Thumann wird diesen Prozess allerdings nicht mehr als Aufsichtsratsmitglied begleiten. Die 80-Jährige zieht sich aus dem Gremium zurück. Aufsichtsratsvorsitzender Wolfgang Reitzle würdigte die Bedeutung von Thumann-Schaeffler. „Frau Schaeffler war ein menschlicher Glücksfall. Mit ihrem Ausscheiden geht eine Ära für Continental zu Ende“, sagt Reitzle.
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