Carsten Maschmeyer steigt als Juror in die „Höhle der Löwen“. Im Interview spricht er über Parallelen zwischen Wirtschaft und Entertainment, Vor- und Nachteile deutscher Start-ups und seinen Ruf als bösen Kapitalisten.
Carsten Maschmeyer
Für mehr Show im deutschen Wirtschaftsleben.
Bild: VOX / Benno Kraehahn
Am 23. August startet die neue Staffel der Vox-Show „Die Höhle der Löwen“. Ihre Grundidee: Junge Start-up-Unternehmer versuchen, fünf Juroren wie die Homeshopping-Königin Judith Williams oder den Eventmanager Jochen Schweizer davon zu überzeugen, bei ihnen einzusteigen. Diesmal war das Interesse an der Show schon im Vorfeld enorm, was vor allem mit einem der neuen Jurymitglieder zu tun hatte: Carsten Maschmeyer. Der frühere Chef des Finanzvertriebs AWD, Bestsellerautor und Investor wurde einst als „Drückerkönig“ beschimpft und hat Höhen und Tiefen erlebt. Aber irgendwie zieht ihn die Öffentlichkeit, die so gern über ihn herfällt, immer wieder an.
Herr Maschmeyer, „Die Höhle der Löwen“ ist eine Art Geschäftsideen-Casting. Was bringt das, außer einer wahrscheinlich guten Quote?
Ich sehe es nicht als Castingshow, sondern als Realityformat. Die jungen Gründer haben die Gelegenheit, an Investoren zu kommen – und die Investoren an günstige Einstiegsmöglichkeiten. Eigentlich ist die Sendung eine echte Fortbildungsveranstaltung. Nicht nur für Zuschauer, die selbst gründen wollen. Man lernt da generell, wie man sich im Berufsleben gut präsentiert. Daraus lässt sich viel ableiten, zum Beispiel für Gehaltsverhandlungen oder Bewerbungsgespräche.
Ist Wirtschaft also Entertainment?
Auch Verpackung ist wichtig. Aber was der Zuschauer ab nächster Woche bei Vox sieht, ist natürlich fernsehgerecht gekürzt. Die Präsentationen der Unternehmensgründer und der Frageteil waren beim Dreh ein Vielfaches länger, als man es in der Ausstrahlung dann sehen wird. Man kann dem Zuschauer ja nicht zigmal die Standardfrage der Investoren zumuten: Haben Sie in der Firma noch Fremddarlehen?
Das heißt, Investitionsentscheidungen sind eigentlich viel komplexer? In der Show wirkt es oft, als ob fünf, sechs knackige Fragen reichen, um ein Geschäftsmodell beurteilen zu können.
Dieses Interview werden Sie ja am Ende auch in gestraffter Form veröffentlichen. Da treffen Sie sicher – völlig zu Recht – ähnliche Abwägungen zwischen Komplexität, Spannung und Länge.
Die „Löwen“ der dritten Staffel
Carsten Maschmeyer, Homeshopping-Unternehmerin Judith Williams, Ralf Dümmel, Chef der Handelsgesellschaft HS, Tech-Investor Frank Thelen und Eventmanager Jochen Schweizer. (v.l.)
Bild: VOX / Stephan Gregorowius
Warum sind Sie selbst eigentlich als neuer Juror in die „Höhle der Löwen“ geklettert?
Da spielte ein Mix von Faktoren eine Rolle. Vielleicht habe ich ein Coaching-Gen. Schon als junger Langstreckenläufer habe ich früher jüngeren Läufern gerne Tipps gegeben. Außerdem finde ich, dass man nicht immer nur über fehlende Gründerkultur in Deutschland meckern darf. Man muss auch etwas dagegen tun. Und schließlich hoffe ich ganz persönlich, dass ich über die Show früher an Investitionsmöglichkeiten gelange. Auch an solche, die ich sonst nicht gesehen hätte. Wir Juroren steigen ja mit unserem eigenen Geld bei den Start-ups ein. Das ist also kein Spiel mehr.
Mal ehrlich: Sie könnten zurückgezogen Ihre Millionen genießen. Dennoch drängt es Sie immer wieder in die Öffentlichkeit. Ist das auch ein Kampf gegen Ihr altes Image?
Ich habe mich schon vor neun Jahren aus dem Finanzgewerbe verabschiedet, werde aber immer noch damit identifiziert. Dieser Vergangenheit stelle ich mich auch. Das Image der gesamten Finanzbranche ist in der Zwischenzeit leider sehr viel schlechter geworden. Und wahrscheinlich bin ich aufgrund meiner Bekanntheit noch für manche das Gesicht des bösen Kapitalisten. Aber Kapital ist ja genau das, was die Gründer brauchen. Außerdem kann ich ein sehr gutes Netzwerk einbringen und weiß, wie man neue Dienstleistungen verkauft. Zwei weitere Eigenschaften, die in Deutschland nicht allzu positiv gesehen werden, für junge Gründer aber die entscheidenden Erfolgsfaktoren sein werden.
Auch wenn Sie mehr Zeit mit den einzelnen Gründerteams verbracht haben, als am Ende in der Sendung zu sehen ist: Die Wirkung eines neues Krebsmedikaments könnten auch Sie in der kurzen Zeit nicht zuverlässig einschätzen. Eignet sich „Die Höhle der Löwen“ überhaupt für komplexe Geschäftsmodelle?
Der Zeitdruck macht ja auch den Reiz des Formats aus und dass ich dort allein auf mich gestellt bin. Normalerweise treffen wir die Investitionsentscheidungen nach ausführlicher Diskussion im Team.
Trotzdem investieren Sie.
Durchaus, denn so wie Immobilienexperten immer mahnen, dass „Lage, Lage, Lage“ wichtig ist, habe ich drei Prioritäten: „Gründer, Gründer, Gründer“. Wenn das Gründerteam auf mich einen guten Eindruck macht, wenn die sich gut ergänzen, dann ist das für mich als Erfolgsvoraussetzung fast wichtiger als die eigentliche Geschäftsidee. Ich bin eher ein Bauchmensch und investiere gern in Unternehmer, nicht in Unternehmen.
Haben Sie bei dieser Strategie nicht die Sorge, dass Sie sich von guten Selbstdarstellern blenden lassen? Sie kennen doch die einschlägigen Tricks …
Die Sorge ist da, klar. Aber alle Deals, die während der Sendung per Handschlag getroffen werden, sind vorbehaltlich einer positiv durchgeführten Due Diligence. Wer übertreibt, fällt später bei der genauen Überprüfung der Zahlen durch. Außerdem bin ich in der Tat nicht naiv. In meinem eigenen Leben habe ich Tausende Bewerbungsgespräche geführt, unzählige Gründer getroffen und kenne von daher die meisten Tricks. Ich habe gelernt zu erkennen, ob ein Team wirklich harmoniert, ob es lernbereit ist. Oder ob nur eine gut einstudierte Show abgespult wird.
Die Sendungen wurden im Frühjahr aufgezeichnet. Gab es schon den Fall, dass Sie ein damals zugesagtes Investment zurückgezogen haben?
In einem Fall habe ich unseren Deal tatsächlich platzen lassen. Die dargestellten Fakten stimmten einfach nicht.
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