Der Beschuldigte soll verschiedene Finanzinstitute zu illegalen Geschäften beraten haben. Erst vor wenigen Monaten hatte KPMG Law den Anwalt verpflichtet.
Skyline von Frankfurt
Erst spät erkannte die Gesellschaft KPMG Law offenbar, dass einer ihrer Partner nicht mehr haltbar ist.
Bild: Reuters
Köln Nach nicht einmal sechs Monaten ist es wieder vorbei: Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft und ein erst zum 1. September 2022 verpflichteter Partner gehen getrennte Wege. „Es tut uns leid, die Seite wurde nicht gefunden“, heißt es auf der KPMG-Website, auf der sich der Jurist bis vor wenigen Tagen präsentierte.
Die Trennung soll in Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Anwalt stehen. Anfang Januar durchsuchten Ermittler Büros bei KPMG Law in Frankfurt und die Privatwohnung des Beschuldigten. Offensichtlich erkannte die zur Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG gehörende Kanzlei nun, dass der Mann nicht mehr haltbar ist.
In einer Pressemitteilung pries KPMG Law im August vergangenen Jahres den Neuzugang von der Großkanzlei Norton Rose Fulbright noch als „Verstärkung“. Er berate internationale Investmentbanken, Asset-Manager und Kapitalverwaltungsgesellschaften sowie Versicherer und andere institutionelle Anleger. KPMG Law übertrug dem Rechtsanwalt, Steuerberater und Diplom-Kaufmann direkt eine Führungsaufgabe.
Von der Vergangenheit des Juristen als Cum-Ex-Berater war in der Pressemitteilung kein Wort zu lesen. Dabei hatte der Anwalt viele Mandanten zu diesen illegalen Geschäften beraten. Der lateinische Begriff Cum-Ex steht für Aktienkreisgeschäfte rund um den Dividenden-Ausschüttungstermin. Damit ließen sich Akteure Kapitalertragsteuern vom Staat erstatten, obwohl sie diese gar nie bezahlt hatten. Inzwischen haben höchste Gerichte wie der Bundesfinanzhof und der Bundesgerichtshof diese Praxis als illegal und strafbar gebrandmarkt.
Beobachter wundern sich, dass KPMG Law den Juristen überhaupt anheuerte. „Peinlich“, kommentierte ein Insider. Man frage sich, wie intensiv sich die Firma potenzielle Quereinsteiger anschaue. Im Markt sei lange bekannt gewesen, dass der Anwalt zu den wichtigsten Ratgebern in Sachen Cum-Ex gehört habe. KPMG machte keine Angaben zu der Trennung. Ein Sprecher sagte: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns dazu nicht äußern.“
Ein Investmentbanker nannte den Verdächtigen in einer Reihe mit Hanno Berger und einem Freshfields-Partner. Das Landgericht Bonn hat Berger kürzlich zu acht Jahren Haft verurteilt. Einige Ex-Freshfields-Partner sind heute beschuldigt, zwei von ihnen müssen sich in Kürze vor dem Landgericht Frankfurt verantworten. Einer von ihnen ist Ulf Johannemann, den Freshfields noch 2016 zum weltweiten Steuerchef beförderte.
Auch bei KPMG ist das Thema Cum-Ex nicht neu. Im September 2022 durchsuchten 60 Staatsanwälte, Steuerfahnder und Polizeibeamte die Zentrale im „The Squaire“ am Frankfurter Flughafen. KPMG soll verschiedene Banken und Finanzdienstleister in Cum-Ex-Angelegenheiten betreut und insbesondere gefällige Gutachten verfasst haben.
Podcast Handelsblatt Crime: Freshfields-Topanwalt auf der Anklagebank
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