Erstmals muss ein Banker wegen Steuerhinterziehung ins Gefängnis. Der Mann war viele Jahre lang die rechte Hand von Christian Olearius.
Privatbank M.M. Warburg
Der Verurteilte galt als Vertrauter des langjährigen Warburg-Chefs Christian Olearius.
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Köln Jetzt ist es endgültig: In Deutschland muss zum ersten Mal ein Banker wegen seiner Beteiligung an Cum-Ex-Geschäften ins Gefängnis. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Revision des Mannes gegen das Urteil des Landgerichts Bonn zurückgewiesen. Die dortige 12. Große Strafkammer hatte S., den früheren Generalbevollmächtigten der Hamburger Privatbank M.M. Warburg, zu fünfeinhalb Jahren Haft und einer Einziehung des „Tatlohns“ in Höhe von 100.000 Euro verurteilt.
Damit verfestigt sich die Rechtsprechung zu den Aktiengeschäften weiter, die allein darauf abzielten, sich Kapitalertragsteuer erstatten zu lassen, die zuvor gar nicht abgeführt worden war. Der Begriff Cum-Ex bezeichnet den Handel von Wertpapieren rund um den Ausschüttungstermin mit (cum) und ohne (ex) Dividende.
Der Bundesgerichtshof hatte bereits ein erstes Strafurteil aus Bonn gegen zwei Londoner Aktienhändler abgesegnet. Zudem haben Bundesfinanzhof und Bundesverfassungsgericht jüngst im Sinne des Fiskus geurteilt. Cum-Ex-Geschäfte gelten damit als rechtswidrig und strafbar.
Die Entscheidungen sind wichtige Wegmarken bei der weiteren juristischen Aufarbeitung des Skandals. Banken, Investoren und Berater sollen einen mutmaßlichen Schaden von zwölf Milliarden Euro angerichtet haben. Die seit vielen Jahren laufenden Ermittlungen gestalten sich als schwierig, weil die Geschäfte komplex, grenzüberschreitend und oft auf Verschleierung ausgerichtet waren.
Obwohl die Straftaten zehn Jahre und länger zurückliegen, wurden erst drei Urteile gesprochen. Aktuell laufen an den Landgerichten Bonn, Wiesbaden und Frankfurt drei Strafverfahren. In Bonn steht derzeit Steueranwalt Hanno Berger vor Gericht. Ihn bezeichnen die Ankläger als „Spiritus Rector“ der Cum-Ex-Geschäfte.
In Bergers Verfahren geht es um die Geschäfte der M.M.-Warburg-Bank, zu denen der Anwalt beraten hat. Dabei tauschte sich Berger eng mit dem Generalbevollmächtigten S. aus, dessen Verurteilung des Bundesgerichtshofs nun bestätigt hat.
S. galt als Vertrauter des langjährigen Warburg-Chefs und -Gesellschafters Christian Olearius. Als dessen rechte Hand war der Generalbevollmächtigte regelmäßig anwesend, wenn Berger das Cum-Ex-Modell vorstellte und erklärte. Berger erhielt eine Gewinnbeteiligung, über die S. Bescheid wusste. Laut Gericht verstand S. das Geschäft sehr genau. Ihm sei klar gewesen, dass die Profite aus der Steuerkasse stammten.
Dieser Auffassung schloss sich der Bundesgerichtshof an. „Die Körperschaftsteuererklärungen, die falschen Angaben zu – tatsächlich nicht bestehenden – Erstattungsansprüchen der Bank enthielten, unterzeichnete der Angeklagte entweder selbst, oder er prüfte die vorbereiteten Entwürfe und gab sie trotz falscher Angaben zur Unterschrift frei“, erklärte der BGH. Gemeinsam mit weiteren Verantwortlichen habe der Angeklagte S. erreicht, dass das zuständige Finanzamt M.M. Warburg zu Unrecht insgesamt über 168 Millionen Euro zahlte.
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Alexandra Schmitz, die Verteidigerin von S., wollte sich auf Nachfrage nicht zu der BGH-Entscheidung äußern. Sie erklärte aber, dass man die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde prüfe.
Die Causa Warburg ist auch Gegenstand eines Untersuchungsausschusses der Hamburger Bürgerschaft. Der Ausschuss will klären, wie es dazu kam, dass die Hamburger Finanzverwaltung auf die Rückforderung der Steuern aus den Cum-Ex-Geschäften der Warburg-Bank verzichtete. Im Jahr 2016 drohte die Verjährung. Der frühere Erste Bürgermeister Hamburgs, Olaf Scholz (SPD), traf sich damals mehrfach mit Bankchef Olearius.
Scholz bestreitet eine Einflussnahme. Fakt ist, dass das Finanzamt damals auf das Geld verzichtete – obwohl zu dieser Zeit bereits die Staatsanwaltschaft ermittelte. Im Jahr 2017 musste die Hamburger Behörde schließlich vom Bundesfinanzministerium gezwungen werden, die Cum-Ex-Millionen von Warburg zurückzuholen.
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