Für ihre Steuersünden aus der Vergangenheit zahlt die Hypo-Vereinsbank ein Millionen-Bußgeld. Trotzdem ermittelt die Staatsanwaltschaft weiter – wegen sogenannter Cum-Ex-Geschäfte. Es droht Streit mit Ex-Vorständen.
HVB-Zentrale in München
Cum-Ex-Deals brachten zunächst hohe Gewinne, doch nun muss die Bank büßen.
Bild: IMAGO
Düsseldorf, München Es war eine Gewinnmaschine und niemand bei der Hypo-Vereinsbank (HVB) wollte sie stoppen. Zahlreiche Warnungen blieben folgenlos. Es geschah ja zur Freude des Vorstands, dass die Händler in London und die Vermögensverwalter in München Jahr für Jahr hohe Profite ablieferten.
Ihr Erfolgsrezept waren Cum-Ex-Transaktionen. Das Prinzip: Durch den schnellen Handel von Wertpapieren mit (cum) und ohne (ex) Dividende gelang es ihnen, sich für eine nur einmal gezahlte Ausschüttung doppelt oder sogar mehrfach Kapitalertragsteuer erstatten zu lassen. Eine vom Aufsichtsrat der Bank in Auftrag gegebene Untersuchung offenbarte, wie viel Kapitalertragsteuer die HVB so abkassieren konnte: 2005 waren es 29 Millionen Euro, ein Jahr später 54 Millionen, 2007 bereits 70 Millionen und 2008 schließlich 144 Millionen Euro.
Große Teile des Geldes musste die Bank und ihre Kundschaft inzwischen zurückzahlen, jetzt büßt sie ein weiteres Mal für ihre Gewinnmasche in früheren Jahren: Eine Einigung mit der Staatsanwaltschaft Köln steht kurz bevor. Mit der Sache befasste Personen aus dem Umfeld der HVB bestätigten, dass die Staatsanwaltschaft ein Bußgeld von etwa zehn Millionen Euro verhängen will. Weder die Bank noch die Staatsanwaltschaft Köln wollten offiziell etwas zu dem Fall sagen. Zuerst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ über den Vorgang berichtet.
Offenbar wird der Bußgeldbescheid in Kürze erlassen. Er stützt sich auf Paragraf 30 des Ordnungswidrigkeitengesetzes. Danach können Staatsanwälte eine Firma belangen, ohne dass zuvor gegen einzelne Personen ermittelt wurde.
Die HVB hat damit eine weitere Baustelle beseitigt, die die Cum-Ex-Geschäfte zulasten des Fiskus angeht. Ausgestanden ist die Sache allerdings nach dem Deal noch nicht.
Denn der vom Aufsichtsrat in Auftrag gegebene Untersuchungsbericht der Kanzlei Skadden Arps Slate Meagher & Flom hatte offenbart, dass die ehemaligen Vorstände Rolf Friedhofen (Finanzen), Andreas Wölfer (Vermögensverwaltung) und Ronald Seilheimer (Investmentbanking) womöglich für die Cum-Ex-Geschäfte mitverantwortlich waren.
Nach Informationen des Handelsblatts sollten sich die Ex-Manager zwar ursprünglich bis Ende 2014 zu den Untersuchungsergebnissen äußern, doch das Prozedere ziehe sich. Die früheren Vorstände hätten Einsichtnahme in weitere Unterlagen verlangt. Vor Ende des Jahres sei deshalb nicht zu erwarten, dass dieses Problem gelöst werde. Auch die Frage, ob die Vermögensschadenhaftpflicht (D&O) einspringt, dürfte eine wichtige Rolle spielen.
Infografik: Ermittlungsverfahren wegen Cum-Ex-Geschäften
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Ob aktuelle Manager der HVB zu den Beschuldigten in den seit Jahren laufenden Ermittlungen gehören, ist nicht bekannt. Aus dem Skadden-Bericht geht lediglich hervor, dass der heutige Vorstandschef Theodor Weimer und der einstige Finanzchef Peter Hofbauer im Jahr 2010 fragwürdige Körperschaftsteuererklärungen mit unterschrieben haben. Womöglich sind sie trotzdem nicht ins Visier der Ermittler geraten – anders als der Deutsch-Banker Jürgen Fitschen, der im Umsatzsteuer-Ermittlungsverfahren wegen einer Unterschrift zu den Beschuldigten gehört.
Fakt ist: Auch nach der Einigung mit der Bank sind drei Staatsanwaltschaften weiterhin mit Cum-Ex-Geschäften beschäftigt. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt seit rund drei Jahren wegen hochvolumiger Aktientransaktionen des inzwischen verstorbenen Investors Rafael Roth.
Ende 2012 hatte es deshalb eine spektakuläre Razzia gegeben. Neben einigen ehemaligen Bankmitarbeitern gehört Roths Steueranwalt Hanno Berger zu den Beschuldigten. Berger streitet die Vorwürfe ab. Zudem ermitteln die Staatsanwaltschaften München und Köln. Vor allem in Frankfurt halten Beobachter eine Anklage für wahrscheinlich. Die HVB selbst muss nach dem Deal nicht mehr fürchten, noch einmal belangt zu werden.
Außerdem steht die HVB kurz davor, eine weitere steuerliche Altlast zu beseitigen. Dabei geht es um den Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Luxemburg. Auch hier bestätigten mit der Sache vertraute Personen Medienberichte, nach denen es auf rund zehn Millionen Euro Bußgeld hinausläuft. Mit den Luxemburg-Geschäften deutscher Banken sind federführend die Staatsanwaltschaft Köln und nordrhein-westfälische Steuerfahndung befasst. Einer der Hauptvorwürfe gegen die Banken ist, dass sie ihren Kunden jahrelang den Zugang zu Offshore-Briefkastenfirmen verschafft haben, mit denen diese ihr Geld vor dem Fiskus verstecken konnten. Vor allem Panama spielte dabei eine wichtige Rolle.
Bereits die Luxemburger Tochter der Commerzbank Cisal ist deshalb ins Visier der Ermittler geraten. Die HVB hat das offenbar zum Anlass genommen, die Sache intern aufzuklären – obwohl sie ihr Luxemburger Geschäft bereits im Jahr 2010 an die DZ Bank verkauft hat.
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